Biathlon-Nachlader

Kleinere Nummern, großere Brüste?

Salzburg
09.01.2017 16:34

Der Weltcup in Oberhof meldete sich nach einjähriger Pause eindrucksvoll zurück. Wir rollen im Biathlon-Nachlader die letzte Woche noch einmal auf.

Krone.at blickt wie gewohnt auf jede Station zurück und zeigt Helden und Enttäuschte - dazu zeigen wir Kuriositäten und Fun-Facts auf.

HELDEN

  1. Lisa Hauser lebt das Wort "Biathlonfamilie". Die Tirolerin zerstörte im Birxstieg, dem wohl legendärsten Anstieg im Weltcup, unabsichtlich den Stock von Vanessa Hinz. Ein Missgeschick, das immer wieder mal vorkommt. Was folgte, war höchst ungewöhnlich - und verdient großen Respekt. Die 23-Jährige reichte der Deutschen ihren Stock uneigennützig weiter, weil sie sich nach dem Malheur schuldig fühlte. Hinz bedankte sich nach dem Rennen für die noble Geste:

  • Was für eine Stehendserie! Julian Eberhard, nicht unbedingt als Scharfschütze bekannt, legte mit einem tollen Stehendschießen den Grundstein zum Sprint-Sieg. Für den Saalfeldener war es der zweite Weltcuperfolg, womit er sich zugleich in den Kreis der WM-Mitfavoriten beförderte. "Da ist noch mehr drin", kündigte er im Krone-Interview (hier geht’s lang) an.
  • Der Bronze-Rang geht an Chardine Sloof. Wer sich nun - nachvollziehbarerweise- fragt, wer das ist, dem helfen wir gerne auf die Sprünge. Die 24-Jährige ist gebürtige Niederländerin, startet aber seit 2015 für Schweden. In Oberhof wurde sie im Sprint Zehnte und holte erstmals in ihrer Karriere Weltcupzähler. In der Verfolgung (14.) und im Massenstart (15.) bestätigte die zweifache Junioren-Weltmeisterin ihre Leistung.
  • ENTTÄUSCHTE

    1. Und täglich grüßt das Murmeltier. Das leidige Doping-Thema belastet den Biathlon-Zirkus auch im neuen Jahr. Vorläufig wurden zwei russische Athletinnen suspendiert (eine hat ihre Karriere bereits beendet), der Rest des Weltcupteams durfte in Oberhof an den Start gehen. Im Sinne aller Athleten - auch der Russen, die fälschlicherweise unter Generalverdacht stehen - wäre es von Interesse, wenn möglichst bald alle Fakten auf den Tisch kommen und wieder Ruhe einkehrt.
    2. "Ich bin von Laura Dahlmeier enttäuscht." - Dieser und zahlreiche weitere, zum Teil niveaulose, Posts geisterten vor Oberhof durch diverse Biathlon-Foren. Warum enttäuscht? Weil sich die 23-Jährige erdreistete, Sprint und Verfolger auszulassen. Aus Sicht vieler Fans habe die Verfolgungsweltmeisterin die Pflicht, vor Heimpublikum zu laufen. Den Kritikern sei gesagt: Wann und wo eine Athletin startet, liegt immer noch in ihrer eigenen Verantwortung.
    3. Ein Grippevirus legte einen Teil des Biathlon-Feldes lahm. Johannes Thingnes Boe musste seine Teilnahme in Oberhof ebenso kurzfristig absagen wie Franziska Preuß und Tiril Eckhoff.

