Budgetdebatte in Tirol

1,3 Mrd. Euro Schulden: „Keiner muss sich sorgen!“

Tirol
17.12.2025 12:13

Der Dezember-Landtag in Tirol steht ganz im Zeichen des Budgets. Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) eröffnete am Mittwoch den ersten Sitzungstag mit seinem mündlichen Bericht und listet eine Reihe von Details auf. Die Opposition kontert naturgemäß. Eine hitzige Debatte ist die Folge – Aussagen wie „Chill dei Base“ und „Soll er sich benehmen“ inklusive.  

„Ich bin heuer wohl der erste Landeshauptmann, der gerne über sein Budget redet. Denn Tirol ist das erste und einzige Bundesland ohne neue Schulden“, eröffnet LH Anton Mattle seine Rede im Landtag. Und dann folgte ein kleiner Rückblick. „Viele Versprechen, die ich den Tirolerinnen und Tirolern gegeben habe, wurden bereits eingehalten. Weitere werden im kommenden Jahr 2026 realisiert“, sagt der Landeshauptmann. 

Tirol stehe nach den Krisen besser da als das eine oder andere Bundesland vor der Krise dagestanden sei. Tirol schaffe es als einziges Bundesland, ausgeglichen zu budgetieren. „Weil die Landesregierung am Beginn ihrer Legislaturperiode einen Finanzrahmen definiert hat“, sagt Mattle, „maximal 25 Prozent der jährlichen Einnahmen werden als Schulden akzeptiert. Und wir reduzieren den Schuldenstand in den kommenden Jahren“. 

„6 Milliarden Euro pro Jahr“
Das Budget im Detail: „Ich habe mich dafür entschieden, ein Doppelbudget aufzulegen – und zwar deshalb, weil es in Zeiten der Verunsicherung ganz einfach notwendig ist, einen klaren Kurs vorzugeben, um Stabilität mit auf den Weg zu geben. Ein Doppelbudget gewährt dies zumindest auf zwei Jahren. Wir sprechen hier von 6 Milliarden Euro pro Jahr“, schildert der Landeshauptmann. 

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Das erste Mal wird der Ergebnishaushalt im Jahr 2026 ein ausgeglichener Haushalt sein. Dies war seit 2019 nie mehr der Fall.

LH Anton Mattle (ÖVP)

Tirol könne die laufenden Ausgaben mit Einnahmen selbst decken und es bleibe noch Geld übrig, um entsprechend zu investieren. Die zur Verfügung stehende Investitionssumme: 1,2 Milliarden Euro. „Wir investieren in jenen Bereichen, die den Tirolerinnen und Tirolern wichtig sind. Wir geben in den kommenden zwei Jahren, also 2026 und 2027, für die Gesundheit 2,6 Milliarden Euro aus, für die Bildung 2,3 Milliarden Euro, für das Soziale 2,1 Milliarden Euro, für das Wohnen 720 Millionen Euro, für den Standort Tirol 690 Millionen Euro und die Infrastruktur 350 Millionen Euro aus“, listet LH Mattle auf. 

„Das war seit 2019 nie mehr der Fall“
Als Instrument diene der VRV, dieser komme der Finanzierung in Unternehmen „durchaus sehr nahe“. Es gäbe einen Ergebnishaushalt, einen Vermögenshaushalt und einen Finanzierungshaushalt. „Das erste Mal wird der Ergebnishaushalt im Jahr 2026 ein ausgeglichener Haushalt sein. Dies war seit 2019 nie mehr der Fall“, lässt LH Mattle aufhorchen.

