Musik vom Feinsten

Eric Clapton trifft JJ Cale: “The Road to Escondido”

Musik
08.11.2006 10:17
Wenn sich zwei Legenden zusammentun, kann nur Großes entstehen. Eric Clapton und JJ Cale, beides Spieler in der Oberliga des Blues, Country und Folk, haben ihre Künste vereint und zu einem Meisterwerk verschmelzen lassen. Dem gemeinsamen Album „Road To Escondido“ hört man den Spaß an, den die zwei miteinander im Studio hatten.
(Bild: kmm)

Die Songs plätschern leicht und unbeschwert einher - wie ein entspannter Road-Trip über eine sonnige Landstraße. "Das Album ist nicht Blues, nicht Folk, nicht Rock’n’Roll, es liegt irgendwo in der Mitte", beschreibt Clapton selbst das Meisterwerk. JJ Cale: "Wir machen Musik, die wir mögen. Also gefällt sie vielleicht auch anderen. Hoffen wir zumindest."

Zu Eric Clapton selbst muss man ja nicht mehr viel sagen. Am 30. März 1945 erblickte mit ihm einer der größten Blues-Gitarristen und (manchmal auch) Songschreiber der letzten hundert Jahre das Licht der Welt. Er begann als Gitarrist bei den legendären Yardbirds, formte später das mittlerweile wieder reunierte Giganten-Trio Cream mit Jack Bruce und Ginger Baker. Seine größten Erfolge feierte er aber als Solokünstler - und mit Songs von anderen Künstlern, die er unter seiner Regie zu Hits werden ließ.

Clapton hatte in der Musikgeschichte bei den größten Ereignissen seine Finger mit im Spiel. So spielte er zum Beispiel das Gitarrensolo beim Beatles-Hit „While My Guitar Gently Weeps“. Mit George Harrison verband ihn bis zu dessen Tod eine enge Freundschaft, die er 2003 mit einem Allstar-Tribute-Concert zelebrierte, bei dem es ihm gelang, Paul McCartney und Ringo Starr wieder auf einer Bühne zu vereinen.

Die Freundschaft zum Stillen Beatle muss eine sehr enge gewesen sein, denn sie blieb selbst dann bestehen, als Clapton Harrisons Ex-Frau Patti heirate und mit ihr gut fünfzehn Jahre zusammen blieb. Mit seinen genialen Interpretationen diverser Blues-Standards hatte er sich zuvor als einer der vielleicht meist geschätzten, nicht-schwarzen Blues-Interpreten etabliert. B.B. King erwies ihm 2000 die Ehre und nahm „Riding With The King“ mit ihm auf.

Aber nicht immer war Claptons Leben mit Sonne durchflutet. Anfang der 70er, kurz nach „Layla“, stand seine Karriere kurz vor dem Ende – er wurde heroinsüchtig und stand an der Kippe zur Selbstzerstörung.
Doch er kam von der Sucht los und fand mit der Coverversion von Bob Marleys „I Shot The Sheriff“ an die Spitze der Charts. Mit „Lay Down Sally“ und „Wonderful Tonight“ (ein Song für Patti) folgten weitere Hits. Knapp zehn Jahre später arbeitete Clapton seine Drogenkrise auf und knüpfte damit die musikalische Bande zu JJ Cale: Er coverte dessen Song „Cocaine“ und machte ihn zum Hit. Claptons Beispiel folgten Dutzende anderer Künstler. JJ Cale wurde weniger zur Legende, wegen seiner eigenen Erfolge – er schrieb Songs für andere Künstler und seine eigenen wurden hundertfach gecovert. Die Allmann Brothers, Deep Purble, Brian Ferry und eben auch Clapton spielten die Musik des Country&Blues-Gitarristen, der seit '72 knapp 20 Alben veröffentlichte.

In den Achtzigern kam für Clapton eine Zeit, in der er mehr Erfolg mit Alben hatte. Er schrieb „Crossroads“ und davor „Behind The Sun“. Ende der Achtziger sprach Slowhand, wie er wegen seines konzentrierten Gitarrespiels genannt wird, auf die damaligen Trends an. Bei seinen Alben schlagzeugerte fortan Phil Collins, den Blues ließ er in dieser Zeit schlauchen. Mit Songs wie „Pretending“ oder „Bad Love“ kamen typische Achtziger-Hadern, die Clapton auf seinen Konzerten heute gerne auslässt. Als ihn MTV 1991 zur Unplugged-Session bat, war Clapton mit einem Schlag wieder in aller Munde. Kurz davor hatte er seinen vierjährigen Sohn - die Mutter war nicht Patti Harrison, sondern ein italienisches Model - durch einen tragischen Unfall verloren. Conor stürzte aus dem 53. Stock eines Hochhauses, Das ihm gewidmete „Tears In Heaven“ bekam zusammen mit dem Unplugged-Album je eine Grammy-Auszeichnung.

Ende der Neunziger meldete sich Clapton mit „Pilgrim“ und – nach einer Affäre mit der um gut 20 Jahre jüngeren Country-Fee Sheryl Crow – einer neuen Frau an seiner Seite zurück. Die Single „My Father’s Eyes“ ist bei Radiosendern auch heute noch eine oft gespielte. Das sehr elektronische „Pilgrim“ kündigte bereits Claptons Rückkehr zum Blues an. 2001 stellte er mit „Reptile“ schließlich ein perfektes Blues-Album vor. Erneut coverte er JJ Cale, diesmal mit „Travelin’ Light“. 2004 folgte eine Album-Hommage an den Blues-Gitarristen Robert Johnson.

2006 ist ein gutes Jahr für Clapton-Fans. Mit „The Road To Escondido“ läuft er erneut zur Hochform auf. Es muss ein lang gehegter Wunsch gewesen sein, das Album mit JJ Cale durchzuziehen, denn Clapton hat noch nie so viel fremdem Songmaterial seine Handschrift verpasst. Cale selbst schrieb elf der insgesamt 14 Songs, Clapton nur einen. Ein weiterer Track kam von John Mayer, mit „Sporting Life Blues“ covern die Meister einen alten Blues-Klassiker. Involviert sind auf „The Road To Escondido“ Dutzende Musiker, ganz nebenbei auch die im Juni verstorbene Orgel- und Soullegende Billy Preston.

Prägend für die Platte ist aber einmal mehr Claptons fantastisches Gitarrenspiel, das über alle 14 Songs hinweg unverkennbar bleibt. Ein Mann großer Worte war Eric Clapton ohnehin nie – Interviews gibt er immer seltener und auch bei seinen Konzerten spricht er nur die wichtigsten Dinge aus. Seine Sprache ist die Musik – und die ist auf „The Road To Escondido“ so artikuliert wie seit „Unplugged“ nicht mehr.

10 von 10 meisterhaften Road-Trips


Christoph Andert

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