Barroso zappelt
Barroso-Wiederwahl erst mit Lissabon-Vertrag?
Merkel und Sarkozy haben Barroso damit eigentliche eine Abfuhr erteilt. Der konservative Kommissionschef hatte am Mittwoch auf seine umgehende Wiederernennung gepocht: "Die Mitgliedstaaten haben auf dem EU-Gipfel im Dezember vereinbart, dass das Verfahren zur Einsetzung der neuen Kommission nach der Europawahl unverzüglich eingeleitet wird", sagte er in Brüssel. Demnach müsste die Nominierung des neuen Präsidenten schon auf dem kommenden EU-Gipfel erfolgen. Die Europäische Volkspartei, die bei der Europawahl wieder stärkste Kraft geworden ist, hat Barroso schon zu ihrem Kandidaten gemacht.
Frankreich und Deutschland unterstützten die Bewerbung Barrosos uneingeschränkt, sagte Sarkozy am Donnerstag nach einem Treffen mit Merkel in Paris. Wenn sich auch die 25 übrigen Staats- und Regierungschefs hinter ihn stellten, könnten der Rat der EU und das Europa-Parlament Barroso schon im Juli zum Kommissionschef wählen. Allerdings könnte bei einem positiven Ausgang der Volksbefragung in Irland der Reformvertrag von Lissabon in Kraft treten. "Dann wird es zu einer zweiten Entscheidung zur Nominierung des Kommissionspräsidenten kommen", erklärte Sarkozy. "Und diesmal auf der Basis des Lissabon-Vertrages."
Viele EU-Regierungen würden dies vorziehen, weil dann jedes Land einen eigenen Kommissar behalten könnte. Der aktuelle EU-Vertrag von Nizza sieht eine Verkleinerung der Kommission vor. Barroso sieht darin jedoch die Gefahr, die Kommission werde zu einem monatelangen Schwebezustand verdammt. Ein Warten auf die EU-Reform würde zudem gegen die Vorgaben des aktuellen Vertrags verstoßen. "Man kann Entscheidungen nicht auf Basis eines Vertrags fällen, der noch gar nicht angenommen wurde", sagte.
Es gehe nicht nur um eine Person, sondern auch um Inhalte, sagte Sarkozy. Barroso müsse sich auf "ein Programm, auf Grundsätze und auf Werte" festlegen. Das Mandat Barrosos läuft im November ab; um es zu verlängern, müssen alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union zustimmen.
Gerüchte um Schäuble als deutschen EU-Kommissar
Medienberichte, Merkel wolle den deutschen Innenminister Wolfgang Schäuble als Kommissar nach Brüssel schicken, bestätigte die Kanzlerin am Donnerstag nicht. Erst werde man sich auf das Ressort einigen, bevor es um Personalfragen gehe. Sarkozy fügte hinzu, er hege große Freundschaft für Schäuble, und Frankreich werde in jedem Fall die deutsche Wahl unterstützen. Er selbst lehnte sich in der Personalfrage schon weiter aus dem Fenster: Michel Barnier, der als Spitzenkandidat der konservativen Partei UMP die Europawahl gewonnen hat, stehe "ganz oben auf meiner Liste", sagte der französische Staatschef. Barnier war Anfang des Jahrtausends bereits EU-Kommissar für Regionalpolitik und institutionelle Reformen, in Sarkozys Kabinett ist er Landwirtschaftsminister. Hoffnungen auf den Posten hatte sich auch Wirtschafts- und Finanzministerin Christine Lagarde gemacht.
Molterer als Favorit für österreichischen EU-Kommissar
In Österreich beansprucht nach der EU-Wahl die ÖVP die Besetzung des Austro-Kommissars: Für Parteichef Josef Pröll steht es gar "außer Frage", dass seine Partei nach der geschlagenen EU-Wahl den nächsten österreichischen EU-Kommissar stellen wird. "Ja, wir stellen Anspruch auf den EU-Kommissar." Aber auch hier gebe es noch keine Festlegung: "Es gibt keine Vorentscheidung über Namen oder Personen", so Pröll. Als Favorit gilt übrigens Wilhelm Molterer.
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