Der Vermögenshaushalt zeige auf, was dem Land gehört, was neu angeschafft und neu verkauft wurde. Am Jahresende ergäbe sich daraus das Gesamtvermögen des Landes Tirol. Laut dem aktuellsten vorliegenden Bericht von 2024 handle es sich um ein Gesamtvermögen von 9,3 Milliarden Euro. „Diesem stehen Schulden von 1,3 Milliarden Euro gegenüber. Für Tirol durchaus schmerzhaft, weil es ein hohes Maß an Schulden ist, aber alle anderen Bundesländer beneiden uns für diesen geringen Schuldenstand“, betont LH Mattle – und: „Wegen 1,3 Milliarden Euro Schulden muss sich niemand Sorgen machen.“ 

„Wir wissen, wohin die Reise geht“
Alle anderen Bundesländer machen nächstes Jahr Schulden – Vorarlberg etwa 200 Millionen Euro, die Steiermark 835 Millionen Euro und Wien mehr als 2,6 Milliarden Euro Schulden. „Wir legen hingegen ein enkeltaugliches Budget vor, damit bin ich als Landeshauptmann die starke Stimme für die nächste Generation. Dieses Budget soll den Tirolerinnen und Tirolern Sicherheit geben und die Sorgen nehmen“, präzisiert LH Mattle, „wir wissen, wohin die Reise geht: sie geht bergauf“.

Dann ergreift LA Peter Seiwald (ÖVP) das Wort: „Ich in stolz auf dieses Budget. Es ist keine Ansammlung von Zahlen, sondern die Antwort auf die Frage, wie ernst es eine Politik mit Verantwortung meint.“ – und weiter: „Schulden sind kein Zukunftskonzept, sondern eine Ausrede.“ Auch an die Opposition wandte sich Seiwald: „Kritik ersetzt keine Verantwortung.“

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Ihr, liebe Österreichische Volkspartei, seid dafür verantwortlich, dass sich mittlerweile niemand mehr etwas im Land leisten kann.

FP-Landesparteichef Markus Abwerzger

„Das ist Realitätsverweigerung“
FP-Landesparteiobmann Markus Abwerzger wählt hingegen einen schärferen Ton: „Die Worte von LH Mattle sind Realitätsverweigerung.“ Dann zeigte er Tirols Schuldenstände der vergangenen Jahre auf – mithilfe einer Grafik. „Das ist die Realität – und ihr stellt euch her und macht ein Jubel-Budget, anstatt euch für dieses Finanzdesaster zu entschuldigen“, sagt Abwerzger, „und die Zinsen beispielsweise müssen wir ja auch bedienen, hier sprechen wir von 32 Millionen Euro pro Jahr. Wie kann man somit sagen, dass man keine neuen Schulden macht?“ Er glaube nicht, dass das „Null-Budget“ halten werde. „Das wäre ein Wunder, wenn das nun funktionieren würde.“ 

Wer trage denn die Hauptschuld an diesem derzeitigen Zustand? „Ihr, liebe Österreichische Volkspartei, seid dafür verantwortlich, dass sich mittlerweile niemand mehr etwas im Land leisten kann – nicht nur in Tirol, sondern in ganz Österreich“, so der blaue Landesparteichef, „der Budgetbrandstifter wird zum Budgetfeuerwehrmann – das ist unseriös“. Auch die Tiwag thematisiert Abwerzger: „Hier ist noch einiges zu holen!“ Zwischenrufen der schwarzen Landtagsabgeordneten kontert er immer wieder mit dem Satz: „Chill dei Base!“ 

„Wir übernehmen Verantwortung“
LA Christian Kovacevic (SPÖ) bekräftigt das Doppelbudget und verspricht unter anderem: „Es wird mit uns keine Kürzungen bei der Wohnbauförderung geben, ebenso wenig wird der Heizkostenzuschuss abgeschafft – weil für uns soziale Absicherung der Tirolerinnen und Tiroler an erster Stelle steht.“ 

Man durchlebe gerade schwierige Zeiten, die aktuelle Situation sei weder von der SPÖ verursacht noch verschuldet worden – sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene. „Trotzdem übernehmen wir gerade jetzt Verantwortung. Weil es gerade jetzt besonders wichtig ist, sorgsam und besonnen mit dem Steuergeld umzugehen. Sparen ja, aber mit Verantwortung, aber mit Maß und Ziel“, bekräftigt Kovacevic.

