Dopingskandal

Staatsanwaltschaft Turin klagt ÖSV an

Österreich
06.06.2009 18:06
Zehn aktuelle und ehemalige Vertreter des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV), darunter auch ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel (Bild), müssen sich in Italien wegen des Dopingskandals bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin vor Gericht verantworten. Nach Abschluss des gerichtlichen Vorverfahrens am Freitagabend in Susa hat die Turiner Staatsanwaltschaft Anklage gegen Schröcksnadel und Co. erhoben. Der Prozess soll noch im Herbst beginnen.

Biathlon-Direktor Markus Gandler, der auch zu den Angeklagten zählt, und ÖSV-Geschäftsführer und -Generalsekretär Klaus Leistner bestätigten das Vorgehen der italienischen Staatsanwaltschaft am Samstag. Neben Gandler und Schröcksnadel sind noch Ex-ÖSV-Coach Walter Mayer, der ehemalige Langlauf-Cheftrainer Emil Hoch sowie der Sportmediziner Peter Baumgartl angeklagt. Auf Athletenseite müssen sich die Ex-Biathleten Wolfgang Perner und Wolfgang Rottmann sowie die Langläufer Martin Tauber, Johannes Eder und Jürgen Pinter vor Gericht verantworten.   

Vorwurf: Begünstigung von Doping
Laut Anklageschrift wird Schröcksnadel dasselbe wie Gandler vorgeworfen, nämlich die Begünstigung von Doping. Man habe absichtlich Quartiere außerhalb des Olympischen Dorfes angemietet, um Regelverstöße zu begehen. "Nur mit der Auswahl und Anmietung dieser Quartiere hatte Schröcksnadel überhaupt nichts zu tun", bemerkte Leistner und wies ausdrücklich darauf hin, dass alle ÖSV-Quartiere in Turin vom Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) genehmigt worden seien.

Gandler: "Man will Präsident anpinkeln"
"Im Herbst gibt es ein Verfahren. Mein Anwalt hat mir am Freitagabend mitgeteilt, dass Anklage erhoben wird", erklärte Gandler, der sich vor allem Sorgen um Schröcksnadel macht. "Offensichtlich will man unseren Präsidenten anpinkeln. Und leider gibt es dafür eine Plattform, denn in Turin ist ja nicht alles astrein gewesen. Aber unser Präsident hatte daran keine Schuld."

Leistner sprach ebenfalls davon, dass es in erster Linie darum gehe, Schröcksnadel "anzupatzen", und bezeichnete die Anklage als "kühnes Unterfangen" sowie "Unsinn per se". "Sportrechtlich ist diese Sache ja bereits längst erledigt und sanktioniert", betonte der ÖSV-Geschäftsführer und verwies dabei auch auf die Ergebnisse der ÖSV-Untersuchungskommission zur Causa Turin, durch die bereits bewiesen worden sei, dass es kein systematisches Doping im ÖSV gegeben habe, und die Doping-Affäre rund um die Wiener Plasmapheresestation "Humanplasma" erst "aufgedeckt" wurde.

"Dass jetzt Präsident Schröcksnadel, der alles dafür getan hat, um zur Aufklärung der Causa beizutragen, angeklagt wird, ist absolut unsinnig. Das ist so, als würde man einen Generaldirektor einer Bank anklagen, weil ein Mitarbeiter in einer Filiale Geld unterschlagen hat. Die ganze Geschichte ist sehr dubios formuliert", meinte Leistner, der nun hofft, dass durch den Prozess selbst die Unsinnigkeit dieses Verfahrens entlarvt werden wird.

Schröcksnadel-Anwalt: "Skandal"
Schröcksnadel selbst war für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar. Sein Anwalt Manfred Ainedter bezeichnete die Anklage als "Skandal". "Das Ganze ist ein Schauprozess, der politisch motiviert sein dürfte. Es geht darum, den mächtigen Schröcksnadel zu schädigen. Rechtsstaatlich ist das ein Skandal", lautete der Kommentar des bekannten Juristen.

Lebenslange Sperren nach Affäre
Wegen der Doping-Razzia in ÖSV-Quartieren der Langläufer und Biathleten am Abend des 18. Februar 2006 in Pragelato und San Sicario waren im April 2007 die ÖOC-Sportler Rottmann, Perner, Tauber, Pinter, Eder und Diethart lebenslänglich für Olympia gesperrt worden, wobei die Sperre gegen Diethard nachträglich bis 2010 reduziert wurde.

Der Internationale Skiverband (FIS) verhängte gegen Tauber, Eder und Diethart jeweils zweijährige Sperren, Pinter wurde vom Internationalen Sportgerichtshof in Lausanne mit dem Höchstmaß von vier Jahren sanktioniert und Rottmann von der Internationalen Biathlon-Union (IBU) für zwei Jahre gesperrt. Allen genannten ÖSV-Athleten waren der Besitz einer verbotenen Methode (Verwendung von Bluttransfusionsgeräten) und die Komplizenschaft bei der Verletzung des Antidoping-Reglements vorgeworfen worden.

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