„Krone“-Salzburg-Chefredakteur Claus Pándi geht in seiner Kolumne der Frage nach, was von der Störaktion bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele bleiben wird.
Theater oder Wirklichkeit? Was sich Samstagvormittag in der Felsenreitschule zugetragen hat, war nicht bloß eine Sicherheitspanne ersten Ranges. Es ist ein verstörender Einbruch einer gewaltigen Wut von draußen in die schöne, heile Welt der Salzburger Festspiele. Auf einmal wird erschütternd klar, dass man immer nur vermeintlich geschützt ist.
Wir leben nicht erst seit der Pandemie und Putins Überfall auf die Ukraine in einer Zeit, in der Realität und Täuschung immer schwerer zu unterscheiden sind. Man erlebt das in der digitalen Welt, man spürt es in der echten Welt. So muss der Zwischenfall bei den Festspielen für viele im Publikum ein irritierender Moment gewesen sein: Ist das ein Schauspiel oder ist das echt?
Beim „Jedermann“ auf dem Domplatz waberten auch schon apokalyptische Rauchschwaden durch einen verbrannten Endzeitgarten. Dazu gab es einen doppelten Klimaprotest: Einmal als Teil des Mysterienspiels auf der Bühne, wo Schauspieler, die als Demonstranten verkleidet, Jedermanns Villa mit Farbe besprühten. Danach kamen echte Aktivisten der „Letzten Generation“, die das Stück mit Zwischenrufen zu stören versuchten.
Sagen, was ist: Der Zwischenfall ist alles andere als harmlos. Dieses österreichische Achselzucken, dass „eh nix passiert ist“, kann gründlich schiefgehen. Was, wenn Menschen mit wirklich bösen Absichten in die Felsenreitschule eingedrungen wären? Was, wenn nicht nur Transparente in das Gebäude geschmuggelt worden wären?
Also Glück gehabt?
Das ist schon gut, aber nicht sehr beruhigend.
Die wenig sympathische Störaktion der propalästinensischen Aktivisten bleibt mehr als ein Thema für die Tischgespräche bei den Abendessen in den kommenden Festspielwochen.
Es bleiben viele Fragen und wenige Antworten.
Klar ist: Die Störenfriede in der Felsenreitschule machen den Nahen Osten zu keinem friedlicheren Ort. Sie verbessern mit ihrer Aktion auch nicht die Lebensumstände der Menschen in der Region. Was die Aktivisten gemacht haben, ist für nichts gut und so wenig sinnvoll wie Suppe auf Gemälde zu schütten, um das Weltklima zu retten.
Jedenfalls waren die von langer Hand vorbereiteten Begrüßungsworte und Ansprachen in der Sekunde vergessen. Das ist natürlich nicht fein gegenüber den Gästen und vor allem der Historikerin Anne Applebaum, die sich mit ihrer Festrede viel Mühe gegeben hat.
In Erinnerung bleiben wird von der diesjährigen Festspieleröffnung dieses große Bild aus der Felsenreitschule: Man sieht, wie die Sicherheitskräfte ihre Mühe hatten, überhaupt in die richtige Etage zu den Demonstranten vorzudringen, wie lange es dauerte, bis die Aktion zu Ende war, und wie hochrangige Politiker auf der Bühne mit Andreas Babler und den Spitzen des Staates und aus befreundeten Ländern in den ersten Reihen sitzen blieben – und zum tatenlosen Zusehen verurteilt waren.
Dieses Bild ist naturgemäß wirkmächtiger, als es jede noch so kluge Rede sein kann. Es ist auch ein Bild des Kontrollverlusts und von der trügerischen Sicherheit.
Nun: Die Spiele gehen weiter.
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