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Es ist ein schöner Beitrag für den Reißwolf und noch schöner für das Altpapier.

Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz

„Selbstwahrnehmung hat sich in Selbstüberschätzung gesteigert“
Nun ist Markus Sint, Klubobmann der Liste Fritz, am Wort: „Die Selbstwahrnehmung der ÖVP hat sich in Selbstüberschätzung gesteigert – ganz nach dem Motto: ,Uns gehört das Land, wir sind das Land.‘“

LH Mattle sei Parteiobmann dieser ÖVP, Landeshauptmann, Gemeindelandesrat, Kulturlandesrat, Finanzlandesrat, Personalchef sowie Eigenvertreter der Tiwag und der Hypo. „Mit dieser Machtfülle ausgestattet, legen Sie Ihr Doppelbudget vor. Sie haben eine einzige Erzählung – und diese heißt: ,Keine neuen Schulden, die schwarze Null steht.‘ Doch die schwarze Null heißt: Kürzungen, Streichungen, Verunsicherung – ganz besonders im Sozial- und Gesundheitsbereich. Diese schwarze Null ist eine schwarze Mogelpackung - und nicht mehr“, kritisiert Sint und fügt einige Beispiele an.

„Leider erst nach der kommenden Landtagswahl wird der Rechnungshof seinen Prüfbericht vorlegen – leider erst dann wissen wir schwarz auf weiß, ob das Budget gehalten hat“, so der Klubobmann.

Ein einziger Wunsch ans Christkind
Ein Doppelbudget sei gerade in Zeiten wie diesen „Unsinn“. „Ich prophezeie hier und jetzt, dass das Budget nicht halten wird. Es ist ein schöner Beitrag für den Reißwolf und noch schöner für das Altpapier“, so der Klubobmann. Sein einziger Wunsch ans Christkind: „Herr Landeshauptmann, dass Sie das, was Sie heute gesagt haben, selbst nicht glauben. Denn das kann nicht Ihr Ernst gewesen sein.“

Die schwarz-rote Regierung habe „keinen Lauf“. Sint: „Die ÖVP saugt nun ihren nächsten Koalitionspartner aus. Und der SPÖ ist das egal, denn sie hat sich schon aufgegeben“, wettert der Klubobmann der Liste Fritz. In Sachen Kinderbetreuung habe es die Regierung „gerade mal geschafft, eine Internetplattform auf die Beine zu stellen“. Und dem Bädertopf rinne schön langsam das Wasser aus. „Bei der Schwimmbadrettung war es die Liste Fritz, die einen Masterplan zur Rettung der Bäder gefordert hat. Das hat die Regierung zuerst abgelehnt, sich dann angesehen und folglich umgesetzt“, so Sint. Und: LH Mattle habe den Neubau des MCI abgesagt. „Das Land hat sogar ein eigenes Gebäude gekauft, das seit drei Jahren leer steht. Das ist Tirols teuerster Leerstand“, informiert LA Sint. 

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Sie geben Geld aus, das es gar nicht gibt, nur für die Schlagzeile des Null-Budgets.

Gebi Mair, Klubobmann der Grünen

Die Grünen fragen sich: „Ist da jemand?“
„Wo Schulden draufsteht, ist die SPÖ meistens nicht weit“, beginnt LA Gebi Mair, Klubobmann der Grüne, seinen Redebeitrag. Er durchsuche das Budget und frage sich: „Ist da jemand?“ Das Budget sei zwar schuldenfrei, es habe aber „keine Gerechtigkeit“. Die Landesregierung ignoriere „alle Herausforderungen“. „Das Budget hat keine Vision, es fehlt an Führungsqualität“, ist der Klubobmann der Meinung.

