„Wie Netflix-Serie“

Historischer Briefschatz erzählt von Kaiserzeit

Steiermark
20.07.2025 12:00

Am Dachboden des südsteirischen Schlosses Eybesfeld fand die Familie Conrad-Eybesfeld verstaubte Kisten voll historischer Dokumente ihres Vorfahren, eines Barons aus der k.-u.-k.-Monarchie. Autorin Evelyne Lorenz verfasste aus 800 übersetzten Kurrent-Briefen einen Familienroman aus Kaisers Zeiten.

Am Anfang der Geschichte standen verstaubte Holzkisten am Dachboden des Schlosses Eybesfeld in der südsteirischen Gemeinde Lang. Sie waren bis zum Rand gefüllt mit Dokumenten und Briefen, fein säuberlich geschrieben mit Feder und Tinte. 15.000 an der Zahl waren es, die Bertran Conrad-Eybesfeld und seine Frau Christine öffneten und, weil sie in akkurater Kurrentschrift verfasst waren, übersetzen ließen. Und plötzlich wurde der Alltag der Vorfahren zwischen 1800 und 1900 lebendig, viele zu Papier gebracht von Baron Sigmund Conrad von Eybesfeld und seiner Frau Minna.

Jurist wurde kaiserlicher Beamter und dann geadelt
Wer war der noble Herr? Ein studierter Jurist aus der Steiermark, der in der Monarchie in den Staatsdienst trat und als Beamter und Politiker dort die Karriereleiter emporkletterte – bis er 1880 auf dem Ministersessel im Ressort Kultus und Unterricht Platz nahm. 1854 hatte Kaiser Franz Joseph I. Sigmund Conrad schon in den Adelsstand erhoben, kurz davor war er Eigentümer des Schlosses Eybesfeld geworden.

Christine und Bertran Conrad-Eybesfeld mit der kaiserlichen Adelsurkunde ihres Vorfahren Sigmund ...
Christine und Bertran Conrad-Eybesfeld mit der kaiserlichen Adelsurkunde ihres Vorfahren Sigmund Conrad von Eybesfeld vor dem Familienschloss in der Gemeinde Lang nahe Leibnitz.(Bild: Jürgen Fuchs)

„Mein Ururgroßvater war ein sehr liberaler Mann, kunstaffin und als Statthalter lange Zeit in den Kronländern auf Reisen unterwegs. Von dort schrieb er seiner Frau Minna zahlreiche Briefe und bewahrte auch ihre auf“, berichtet Bertran Conrad-Eybesfeld, der 1996 das herrschaftliche Schloss samt idyllischem Park erwarb und gemeinsam mit seiner Gattin zum Gut gehörigen alte, marode Gebäude und Scheunen in neue Wohnhäuser verwandelte.

„Für uns war das eine vollkommen neue Welt, die wir beim Lesen der Briefe entdeckt haben: Ein Fenster in die Vergangenheit hat sich weit geöffnet. Es war wie eine spannende Netflix-Serie“, ist Christine Conrad-Eybesfeld von der fesselnden Familiengeschichte fasziniert. Viel sei damals, im 19. Jahrhundert, auch politisch passiert, „und vieles davon in diesem Haus“.

Der im Jahr 1821 geborene Sigmund Conrad von Eybesfeld
Der im Jahr 1821 geborene Sigmund Conrad von Eybesfeld(Bild: Jürgen Fuchs)

Die Vorfahren wurden der Vergessenheit entrissen
Schnell stellte sich die Frage: Was tun mit diesem historischen Briefschatz? „Dann waren wir in Japan. Dort haben die Ahnen eine besondere Bedeutung – also man lässt sie weiter am Leben. Irgendwie hat uns dieser Ahnenkult dazu bewogen, auch unsere Vorfahren wieder aus der Vergessenheit herauszuholen.“

Also trat das Ehepaar in Kontakt mit Evelyne Lorenz, eine Autorin, die nur einen Steinwurf vom Anwesen entfernt lebt. Sie sollte die Eybesfeld’sche Historie erzählen und literarisch verarbeiten. 800 digitalisierte Briefe waren es, die Lorenz erhielt – und auf deren Basis sie den historischen Roman „Baron Sigmund Conrad von Eybesfeld. Ein Leben im Spannungsfeld zwischen Kaisertreue und Familie“ (Edition Keiper) verfasste.

Dokumentenschätze im Eybesfeld’schen Familienarchiv
Dokumentenschätze im Eybesfeld’schen Familienarchiv(Bild: Jürgen Fuchs)

„Vielleicht sind zehn Prozent Fantasie, aber der Rest entspricht der Wahrheit“, betont Lorenz. „Schloss Eybesfeld ist der Schauplatz dieser Liebesgeschichte zwischen Sigmund Conrad und seiner Minna, die zwar durch Pflichten getrennt, aber stets verbunden durch Treue waren.“ Die Briefe geben tiefe Einblicke in deren Gefühlswelt und zeugen von großer Zuneigung und Sehnsucht.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Kommentarfunktion steht Ihnen ab 6 Uhr wieder wie gewohnt zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
das krone.at-Team

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt