Gewaltiger Linksruck
Griechen jubeln über Ende der harten Sparpolitik
Die Linkspartei will nach ihrem Wahlsieg bis spätestens Mittwoch die Regierungsbildung abgeschlossen haben. Ein Vertreter der Partei sagte in den frühen Morgenstunden am Montag, am wahrscheinlichsten sei es, dass Syriza-Chef Tsipras bereits im Laufe des Tages als Ministerpräsident vereidigt werde und die neue Regierung dann Dienstagabend oder Mittwochmorgen folge.
Schon wenige Minuten nach Veröffentlichung der ersten Zahlen versammelten sich am Sonntagabend Tausende Syriza-Anhänger in der Athener Innenstadt und feierten den lang ersehnten Sieg - und das damit verbundene mögliche Ende der harten Sparpolitik. Zahlreiche Autokorsos zogen durch die Hauptstadt. Auch in anderen Teilen des Landes gab es spontane Feiern.
Samaras: "Das griechische Volk hat gesprochen"
Regierungschef Samaras gratulierte Wahlsieger Tsipras noch am Sonntagabend telefonisch und gestand seine eigene Niederlage ein. In einer kurzen Stellungnahme vor Journalisten sagte er später: "Das griechische Volk hat gesprochen, und wir akzeptieren seine Entscheidung." Er hoffe, die neue Regierung werde nicht die Mitgliedschaft Griechenlands in der EU und in der Währungsunion gefährden. "Es gab auch Fehler", räumte er ein, betonte aber: "Ich übergebe ein Land, das Teil der EU und des Euro ist." Er hoffe zum Wohle des Landes, dass die nächste Regierung das Erreichte bewahren werde.
Er werde mit den Gläubigern eine für Griechenland und die EU "neue, machbare Lösung" aushandeln, kündigte der 40-jährige Tsipras am späten Abend an. "Ab morgen beginnt die harte Arbeit", sagte er vor Tausenden jubelnden Wähler seiner Partei im Zentrum Athens. Als Ziele nannte er einen ausgeglichenen Haushalt und ein eigenes Konsolidierungsprogramm für das hoch verschuldete Land.
Rechtsradikale schaffen Platz drei
Drittstärkste Kraft wurde die neonazistische Goldene Morgenröte mit 6,3 Prozent. Sie wird 17 Abgeordnete im neuen Parlament haben. Ihre Parteiführung sitzt wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung in Untersuchungshaft und führte den Wahlkampf aus dem Gefängnis heraus. Die proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), liegt bei 6,1 Prozent.
Die Kommunisten schaffen den Einzug ins Parlament mit 5,6 Prozent und die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen mit 4,7 Prozent.
Faymann hofft auf "konstruktive Zusammenarbeit"
"Ich gratuliere Alexis Tsipras zum Wahlerfolg", kommentierte Bundeskanzler Werner Faymann in seiner ersten Reaktion den Wahlsieg von Syriza. "Ich bin überzeugt, dass man in der Europäischen Union als Schicksalsgemeinschaft im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut eine gemeinsame Basis finden muss", betonte der Kanzler.
Er fügte jedoch hinzu: "Ich gehe davon aus, dass sich auch die zukünftige griechische Regierung an die Vereinbarungen mit der EU halten wird." Abschließend machte der Bundeskanzler deutlich, dass "ein stabiles Griechenland in einer gemeinsamen Währungszone im Interesse von uns allen ist".
Was kostet uns der Wahlsieg von Tsipras?
Tsipras hatte im Wahlkampf angekündigt, unter anderem Teile der von den Geldgebern diktierten Sparmaßnahmen rückgängig machen zu wollen. Der griechische Schuldenberg hat sich im vergangenen Jahr auf 177,7 Prozent der Wirtschaftsleistung summiert. Die immense Höhe der griechischen Schulden von 320 Milliarden Euro ist vor allem auf die Rettungspakete von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) über rund 240 Milliarden Euro zurückzuführen.
Wenn der Syriza-Chef seine Versprechen aus dem Wahlkampf jetzt wirklich wahrmachen sollte, dann steht jedenfalls nicht nur der gesamte Sanierungskurs auf der Kippe, der Griechenland vor der Staatspleite retten soll. Dann steht auch die Euro-Mitgliedschaft der Griechen auf dem Spiel. An den Finanzmärkten gibt es seit Wochen die Sorge, ein Syriza-Erfolg könnte für neue Turbulenzen sorgen.
Die Frage, ob Griechenland unter einem Regierungschef Tsipras seine Schulden nicht mehr zurückzahlen will (oder kann), lässt zudem Sorgen aufkommen, dass ein radikaler Kurswechsel in Athen Europas Steuerzahler weitere Milliarden kosten könnte. Finnland etwa hat allerdings schon jetzt festgehalten, dass es notfalls durch Veto jeden neuen Euro an Griechenland blockieren wird.
Euro-Finanzminister beraten über Zukunft des Krisenlandes
Die Euro-Finanzminister wollen bereits an diesem Montag über den weiteren Weg des Krisenlandes sprechen - auch wenn konkrete Beschlüsse noch nicht geplant sind. In der Euro-Gruppe wird über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms über den 28. Februar hinaus nachgedacht. Sollte Griechenland am 1. März ohne Programm dastehen, dürfte es in den folgenden Wochen und Monaten für Athen brenzlig werden.
Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem aus den Niederlanden sagte "Spiegel Online": "Jede griechische Regierung wird weiter Unterstützung von der Euro-Zone brauchen." Diese Hilfe sei aber nicht ohne Bedingungen zu haben. Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mahnte Athen: "Verträge sind einzuhalten." IWF-Chefin Christine Lagarde und der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wollen von einem Schuldenverzicht nichts wissen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.