Album „Drama Cowboy“

Mavi Phoenix: Ein Plädoyer für echte Emotionen

Musik
04.07.2025 09:00

Der musikalische Selbstfindungsprozess von Mavi Phoenix geht weiter. Mit seinem neuen Album „Drama Cowboy“ versucht sich der Linzer erstmals an einem Konzeptwerk und feilt weiter an seiner originären Version von Popmusik. Mit der „Krone“ sprach er über Unsicherheiten, Identitätsfindung und die pure Macht der Musik.

kmm

Wenn man von Mavi-Phoenix-Musik spricht, dann wird das 2023 veröffentlichte Album „Biggest Asshole In The Room“ gerne unter den Tisch gekehrt. Die musikalische Identitätsfindung wäre im experimentellen Sinne dort etwas zu weit gegangen, ist sich der Künstler im Rückblick selbst sicher. Zwei Jahre später schaut die Welt schon wieder anders aus. „Drama Cowboy“ nennt sich das vierte Album von Marlon Nader und findet vor allem jene Fähigkeit wieder, die so mancher am Vorgänger vermisste: Authentizität. „Electro-Pop mit Rock-Elementen – das ist schon der Sound, bei dem ich eigentlich daheim bin“, erzählt Nader im „Krone“-Gespräch, „Hip-Hop und die Elektronik sind mein Ursprung. Das wird man bei mir immer heraushören – mal mehr, mal weniger.“ Das Beständige eines Mavi-Phoenix-Albums ist die Unbeständigkeit. Zum vierten Mal in fünf Jahren klingt ein Werk anders, schlägt neue Haken und löst sich scheinbar mühelos von allem, was es klanglich bisher zu hören gab.

Aufgeteilt in zwei Akte
Wer beim Albumtitel an den Country-Ausflug von Superstar Beyoncé denkt, liegt nicht ganz richtig. Aber das Ziel, sich mit Empowerment aus einer stilfremden Welt einen klassischen männlichen Begriff zu erobern, das schwingt auch bei „Drama Cowboy“ mit. „Ich wollte die Gegensätzlichkeit ausstrahlen und hoffe, dass es mir gelungen ist. Es ist ein bisschen ein Konzeptalbum, ohne richtig konzeptionell zu sein“, lacht Nader, „aber grob ist das Werk in zwei Akte aufgeteilt. Der erste Akt ist sehr dramatisch ausgefallen. Es geht auf und ab, vieles ist wild durcheinander gemischt. Der zweite Teil ist dann wesentlich introspektiver und da kam mir das Bild von einem einsamen Cowboy vors innere Auge. Ich finde es schon lustig, wenn sich Künstlerinnen wie Beyoncé oder Lil Nas X sich diesem cis-hetero-männlichen, klar weißen Bereich bemächtigen und ihre eigenen musikalischen Tupfer draufgeben. Da herrschte zumindest eine unterbewusste Inspiration.“

Mavi Phoenix ist stark von der amerikanischen Popkultur beeinflusst. „Ich war schon mehrmals in Los Angeles, mit meinem Vater auch mal in Wyoming. Nur Nashville habe ich bislang noch nicht geschafft. Wenn man das furchtbare Politische gerade außen vor lässt, ist es ein wundervolles Land. Der Stellenwert von Kunst ist dort ein anderer und wenn man aus einem kleinen Land wie Österreich kommt, ist die ganze Szene dort wahrscheinlich noch inspirierender.“ „Drama Cowboy“ ist eine in teilweise hektische, dann wieder ruhigere Songs gegossene Seelenschau der letzten Jahre. Es geht um Liebe, um Trennungen, um die Suche und das scheinbare Finden. Allumfassende, zeitlose Themen. Im Pressetext ist von einer Mischung aus „Performance und persönlichem Manifest“ die Rede. Zusammengefasst bedeutet das, Nader zeigt sich in manchen Songs offen und filterlos, in anderen wird fiktiver erzählt und es werden Metaphern verwendet. „Wenn man die Texte liest und Bescheid weiß, findet man sich natürlich schon. Der zweite Teil des Albums ist sehr persönlich geraten und ich war mir lang nicht sicher, ob das so gutgeht – aber es passt so und ich bin zufrieden.“

