Neue Schätzungen

Brexit: Briten sollen EU 100 Mrd. Euro zahlen

Ausland
03.05.2017 08:05

Großbritannien könnte von der Europäischen Union bei den anstehenden Brexit-Verhandlungen eine finanzielle Forderung von über 100 Milliarden Euro blühen! EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Samstag noch von einer "vorsichtigen Schätzung" gesprochen, dass es um bis zu 60 Milliarden Euro gehe. Wie die "Financial Times" am Mittwoch berichtete, gehe die nun deutlich prognostizierte Summe von 100 Milliarden vor allem auf Forderungen Deutschlands und Frankreichs zurück. London erklärte bereits, diesen Betrag nicht zahlen zu wollen.

Laut der Zeitung hätten die EU-Verhandlungsführer in Reaktion auf Anfragen von mehreren EU-Mitgliedsländern ihre ursprünglichen Kalkulationen überarbeitet und dabei die maximalen Forderungen erstellt.

Merkel: "EU bleibt bei Schlussrechnung hart"
Bei den Zahlungen geht es um die große Schlussrechnung für Großbritannien zu Verpflichtungen nach über 40 Jahren EU-Mitgliedschaft. Dazu zählen unter anderem Haushaltsverpflichtungen, Zusagen gegenüber EU-Institutionen und Pensionskosten für Beamte. Die EU hatte ihre Linie für die Brexit-Verhandlungen mit London am vergangenen Samstag auf einem Gipfel festgelegt. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel machte dabei deutlich, dass die Union vor allem im Streit über die Schlussrechnung für Großbritannien "hart" bleiben will.

London: "Zahlen keine 100 Milliarden Euro"
Die britische Regierung lehnt es jedoch ab, nach dem Brexit weiter große Summen an die EU zu überweisen. Der britische Brexit-Minister David Davis sagte am Mittwoch, sein Land werde keine Rechnung über 100 Milliarden Euro für den Austritt zahlen. Über die genauen Kosten, die auf sein Land zukommen, müsse noch gesprochen werden, die britische Regierung habe noch keine Forderung erhalten.

Die Causa dürfte ein großer Streitpunkt in den Verhandlungen werden, die nach der britischen Parlamentswahl am 8. Juni beginnen sollen. May hatte Ende März offiziell den Austritt ihres Landes aus der EU beantragt und damit das zweijährige Scheidungsverfahren gestartet. Bis Ende März 2019 soll ein Austrittsabkommen unter Dach und Fach sein, das auch den Weg für die künftige Partnerschaft weist. Gelingt dies nicht, scheidet Großbritannien abrupt aus, alle Beziehungen wären vorerst ohne Anschlussregelung gekappt.

Juncker: May lebt "in einer anderen Galaxie"
May bekräftigte, dass sie keinen Vertrag unterzeichnen werde, der den Interessen ihres Landes schade. "Kein Abkommen ist besser als ein schlechtes Abkommen", sagte sie. Laut der "Sunday Times" hatte Juncker gegenüber Merkel beklagt, dass May "in einer anderen Galaxie" lebe und ein Scheitern der Verhandlungen derzeit wahrscheinlicher sei als ein erfolgreiches Brexit-Abkommen. Laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" warf Juncker May mangelnde Kompromissbereitschaft vor.

EU-Chefverhandler schließt Scheitern der Gespräche nicht aus
Der EU-Chefverhandler für die Brexit-Gespräche, Michel Barnier, warnte am Mittwoch Großbritannien vor Illusionen. "Großbritannien muss im Rahmen eines einzigen Finanzausgleichs alle Verpflichtungen erfüllen, die es gegenüber der EU eingegangen war." Der Franzose und frühere EU-Kommissar schloss auch ein Scheitern der Gespräche nicht aus. Er hoffe aber auf einen Abschluss der Verhandlungen im Oktober 2018. Dies würde in die Zeit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft fallen.

Demonstrative EU-Einigkeit bei Brexit-Leitlinien
Die 27 verbleibenden EU-Länder hatten sich bei dem Brüsseler Gipfel am vergangenen Samstag binnen weniger Minuten und einstimmig auf Leitlinien für die Gespräche geeinigt. Man wolle mit einer Stimme sprechen, sagte Merkel. Die EU fordert, in einer ersten Phase zunächst nur die Bedingungen der Trennung zu klären. Dazu zählen für die EU vor allem die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und die finanziellen Verpflichtungen Londons gegenüber der EU. Erst wenn alle verbleibenden 27 EU-Länder einstimmig ausreichende Fortschritte feststellen, soll das von May gewünschte Freihandelsabkommen auf die Tagesordnung kommen. Die Abfolge gebe der EU einen Hebel, vor allem die finanziellen Forderungen durchzusetzen.

Kern gegen höhere Beiträge der Nettozahler
Dass der EU-Austritt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Union auf die bleibenden Staaten Auswirkungen haben wird, sieht auch Bundeskanzler Christian Kern. "Wir haben uns schon mit einigen anderen Nettozahlern getroffen", sagte der Bundeskanzler. Natürlich sei es das Interesse, dass das so schonend abgehe wie möglich, "dass es zu keinen höheren Beitragszahlungen kommt, das ist ganz klar. Diese Position werden wir auch verteidigen und deutlich führen."

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