Kannst du mir erklären, warum Popstars mit Gitarren einfach besser rüberkommen, als solche, die nur vorm Mikrofon stehen?
Mmh, ich weiß nicht, aber es stimmt! Sehen Mädchen mit Gitarren nicht einfach heißer aus? Es ist wie bei dem Girl in „Flashdance“ - sie spiel eine Automechanikerin (Anmk.: naja, sie ist eine Schweißerin...) und trägt einen Werkzeuggürtel. Das sieht einfach sexy aus, mit diesem Männersymbol um die Hüften...
Findest du denn, dass Gitarren Männer-Symbole sind?
Eigentlich... ja! Speziell E-Gitarren, die assoziiert man schon eher mit Männern. Bonnie Raitt kommt dem Typus eines weiblichen Guitar-Hero vielleicht noch am nähesten, PJ Harvey kann gut begleiten - aber als erstes denkst du eigentlich an all die berühmten Lead-Gitarristen. Und weil die Welt ja von Männern dominiert ist, (seufzt theatralisch) ist die Gitarre nunmal ein maskulines Symbol.
Dein drittes Album klingt, als hättest du bei Weitem noch nicht genug von Klangexperimenten und Genrewechseln. Hat dich deine Reise noch nicht weit genug gebracht, um zu einer eigenen Soundmarke zu finden?
Nein, mit Sicherheit noch nicht. An diesem Punkt würde ich wahrscheinlich aufhören zu spielen. All die Musik, die ich wirklich mag, kommt von Künstlern, die sich stetig verändern. Nimm mal David Bowie! Ich bin mir sicher, dass sich meine Sicht auf die Dinge mit der Zeit verändern wird, aber der Knackpunkt ist: die Zeit vergeht so schnell, alles verändert sich rapide - da musst du jede Gelegenheit ergreifen, mit der du viele Leute ansprechen kannst.
Mit einem Blick auf den Song „Funnyman“ auf deinem neuen Album - was macht es so spannend, dauernd über Jungs und Mädchen zu schreiben?
Mmh. In meinen Songs geht es immer um Menschen. Und gerade beim Thema Jungs und Mädchen oder Männern und Frauen kommen dir besonders viele Dinge in den Sinn. Oder kennst du viele Songs über Hunde oder Aliens? (lacht)
Hmh. Eher nicht - aber warum ist das so?
Musik ist für das Miteinander geschaffen - ein Mittel, um Dinge auszudrücken. Wenn du etwas sagen willst, aber den richtigen Tonfall, die richten Worte nicht findest und trotzdem muss das, was du sagen willst, aus dir raus - meistens gibt es dann jemanden, der dasselbe Problem schon in einen Song verwandelt hat, der dir aus der Seel spricht.
Ich mag die Geschichte, dass dein leiblicher Vater ein Folksänger war...
Das stimmt ja gar nicht!
Was?
Mann, das war eine total verdrehte Story, die die Zeitungen zu einem Märchen aufgebauscht haben. Er war ein Ire mit einer guten Stimme. Aber er hatte eine Bar, glaube ich. (lacht)
Hey, was soll das? Du hast meine Frage zerstört!
Sorry! (lacht)
Hast du - bevor du nicht erfahren hast, dass dein Vater ein Folksänger war, weil er ja ein singender Barmann war... - schon immer gewusst, dass du Talent hast?
Ha, ha! (lacht) Ich wusste, dass sich da etwas in mir entwickelt. Ich wollte schon als kleines Kind unbedingt ein Instrument spielen, aber in meiner (Adoptiv-)Familie war niemand musikalisch. Ich erinnere mich überhaupt nicht daran, dass bei uns jemals Musik lief. Aber ich fühlte mich schon sehr früh zu Menschen mit Instrumenten hingezogen. In der Tat ging es mir viele Jahre eigentlich nur ums Spielen-Können. Künstler oder Bands waren mir dabei egal, ich war kein Fan-Typ.
Trotzdem hat es eine ganze Weile gedauert, bis dein Durchbruch kam. Hast du die Geschehnisse bewusst verlangsamt um deine Karriere dauerhaft zu machen?