    WAS SONST NOCH AUFFIEL

    • Die IBU hat einen Ersatzort für Tyumen gefunden. Nachdem die Russen aufgrund des Dopingskandals die Veranstaltung zurückgaben, springt Kontiolahti ein. Mari Laukkanen freut sich auf ihren Heimweltcup, hofft aber auf kleinere Startnummern. Oder größere Brüste. Ach, seht selbst:
    • Der Herren-Massenstart gehört definitiv zum Spannendsten, was die Saison bislang zu bieten hatte. Die phänomenale Aufholjagd von Martin Fourcade, sein Antritt in der Schlussrunde, der Kampfgeist von Erik Lesser, dazu die Sprintstärke von Simon Schempp - dieser Wettkampf war die pure Werbung für den Sport. Und die verdiente Belohnung für Zehntausende von Fans, die in den letzten Tagen den Thüringer Wald in ein Tollhaus verwandelten.
    • Darya Domracheva gab ein viel beachtetes Comeback. Die Olympiasiegerin wurde im Sprint 37. und holte auch im Verfolger (Rang 34) einige Weltcuppunkte. Für die Massenstart-Qualifikation reichte es nach knapp zweijähriger Wettkampfpause zwar nicht, doch mit der Weißrussin wird schon bald wieder zu rechnen sein.
    • Die einstige Biathlon-Großmacht China gab ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Jialin Tang gelang es als erster Athletin aus dem Reich der Mitte nach 1.421 Tagen, sich ein Massenstart-Ticket zu sichern. Zuletzt war Yan Zhang im Februar 2013 dabei.
    • Magdalena Neuner ist bereits zurückgetreten und aufgrund der Geburt ihres zweiten Kindes auch nicht mehr als TV-Expertin im Einsatz, war aber trotzdem in aller Munde. Grund: Gemeinsam mit Formel-1-Legende Michael Schumacher wurde ihr die Ehre zuteil, in die "Hall of Fame des deutschen Sports" aufgenommen zu werden. Wir finden: Völlig zu Recht!

    ROT-WEISS-ROTE BRILLE

    • Nicht nur Julian Eberhard sorgte für Furore, es waren rot-weiß-rote Feiertage in der letzten Woche. In denen die "Helden aus der zweiten Reihe" ins Rampenlicht drängten. So sorgte Fabienne Hartweger beim IBU-Cup in Martell für die Sensation und gewann ihr erstes Rennen. "Mit dem ersten Nuller meines Lebens"; wie die Steirerin anmerkte. Zugleich gab sie zu: "Ich hatte etwas Glück mit der späten Startnummer." Das muss man allerdings erstmal nutzen. Als Dank ließ sie im Team eine Runde springen. "Hinter so einem Sieg stehen viele Leute. Das Serviceteam war der Wahnsinn. Dafür bin ich dankbar", bewies sie Bescheidenheit.
    • Nicht minder überraschend war der zweite Platz von Klaus Leitinger - ebenfalls im Sprint. "Das war sicher die schönste Woche meiner Biathlonkarriere", hielt der Salzburger fest. "Ich hatte das nötige Quäntchen Glück, weil der Wind bei mir etwas ruhiger war." Für den 23-Jährigen war der Erfolg besonders wichtig, gehört er doch derzeit keinem ÖSV-Kader an. "Daher fiel mir ein großer Stein vom Herzen." In dieser Form ist er für den ÖSV definitiv eine Bereicherung.

  • Besonders erfreulich: Auch das restliche Team wusste zu glänzen. Mit Fabian Hörl (4.), Sven Grossegger (5., 10.), Lorenz Wäger (5.), Peter Brunner (6.), Dunja Zdouc (6.) und Christina Rieder (8.) gelang fünf weiteren ÖSV-Assen der Sprung unter die Top-10.
  • Daran fuhr Dominik Landertinger - Elfter im Sprint, Zwölfter im Massenstart - hauchdünn vorbei. Ein Aufwärtstrend ist beim Ex-Weltmeister dennoch nicht zu übersehen. "Es schaut ganz gut aus. Beim (Stehend-)Schießen zwickt es noch ein bisschen, aber das Gefühl passt", ist er mit Blickrichtung Heim-WM zuversichtlich gestimmt.
  • Für einige andere lief es dagegen nicht nach Wunsch: Simon Eder, im Sprint nur 47., bekam Fieber und musste die restlichen Wettkämpfe vor dem TV verfolgen. "Es ist ein Seuchenjahr", meinte der 33-Jährige, der auch in Ruhpolding passen muss. "Auch für Antholz wird es eng." Ähnlich erging es Julia Schwaiger. Die Salzburgerin reiste zwar nach Oberhof, machte sich aber ohne Einsatz, dafür mit einer Grippe vorzeitig wieder auf den Heimweg. Für Lisa Hauser war Oberhof sportlich ebenfalls keine Reise wert. Im Sprint nicht in den Top-60, gab sie den Massenstart nach einem Crash und Waffenwechsel entnervt auf.
  • ZAHL DER WOCHE

    • 100 - Martin Fourcade hat den 100er geknackt! Der Franzose hat seit Sonntag ebenso viele Stockerlplätze im Weltcup zu Buche stehen, wovon er 55 Mal am obersten Podest landete. Und das bei nur 198 Einzelstarts - der pure Wahnsinn!

    DAS SCHLUSSWORT

    … gebührt Michael Rösch:

    Christoph Nister, Kronen Zeitung

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