"Krone"-Nachruf

Adieu, liebe Marga!

Österreich
22.11.2013 16:25
"Wenn ich nicht mehr schreibe, bin ich tot", sagte Marga Swoboda einmal so dahin. Vergangenen Samstag schickte sie uns ihre letzte Kolumne, vier Tage später starb sie.

Tag für Tag. Es waren Texte voll stillem Charme, mit denen Marga Swoboda die "Krone"-Leser rührte. Geschichten mitten aus dem Leben, messerscharf beobachtet und so mitreißend erzählt, als säße sie einem am Küchentisch zu Hause gegenüber. Nun nimmt sie, nach zwei Jahrzehnten und 8.339 Kolumnen, Abschied.

In der Infobox finden Sie ein Kondolenzbuch für Marga Swoboda.

Was war Marga Swoboda für eine Kollegin, was war sie für ein Mensch? Die Sprache war ihr Werkzeug, das Schreiben war ihr Leben. Geboren am 15. April 1955 in Düns, Vorarlberg. Mit 13 wollte sie schon "unbedingt und ganz dringend" zur Zeitung, mit 18 verdiente sie bei der "NEUEN" in Bregenz ihr erstes Zeilengeld.

Die gute alte Schule des Bleisatzes: Marga schwärmte oft vom süßen Duft aus Blei und Papier, von diesen Zeiten, als es noch kein Handy, kein Internet, nicht einmal ein Fax gab. Als man Texte und Fotos noch dem Lokomotivführer mitgegeben hat, damit sie rechtzeitig in die Redaktion kommen.

Rasanter Aufstieg in den Presse-Olymp
Mit zwei kleinen Kindern und großen Plänen verließ sie in den 80er-Jahren Vorarlberg. In Wien dann der rasante Aufstieg in den Presse-Olymp. "Basta", "Wienerin", "Ganze Woche" und "Kurier". "Bei den Mostschädeln" taufte sie eine "Trend"-Reportage über das niederösterreichische Mostviertel und gewann den Klagenfurter "Internationalen Publizistik-Wettbewerb". Es war ein leiser, poetischer Text.

Marga Swoboda fühlte sich zum Stillen, Unspektakulären hingezogen. Nur so konnten ihre feinsinnigen, sensiblen Menschenporträts entstehen. Begegnungen mit Kaiserin Zita oder dem Fußballgott Zinedine Zidane. Reportagen von Hochzeiten und Begräbnissen. Liebeserklärungen an Katzen und Käuze. "Ich will nur Geschichten erzählen", sagte Marga Swoboda über ihre einzige Motivation zu schreiben.

Die "Krone" war mehr als 20 Jahre lang ihre journalistische Heimat. Als Chefin der "Krone bunt", als Porträtistin und Kolumnistin. "Mutterhaus" nannte sie die Redaktion in der Muthgasse und schickte ihre Kolumnen aus Grinzing, Liechtenstein oder Paris.

Wo immer sie "Tag für Tag" schrieb, Marga Swoboda stellte eine Verbindung her zur Welt draußen, zu den Ereignissen und Menschen, zu ihren Lesern. Manchmal schrieb sie für die Fröhlichen, manchmal übte sie Toleranz, wo andere Gift versprühten, manchmal legte sie mit eigenen und fremden Traurigkeiten den Finger in unsere Wunden.

Sie erreichte die Herzen vieler trauernder Eltern
Ihre unglaubliche Lebens- und Leidensgeschichte: Nur sie selbst konnte ihre privaten Tragödien überhaupt in Worte fassen. Berührend und schmerzvoll ihre Auferstehungsgeschichte, Ostern 2006 in der "Krone bunt", die sie Bernhard und Fanny, ihren verstorbenen Kindern, widmete.

Sie habe einmal gelesen, dass Haifisch-Mütter, wenn sie ein Junges verlieren, das tote Junge 17 Jahre auf dem Rücken durch das Meer tragen, schrieb sie und erreichte die Herzen vieler trauernder Eltern. Wie soll ich jemals noch eine Zeile schreiben, fragte sie sich, in der Versteinerung, ängstlich, zugeschnürt? Marga Swoboda schrieb weiter, Tag für Tag. Für ihre drei Söhne Fabian, Moritz und Simon. Und für Millionen Leserinnen und Leser.

Ihre Krankheit wollte sie für sich behalten
Ihr letztes E-Mail an mich, die sie "Konicek" nannte, stammt vom Freitag, dem 25. Oktober, 15.53 Uhr. Es ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Zu diesem Zeitpunkt lag Marga bereits im AKH. Eine schwere Krankheit hatte ihr jeden Spielraum genommen. Ihre Kolumnen lieferte sie bis zuletzt. Dass eine Krawallzeitung mit ihrer Krankheit Schlagzeilen macht und ihr Leiden ungeniert beim Namen nennt, das hätte sie widerlich gefunden. Dieses laute Geschrei hielt sie schon immer für unerträglich.

"Meine Augen sehen auf jedem Bild aus wie aus der Form geweint. Die Kinder, das Leben, die Männer, der Job: Nichts, was einen auch nur einen Tag jünger macht", formulierte sie unlängst in einem Essay für die "Bild am Sonntag".

Marga war erst 58, als sie am vergangenen Mittwoch starb. "Wenn man die Menschen, die schon auf der anderen Seite sind, fragen könnte. Ob sie Hass oder Liebe mitgenommen haben in die Ewigkeit. Ob sie von ihrer Wut noch geheilt worden sind. Ob ihnen das Licht, die Liebe heimgeleuchtet hat…" Marga Swobodas Gedanken über das Sterben. Nun ist sie auf der anderen Seite.

"Wenn ich einmal nicht mehr schreibe, bin ich tot." Marga Swoboda bleibt unvergessen mit jedem Wort, das sie geschrieben hat.

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