Auch er hat einige Negativ-Beispiele parat – einige gefällig? „Menschen in der Innsbrucker Klinik werfen nachweislich mittlerweile hin, weil sie von der Regierung schlecht behandelt werden“, zeigt Mair auf, „und reden wir darüber, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Swarovski alleine gelassen werden“. Schulden werden laut dem grünen Klubobmann ausgelagert: „Es gibt sogar Schulden auf zukünftige Mauteinnahmen. Das heißt: Es gibt Schulden, aber ihr Budget erzwingt die Maut am Fernpass, sie erzwingt die Mattle-Maut. Sie geben Geld aus, das es gar nicht gibt, nur für die Schlagzeile des Null-Budgets.“ Und es gäbe auch weiterhin keine Einheimischentarife in Tirol.

„Hält nur, wenn nichts Unvorhersehbares passiert“
Auch LA Susanna Riedlsperger (Neos) meldet sich zu Wort: „Man hat genug herumgetrickst. Das hält alles aber nur, wenn nichts Unvorhersehbares passiert. Gerade die vergangenen Jahre haben uns aber gelehrt, dass durchaus Unvorhersehbares passieren kann.“

Sie habe das Budget Zeile für Zeile durchgeschaut. „Aber wo hier die großen Würfe, die großen Reformen sind, das frage ich mich schon. Denn Sparen alleine macht noch lange keine Reform“, sagt Riedlsperger, „es muss mehr geliefert werden“. 

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Natürlich wird die Teuerung und das leistbare Leben auch zentrales Thema unserer Politik bleiben.

LH-Stv. Philip Wohlgemuth (SPÖ)

„Wir zeigen, dass es wieder bergauf geht“
Positive Töne in Bezug auf das Budget kommen von LH-Stv. Philip Wohlgemuth (SPÖ). „Tirol spart, aber mit Maß, Ziel und sozialer Verantwortung“, hebt er hervor, „wir können den Menschen ein Stück weit Hoffnung und Perspektiven geben. Ihnen zeigen, dass es auch wieder bergauf geht und nicht alles nur negativ ist. Gemeinsam müssen wir darum kämpfen, dieses Land wieder besser, gerechter und zukunftsfit zu gestalten“. 

Das Budget zeige „unsere Prioritäten“ und ist „Ausdruck harter Verhandlungen der vergangenen Monate“. Der sozialen Verantwortung wolle man sich als SPÖ stellen. „Natürlich wird die Teuerung und das leistbare Leben auch zentrales Thema unserer Politik bleiben“, verspricht LH-Stv. Wohlgemuth. 

„Nicht einfach, Budget in schwierigen Zeit zu erstellen“
In die Reihe der Redner ordnet sich auch LA Jakob Wolf, Klubobmann der ÖVP, ein. „Es ist für Regierende nicht einfach, in einer dermaßen schwierigen Zeit ein Budget zu erstellen. Es hat keiner gesagt, dass alles super und toll sei, aber wir machen einen Kurswechsel – und das ist wichtig“, sagt er und zählt die in seinen Augen positiven Punkte auf. 

Den Kritikern kontert Wolf: „Wir haben ein sehr gutes Gesundheitssystem, auch wenn man den einen oder anderen Punkt kritisieren kann. Wir haben auch ein dichtes Sozialnetz, auch wenn man den einen oder anderen Punkt kritisieren kann. Unsere Aufgabe ist es, dies langfristig garantieren zu können und dabei natürlich bedacht vorzugehen.“ 

„Hier haben wir den Turbo eingelegt“
In Richtung der Neos betont Wolf: „Für Reformen bin ich immer zu haben, aber mir fehlen ganz einfach konkrete und vernünftige Lösungsvorschläge. Ich habe keinen Grund gesehen, wieso sie dem Budget nicht zustimmen.“ In Richtung der Liste Fritz sagt er, dass „wir das Geld für den Neubau des MCI nicht haben“. Und beim Bädertopf „geht es so richtig los, hier haben wir den Turbo eingelegt“. Und: „Seitens der Grünen heißt es, dass wir bei den Einheimischentarifen nichts unternehmen. Wir haben sogar den zuständigen EU-Kommissar zu uns geholt, das kann ich so nicht stehen lassen.“ Markus Abwerzger habe er im Landtag schon „in besserer Form erlebt“. 

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