Schauplatz Wartezimmer der Unfallambulanz des Universitätsklinikums Wiener Neustadt an einem heißen Sommertag um 9 Uhr früh. Noch ist es relativ ruhig im Wartzimmer, doch das wird sich im Laufe des Tages stark ändern. Denn im Sommer herrscht Hochsaison auf der Unfallstation.
„Wenn es heiß ist, nehmen die Freizeitunfälle stark zu“, erzählt Abteilungsvorstand Primarius Kambiz Sarahrudi. „Vor allem Motorradfahrer kommen bei schönem Wetter meist schwerst verletzt auf unsere Station.“ Aber auch Unfälle mit E-Bikes und E-Scootern werden immer häufiger. Hinzu kommen Verletzungen durch Trampoline, Unfälle aufgrund von Kreislaufkollaps bei Hitze, Bienen- und Wespenstiche oder auch der Griff in den Rasenmäher.
Der Leichtsinn im Freizeitverkehr bringt uns oft an die Grenzen unserer Kapazitäten.
Primarius Univ.-Prof. Dr. Kambiz Sarahrudi (Abteilungsvorstand der Klinischen Abteilung für Orthopädie und Traumatologie)
Das Warten kann dabei oft lange dauern. „Eine stark blutende Wunde wird sicher rascher versorgt als ein verstauchter Knöchel“, sagt Stationsleiterin Sandra Koch. Die Hitze ist für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Denn aus Hygienegründen verfügen die Warteräume weder über Klimaanlagen noch über Ventilatoren. „Vor allem auf den Stationen macht die Hitze nicht nur den Patienten, sondern auch dem Pflegepersonal zu schaffen, das oft mit Plastikschürze, Handschuhen und Mundschutz arbeiten muss“, so Korb.
Was sie außerdem beobachtet hat, ist, dass verbale Übergriffe in den letzten Jahren zugenommen haben. „Dafür bieten wir unseren Mitarbeitern eigene Deeskalationstrainings an“, so Korb. So können schwierige Situationen bereits im Vorfeld gemeistert werden.
Aufgrund jahrelanger Erfahrung reagiert das Pflegepersonal äußerst feinfühlig auf eintreffende Patienten. „Wenn wir beispielsweise sehen, dass einer Frau häusliche Gewalt widerfahren ist, werden wir uns bemühen, ihr eine Ärztin zur Verfügung zu stellen“, betont Korb.
Sehr stolz sind wir auf unser extrem motiviertes Team, denn eine gute Zusammenarbeit ist hier bei uns besonders wichtig.
Stationsleiterin DGKP Sandra Korb
Oft machen Angehörige dabei mehr Schwierigkeiten als die Verletzten selbst. „Bei Verletzten aus bestimmten kulturellen oder familiären Kontexten kommt es häufiger vor, dass sich schnell das ganze Wartezimmer mit besorgten Verwandten füllt.“ Auch diese gilt es zu beruhigen und ihnen die Angst zu nehmen.
Dankbarkeit und Selbsterkenntniss werden immer weniger
Durchschnittlich kommen 130 Patienten am Tag zur Erstversorgung in die Ambulanz. „Zwei Drittel davon ohne Überweisung und oft nur mit Bagatellverletzungen“, so Sarahrudi. Während man früher mit einer kleinen Schnittwunde noch zum guten alten Hausarzt ging, ist es für viele heute einfach schneller und bequemer, gleich in die Ambulanz zu fahren. „Wir haben rund um die Uhr geöffnet, meist kürzere Wartezeiten und viele nutzen auch gleich die Gelegenheit, andere Wehwehchen mit anschauen zu lassen“, nennt Sarahrudi als weiteres Problem der überfüllten Warteräume.
Was heute außerdem fehle, sei die Dankbarkeit der Patienten. Denn: „Selbstschuld gibt es bei vielen gar nicht mehr“, so der Primarius. Die Patienten werden fordernder. „Und wenn etwas nicht passt, dann ziehen sie einfach vor Gericht“.
Und dennoch liebt er seinen Job. „Vor allem, wenn man sieht, dass man jemandem das Leben gerettet hat.“ Und: „Ein einfaches Dankeschön reicht uns dafür auch vollkommen aus.“
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