Geschichten von einst

Das karge Leben unserer Ahnen: „Ich ziehe den Hut“

Steiermark
14.12.2025 14:00

Wenn Karl Oswald im Steirerland unterwegs ist, ist er oft zu Gast auf den entlegensten Höfen. Der Autor ist ganz Ohr für Erlebnisse aus vergangener Zeit. Nun hat er sie in einem Buch zusammengefasst.

Ein Vergissmeinnicht gibt man nahestehenden Menschen beim Abschied mit auf den Weg. Zur Erinnerung und in der Hoffnung, weiterhin einen festen Platz in ihren Gedanken und Herzen einzunehmen. 2010 hat Karl Oswald mit „Jede Zeit hat ihre Geschichten“ sein erstes „Vergissmeinnicht“ in Buchform veröffentlicht. Weil der Weg dorthin sehr arbeitsintensiv war, hat er sich geschworen, dass das erste gleichzeitig sein letztes Buch sein sollte.

Dem war aber zum Glück nicht so. 2017 ist mit „Jeder Mensch hat seine Zeit“ der zweite Band erschienen, nun legt Oswald mit „Aufdenkt und zruckgschaut“ nach. Er setzt auch die Tradition fort, geistliche Herren um eine Erzählung zu bitten. Nach den Bischöfen Johann Weber und Wilhelm Krautwaschl ist Weihbischof Johannes Freitag an der Reihe.

80 Geschichten aus 40 Gemeinden
60 Leute aus 40 Gemeinden erzählen auf 240 Seiten über 80 Geschichten. Die Inhalte sind lustig, spannend, kurios, besinnlich, berührend und traurig: vom Sauschädelstehlen auf der Koralm bis zu den Kindersoldaten in Feldbach, von südsteirischen Kriegsberichten bis zu Sagen aus dem Gesäuse. Unter den Erzählern befindet sich der 101-jährige Altbauer Peter Riedl aus Jagerberg, der neben einem arbeitsreichen Leben auf 85 Dienstjahre bei der Feuerwehr zurückblickt.

Historische Aufnahmen aus dem Buch „Vergiss mein Nicht 3: Aufdenkt und zruckgschaut“ geben ...
Historische Aufnahmen aus dem Buch „Vergiss mein Nicht 3: Aufdenkt und zruckgschaut“ geben Einblick in das entbehrungsreiche Leben von einst.(Bild: Josef Fürbass)

Auch das Brauchtum kommt nicht zu kurz. So weiß Justine Narat aus Leutschach, geboren 1929, eine Geschichte über das Fensterln, einen der schönsten Bräuche unserer Vorfahren. Da konnte es anstatt des ersehnten Busserls schon mal Missverständnisse geben.

Große Enttäuschung am Heiligen Abend
Äußerst berührend ist die Geschichte „Auf Weihnachten denkt“, in der ein kleines Mädchen für sich und ihre Halbbrüder im Dezember 1941 einen Brief an das Christkind schrieb. Die Vorfreude war riesig, die Enttäuschung am Heiligen Abend ebenso. Denn unter dem kleinen Christbaum, der nur mit ein paar Lamettafäden geschmückt war, lagen keine Geschenke. Es herrschten ja Krieg, Elend und Hunger. Doch am Christtag kam das Christkind – in Gestalt ihrer Lieblingstante – doch noch zu den Kindern. Neben wärmenden Jacken und Spielsachen brachte die gute Frau auch noch einen großen Laib Brot und ein Glas mit Schweineschmalz als Geschenk mit.

Das Buch wirft Blicke in die Vergangenheit
Das Buch wirft Blicke in die Vergangenheit(Bild: Josef Fürbass)

Oswald bildet in seinem Werk auch die steirische Redensart ab. „Das sind für mich Lebensweisheiten im Dialekt.“ Unter den rund 150 Redewendungen befindet sich auch sein persönlicher Lieblingsspruch: „Wer nia schea woar, kann nie schiach werden.“ Aufgelockert werden die erzählenden Beiträge von allerlei Methoden zur Haltbarmachung von Lebensmitteln.

Das Buch ist eine stille Verneigung vor jenen Menschen, die unter armseligen Verhältnissen aufgewachsen sind und durch die Kriegszeit noch mehr Leid, Not und Entbehrungen erfahren mussten. „Ich ziehe meinen Hut vor dem, was Menschen erleben mussten, und noch mehr davor, wie sie mit allen diesen Erinnerungen fertig geworden sind“, so der Autor. „Es verdient eine besondere Wertschätzung, wenn man weiß, mit wie wenig die Leute früher ihr Auskommen gefunden haben.“

Porträt von Josef Fürbass
Josef Fürbass
Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Steiermark
Kostenlose Spiele
Vorteilswelt