Ja, ich habe mich bewusst davon abgehalten, zu früh zu viel Erfolg zu haben. Ich wollte, dass meine Karriere von Dauer ist. Ich blieb lange Zeit in Schottland, selbst als bereits klar war, dass ich nach London gehen müsste, um einen Plattenvertrag zu bekommen. Mein jetziger Manager sah mich als 19-jährige Stundentin in London und kam jeden Monat nach Schottland um mir zu sagen, dass ich mich gefälligst von meiner Scheiß-Band trennen und mir den Plattenvertrag holen soll.
Aber ich wollte nicht. Ich war nicht interessiert, denn ich hatte ja diesen bunten Haufen von Folk-Musikern, mit denen ich glücklich war und die der Musikindustrie nicht über den Weg trauten. Und in ihrem Fall hatten sie vielleicht sogar Recht, weil die Musik, die sie spielten, nicht sehr zugänglich war. Aber irgendwann stellte sich heraus, dass ich nicht dieselben Sachen komponierte, die sie spielten. Ich löste mich los und es war eine gute Idee, dass ich danach sehr lange mein eigenes Ding durchzog und allein in Clubs und Bars spielte.
Hast du für den Erfolg viel an dir verändert?
Nicht bewusst. Die Veränderungen kamen an dem Tag, als ich mich entschied, nach London zu ziehen. Das meiste geschah noch, bevor ich mich mit Geschäftsführern von Plattenfirmen traf und entschied, aus meinem Hobby einen Beruf zu machen. Und ich suchte nach einer speziellen Plattenfirma, nach einer, die weitestgehend nach meiner Pfeife tanzen würde. Ich wollte eine, die für mich und das, was ich bin, arbeitet - und nicht für das, was ich in ihren Augen sein könnte. Zu dieser Zeit war ich 27 und hatte schon viel Erfahrung...
Du meinst: Älter, als der heutige Durchschnitt...
Ja, und das war mir sehr hilfreich. Ich war selbstbewusst genug um Antworten auszuhalten wie „Ich will dich nicht, du bist mir zu alt“ oder „Ich mag dich nicht, ich will dich nicht wirklich unter Vertrag nehmen“. Okay, okay - ich hatte auch keine Lust, mit Leuten zu arbeiten, die meine Musik nicht oder „nicht wirklich“ mochten. (lacht) Wäre ich zu dieser Zeit jünger gewesen, solche Dinge hätten mich unendlich auf die Palme gebracht. Manchmal, als ich bei den Plattenbossen aus der Tür ging, dachte ich mir echt: „Wow, was war das bitte für ein Arschloch!“
Du hast dir eine neue Band geholt, als der Plattenvertrag im Kasten war. Und einer deiner Musiker ist Österreicher...
Yeah, das ist Arnulf! (Anmk.: Arnulf Lindner, der lange Zeit in der Hubert von Goisern Band spielte) Er ist ein richtig angenehmer Typ und ein fantastischer Musiker. Er kam zur selben Zeit wie ich nach London, vor etwa sechs Jahren. Als wir Freunde wurden, war er ziemlich schräg. Weil seine Muttersprache Deutsch ist, eckte er die ganze Zeit über mit seinen 1:1-Übersetzungen an. Das ging so: Wenn ein Brite sagen würde, „Wäre es ein Problem, mir eine Tasse Tee zu servieren?“, hat Arnie nur gesagt: „Tee!“ Ich bin jedesmal ausgerastet und sagte: „Mann, du kannst so nicht mit den Leuten reden!“ (lacht) Aber er ist eine wirklich inspirierende Person, weil er wegen seiner klassischen Ausbildung ganz neue Erfahrungen in die Band einbrachte.
Du liebst bekanntlich deine Gitarre, eine Gretsch Falcon. Mit welchem Künstler würdest du sie dennoch gegen seine oder ihre eigene tauschen?
Neil Young - der spielt auch eine Falcon! (lacht)
Ich habe allein heute sechs verschiedene Erklärungen von dir für das KT in KT Tunstall gelesen. Würdest du dir eine für mich einfallen lassen?
Ha, ha! (lacht) Ich liebe diese Spiel. Mit meinen Freunden mache ich das fast jeden Tag und unterschreibe E-Mails immer mit einem anderen KT. Okay, also jetzt gibt‘s eines ganz allein für dich... ta-dah: Krusty Toadstool!
Klingt schrecklich, was bedeutet es?
Toadstool ist ein giftiger Pilz, und was krusty heißt, weißt du ja wohl.
Also knuspriger Giftpilz - du bist eine gefährliche Frau...
Interview: Christoph Andert
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.