Plädoyer für Emotionen
Auf „Drama Cowboy“ lief jede einzelne Entscheidung über Mavis Tisch. Ein Selbstbewusstsein, das man vor allem dem lauteren, expressiven ersten Albumteil anhört. So beginnt das Intro „The First Act“ etwa mit einem Klavier-Plugin auf dem Laptop und der Selbstzuschreibung, als dramatische Person wahrgenommen zu werden. „Ich habe in meinem Leben schon oft gehört, ich sei zu laut, zu nervig oder zu dramatisch. Vielleicht ist das auch so. Ich habe kein Pokerface, man sieht mir sofort an, wenn ich jemanden nicht mag oder etwas nicht passt. In Wirklichkeit brauchen die Menschen, die mir das vorwerfen, aber ohnehin jemanden, der ihnen eine Projektionsfläche bietet. Der sich für sie auf eine Bühne stellt und eben so ist, wie er ist.“ Die vor Jahren durchgeführte Transition hat die Wahrnehmung auch verändert. „Von mir als Mann wird jetzt mehr erwartet, meine Emotionen zu regulieren. Das will ich aber nicht. Ich finde es schön an mir, diese Emotion zu haben.“

Der Pop von Mavi Phoenix ist manchmal schrill, manchmal herausfordernd und vor allem sehr eigen – im positiven Sinne. Bei jedem Song steht die Suche nach einer besonderen Eigenständigkeit weit im Vordergrund. Belohnt werden die Hörer auf „Drama Cowboy“ damit, dass man eine neuartige, frische Form von flottem Art-Pop zu hören bekommt. Wer sich mit der Persönlichkeit und den doppeldeutigen Texten intensiver befasst, dem wird Raum im Leben des Künstlers gewährt. „Am besten ist immer der Mittelweg. Dass man die Emotionen bei sich zulässt, anderen damit aber auch nicht auf den Sack geht. Wir sind alle unterschiedlich und es wäre schön, wenn man zueinander empathischer wäre. Ich bin jetzt 29 und habe über die Jahre gelernt, dass man manchmal auch Rücksicht nehmen muss.“ Seit Mavi Phoenix mit ca. 14 aktiv zu musizieren begonnen hat, ist die Musik ein zentraler Mittelpunkt in seinem Leben. „Ich muss meine Musik fühlen können. Wenn ich Musik höre, kann ich mich auf nichts anderes konzentrieren. Sie ist das Wichtigste.“

Noch etwas zu brav
Es hat seinen Grund, dass Marlon Nader nicht unter seinem richtigen Namen, sondern unter Mavi Phoenix Musik produziert. „Mavi Phoenix ist immer die überspitzte Version. Songs, wie ,You’re Killing Me‘ oder ,Quarterback‘ sind eindeutig im Performance-Bereich anzusiedeln. In der Kunst sollte alles möglich sein und manchmal habe ich das Gefühl, ich wäre noch zu brav.“ Gemeinsam mit Maximilian Walch wurde an den Songs gebastelt, herumgeschnitten, gestückelt und am Ende wieder zusammengefügt. „Drama Cowboy“ ist eine große Spielwiese, die keine Grenzen kennt und bei der Ehrlichkeit, Offenheit und der Spaß an der Sache im Vordergrund stehen. Eine Herausforderung wird gewiss auch die anstehende Tour am Ende des Jahres – Mavi Phoenix wird allein auf der Bühne stehen. „Ich bin immer nervös, deshalb trage ich bei Gigs auch oft eine Sonnenbrille“, lacht er, „man kann sich hinter nichts und niemandem verstecken, aber das wissen die Leute auch zu schätzen. Ed Sheeran schafft das ja auch.“

Tour durch Österreich
Im Herbst stellt Mavi Phoenix sein neues Album „Drama Cowboy“ dann auch live in Österreich vor. Am 3. Oktober in der ARGE Salzburg, am 6. Dezember im ppc Graz, am 10. Dezember im Wiener Flucc, am 11. Dezember in der Stadtwerkstatt Linz und am 12. Dezember in der Bäckerei Innsbruck.

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