Hinter den Kulissen

ÖVP-Spitze: “Fest im Sattel” sieht anders aus

Österreich
30.08.2016 16:55

Ein Parteichef, der fest im Sattel sitzt und alles im Griff hat, sieht anders aus. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ist angeschlagen und angezählt, im ORF-"Sommergespräch" am Montag wirkte er zudem bereits auch resigniert. Ziemlich leidenschaftslos seinem Schicksal ergeben. Wenn Mitterlehner sagt, dass er "niemandem im Weg steht", ist klar, dass sein Abgang nur noch eine Frage der Zeit ist.

Die ÖVP bereitet schon die Ablöse an der Spitze der Partei vor. Und das nicht einmal dezent und leise im Hintergrund, sondern äußerst offensiv. Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer bezeichnete Außenminister Sebastian Kurz erst vor wenigen Tagen als "Trumpf-Ass", bei dem man aber genau überlegen müsse, wann man es ausspiele. Kurz, gerade erst 30 Jahre alt geworden, ist nicht erst seit gestern der logische Nachfolger von Reinhold Mitterlehner und die einzige echte Zukunftshoffnung der Partei.

Der Außenminister verkauft sich gut, versteht das politische PR-Geschäft in eigener Sache, wirkt smart und punktet mit markigen Asyl-Sprüchen, die inhaltlich von der FPÖ stammen könnten, die er aber dennoch etwas besser verpackt.

Obmann-Abmontieren hat lange Tradition in ÖVP
Das Obmann-Abschießen gehört zu den Spezialitäten der Volkspartei. Vor zwei Jahren hatten sich die schwarzen Länderchefs um die Demontage von Michael Spindelegger bemüht - bis dieser das Handtuch warf. Mitterlehner hatte zu Beginn leichtes Spiel - nach Spindelegger konnte er nur glänzen. Doch der "Django"-Effekt verpuffte rasch, Mitterlehner ist nun auf jenem Tiefpunkt angelangt, an dem auch sein Vorgänger kurz vor dem Rücktritt war. Inhaltlich geben in der Partei längst andere den Ton an, und auch gegenüber SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern verblasst der ÖVP-Obmann.

Das Dementi von Kurz ist laut - zu laut?
Sebastian Kurz hat nach dem ORF-"Sommergespräch" umgehend und sehr bestimmt jegliche Gerüchte, dass er schon bald der neue ÖVP-Chef wird, dementiert. "Ich strebe das nicht an, das wird so nicht kommen. Ich konzentriere mich voll auf meinen Job, da gibt es viel zu tun", so Kurz. Sein Büro holte überhaupt gleich zu einem regelrechten "Alles nicht wahr"- und "Wie kann man nur auf so eine Idee kommen?"-Kanon aus. So vehement wurde selten etwas dementiert - vielleicht etwas zu forsch, um glaubwürdig zu sein?

Wechsel nicht fürs Weiterwurschteln
Aus dem Umfeld von Sebastian Kurz ist jedenfalls zu hören, dass er sich für ein "Weiterwurschteln" nicht hergebe. Falls er "doch irgendwann einmal" den Obmann machen werde, dann sicher nur mit großen Veränderungen. Und da sei es gar nicht klar, ob die ÖVP überhaupt dafür bereit sei.

Präferenzen für Koalition mit FPÖ erkennbar
Im Klartext heißt das, so wie bisher soll es mit einem Chef Sebastian Kurz nicht weitergehen. Die Partei übernehmen könnte er sofort. Ein Anruf bei Schützenhöfer, der ihn dann noch einmal über den grünen Klee lobt, einer bei Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und die Zusage, dass der Niederösterreicher Wolfgang Sobotka in der Regierung bleibt - und alles wäre erledigt. Aber Kurz dürfte eher auf die Blauen als auf die Roten setzen. Eine neue Koalition, das ist das, was Insider mit den "großen Veränderungen" meinen.

Bleibt nur noch: Wann wird neu gewählt?
Sebastian Kurz wird wohl nicht heute und auch nicht morgen den Job von Reinhold Mitterlehner übernehmen. Alles deutet darauf hin, dass die ÖVP den Wechsel vor der nächsten Nationalratswahl vornimmt. Und dass die Regierung bis 2018 durchhält, davon geht mittlerweile niemand mehr aus. Unklar ist allerdings, wie viel Zustimmung die beiden ehemaligen Großparteien bis dahin noch verlieren.

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