Zwei Musiker auf Tour

Zurück auf die Straße statt Gig vor 60.000 Fans

Steiermark
10.08.2025 12:00

Zwei Freunde, eine geniale Herausforderung, null Budget: Zwei bekannte steirische Musiker touren quer durch Österreich bis nach Bayern. Das Reisegeld wollen sie als Straßenmusiker verdienen. Dabei hat einer von ihnen schon vor 60.000 Fans gespielt.

Der Liedermacher Julian Grabmayer und der ehemalige Alle-Achtung-Schlagzeuger Patrick Freisinger sind bekennende Fans von Abenteuern und einer spontanen Herausforderung, die zwischen romantischer Schnapsidee und Straßenmusik-Legenden pendelt. Als Duo ziehen sie ab Mittwoch quer durch Österreich. Nur mit ihren Liedern im Gepäck. Kein Startkapital, kein Hotelbudget, nur ihre Instrumente, ihre Stimmen und die Hoffnung, dass es in den Städten Menschen gibt, die für Straßenmusik mehr als ein mitleidiges Lächeln übrighaben.

Eine Knochen-Tour durch musikalisches Kulturgut, Alpenpanorama und potenzielle Lärmbelästigungsanzeigen. Einige Musikkollegen wie „Wackelkontakt“-Sänger Oimara oder „Edmund“ wollen die Straßenmusiker und ihre Mission unterstützen. „Wir wollen zeigen, dass Musik verbindet und auch Rechnungen bezahlen kann“, sagt Julian Grabmayer, der wertvolle Erfahrungen als Straßenmusiker einbringen kann. „Ich habe drei Jahre lang in Graz von der Straßenmusik gelebt und dabei interessante Menschen und Geschichten erlebt.“

Der Stundenlohn für Straßenmusiker liegt bei 7 bis 35 Euro.
Der Stundenlohn für Straßenmusiker liegt bei 7 bis 35 Euro.(Bild: Jauschowetz Christian)

Als Straßenmusikant ins Gefängnis
Bis an sein Lebensende erinnert sich der oststeirische Liedermacher an die Begegnung mit dem Leiter der Justizanstalt Jakomini, der Grabmayer direkt von Straße weg zum Konzert im Gefängnis engagierte. „Ich hab's erst glauben können, als ich um die doppelte Gage im Häfn gesungen habe.“

Mit einer solchen Straßenposse kann Patrick Freisinger kaum dienen. „Im Musikgymnasium habe ich es einmal probiert, aber nach einer halben Stunde und zwei Euro war die Karriere als Straßenmusikant vorbei. Ein neuerlicher Anlauf mit Alle Achtung war ähnlich erfolgreich, womit ich mich auf die Challenge mit Julian freue, der mich hoffentlich vom Gegenteil überzeugen kann.“

Der Probedurchlauf kam gut an.
Der Probedurchlauf kam gut an.(Bild: Jauschowetz Christian)

Ziel ist es, jeden Tag genug Geld zu erspielen, um weiterreisen zu können: fürs Tanken, für Verpflegung und – wenn’s gut läuft – sogar ein Hotelzimmer. „Mir macht es nichts aus, wenn ich im Auto schlafen muss“, gibt sich Patrick pessimistisch, der mit Alle Achtung vor 60.000 Fans auf der Bühne stand und nun als anonymer Straßenmusikant um jeden Zuhörer und Euro buhlt.

Straßenmusik ist ein harter Job – hat die Klofrau mehr im Körberl?
„Ob ich am Donauinselfest vor Menschenmassen oder vor zwei Leuten in der Grazer Herrengasse spiele: Es geht nicht um Geld, sondern immer um Musik, und das ist meine große Leidenschaft. Ich möchte auch nie mehr was anderes machen“, betont der Musiker und Komponist, der nun in die Niederungen der Kleinkunst eintaucht.

Zitat Icon

Mir macht es nichts aus, wenn ich im Auto schlafen muss

Musiker Patrick Freisinger

Straßenmusik ist eine Kunstform – und ein harter Job. Man braucht Charisma, Talent, Durchhaltevermögen und ein gewisses Maß an Selbstironie, wenn die Klofrau nebenan viel mehr im Körberl hat als die spielfreudigen Musiker. Laut Umfrage unter Grazer Straßenmusikern ist es ein Stundenlohn von sieben bis 35 Euro. Je nach Alter, Entertainer-Qualitäten und Repertoire.

Aber es gibt Hoffnung! Und Legenden!
Denn Straßenmusik ist nicht nur der Einstieg ins Abenteuer, sondern auch ins Rampenlicht. Große Namen wie Rod Stewart, Tracy Chapman, Ed Sheeran, aber auch Wolfgang Ambros begannen klein – auf dem Asphalt der Welt: Die Kelly Family, die wohl berühmteste fahrende Patchwork-Band Europas, spielte jahrelang auf der Straße. An guten Tagen verdienten sie angeblich bis zu 35.000 Schilling (heute etwa zwei Kleinkredite und ein Thermomix). Münzzähler gehörten in der Kelly Family zum täglichen Musikgeschäft auf der Straße.

Auch Semino Rossi, Schlager-Star mit Schmachtgarantie, startete vor 40 Jahren als Straßenmusiker in Innsbruck. Oft wusste der gebürtige Argentinier nicht, wie er seine Miete zahlen sollte – beim Singen lernte er seine zukünftige Frau kennen. Sie war übrigens die Einzige, die ihm kein Geld in den Gitarrenkoffer warf.

Letztlich geht es nicht nur ums Geldverdienen – sondern darum, Musik auf die Straße zu bringen und dabei unvergessliche Geschichten zu erleben, nette Menschen zu treffen und mindestens dreimal die Gitarre gegen einen Regenschirm tauschen zu müssen. In diesem Sinne: Möge sich bei Patrick und Julian der Hut füllen und der Regen fernbleiben.

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