Zum Fall Glawischnig:

System der Moralprediger schafft sich selbst ab

Österreich
07.03.2018 11:55

Die ehemalige Parteichefin der Grünen, Eva Glawischnig, hat also seit Monatsbeginn einen neuen Job. So weit, so unspektakulär, würde sie nicht ausgerechnet bei jenem globalen Glücksspielkonzern anheuern, den sie seinerzeit als grüne Oppositionspolitikerin noch harsch für sein aggressives Polit-Lobbying und für das familienzerstörende Geschäftsfeld kritisiert hat. Aber so ändern sich wohl die Zeiten: Haben die Grünen 2016 noch Novomatic bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft angezeigt, darf sich nun deren ehemalige Parteichefin „Verantwortungs- und Nachhaltigkeitsmanagerin“ des Großkonzerns nennen.

Jedenfalls hatte der Gumpoldskirchner Erfolgskonzern auch schon bisher ein Faible für Ex-Politiker. Nach Karl Schlögl (SPÖ), Johannes „Gio“ Hahn (ÖVP) und Alfred Gusenbauer (SPÖ) darf sich nun auch die Ex-Grüne Eva Glawischnig in diese illustre Runde einordnen. Das hat wohl realistischerweise weniger mit einem geläuterten Sinneswandel des Glücksspielunternehmens, sondern vielmehr mit knallharten PR- und Lobbying-Interessen zu tun. Denn: Novomatic war schon immer ein äußerst erfolgreicher, gewinnorientierter Konzern, aus dem mit Sicherheit auch jetzt mit der Bestellung von Glawischnig kein Ableger einer Mutter-Theresa-Charity-Organisation werden wird.

Erst kommt das Fressen, dann die Moral
Was es für Eva Glawischnig bringt? Wahrscheinlich vor allem Geld, auch wenn sie das vehement bestreitet, wohl um jeglichen Verdacht von anti-grünen Motiven wie Geldgier und Alterskapitalismus zu zerstreuen. Mehr noch: Sie versucht trotz ihres Überlaufens zum einstigen Klassenfeind noch immer den Schein des moralisch „Guten“ mit aller Gewalt zu wahren, indem sie dem Medienkonsumenten in zahlreichen gleichlautenden Interviews versucht, weiszumachen, dass ihr Beweggrund nicht Geld, sondern die Bekehrung von Novomatic hin zur Nachhaltigkeit, Verantwortung und Suchtprävention sei.

Gutes, grünes Fair-Trade-Glücksspiel
Verstörend ist der Versuch, ihren wohl ökonomisch geprägten Sinneswandel auch noch moralisch legitimieren zu wollen. Ihre Beteuerungen, nunmehr für einen Fair-Trade-Stempel im Glücksspiel sorgen zu wollen, sind wohl kaum ernst zu nehmen. Dabei ist es im Prinzip vollkommen legitim, dass sich Eva Glawischnig nach ihrer politischen Laufbahn beruflich neu orientiert, ebenso wenig anstößig sind dabei ihre wirtschaftlichen Interessen. Nicht legitim ist es allerdings, der Öffentlichkeit ihren Karrieresprung samt plötzlichem Sinneswandel auch noch als moralisch besonders hochstehend verkaufen zu wollen.

Überhaupt fällt in der österreichischen Politik auf, dass gerade die lautesten Tugendbolzen es selbst nicht schaffen, ihren hohen Ansprüchen zu genügen - sei es Peter Pilz, Christoph Chorherr und nun auch Eva Glawischnig. Schaden werden politische Parteien nehmen, die ihre Strahlkraft vor allem aus dem moralischen Besser-als-die-anderen-Sein schöpfen. Einem solchen, meist links der Mitte angesiedelten System droht der Glaubwürdigkeitsverlust. Die Landtagswahl in Kärnten und der Rauswurf der Grünen haben gezeigt, wie stark die Wähler bereits sensibilisiert sind. Die politischen Gegner dürfen sich freuen. Das System der politischen Moralprediger schafft sich gerade selbst ab.

Katia Wagner

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