Plan bis 2026

Tirol will EU-Lockerungen beim Thema Wolf nutzen

Tirol
18.06.2025 12:00

Nachdem die EU den Schutzstatus des Wolfes herabgesetzt hat, will das Land Abschüsse in Tirol neu regeln. Langfristiges Ziel ist ein staatenübergreifendes Wolfsmanagement. Der Verein Weidezone Tirol pocht auf eine schnelle Lösung, da sonst zunehmend größere Weidetiere gerissen werden könnten, Naturschützer verweisen hingegen auf den Nutzen des Wolfes.

Dass die EU den Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ herabgestuft hat, freut die Tiroler Landesregierung. Diese hat sogleich einen Beschluss gefasst: „Die neuen Möglichkeiten müssen wir nun gesetzlich verankern“, bekräftigte VP-Landeshauptmann Anton Mattle gestern bei einem Pressegespräch in Innsbruck-Arzl. Demnach sollen Schad- und Risikowölfe künftig entnommen werden, „bevor etwas passiert“, verdeutlicht LHStv. und Landwirtschafts-LR Josef Geisler (ÖVP).

Abschüsse bisher auf Verordnungsbasis
Seit 2023 dürfen Wölfe in Tirol per Verordnung zum Abschuss freigegeben werden, wenn ihnen Risse zugeordnet werden können. Acht Tiere wurden seitdem entnommen. Laut Zahlen des Landes gingen die Risse daraufhin stark zurück: Verzeichneten Tirols Landwirte 2022 noch 791 getötete oder vermisste Tiere, waren es ein Jahr später 432. 2024 gab es einen weiteren Rückgang auf 323. „Der Jagddruck hat bewirkt, dass die Tiere zurückgedrängt wurden“, bilanziert Josef Geisler.

LH Mattle (li.) und sein Vize Geisler skizzierten das weitere Vorgehen im Umgang mit dem Wolf.
LH Mattle (li.) und sein Vize Geisler skizzierten das weitere Vorgehen im Umgang mit dem Wolf. (Bild: Birbaumer Christof)

Im heurigen Almsommer soll die Verordnungslösung ein letztes Mal zur Anwendung gelangen, denn nun nehmen sich Experten und Juristen des Landes der Sache an. Konkret soll bis zum Beginn der Almsaison 2026 im Jagdgesetz verankert sein, dass Wölfe, die Risiken darstellen, schon vor einem Vorfall geschossen werden dürfen. Eine eigene Verordnung soll dafür dann nicht mehr nötig ist.

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Heuer gehen wir weiter den Verordnungsweg, rechtzeitig zur Almsaison 2026 gibt es dann eine neue gesetzliche Regelung.

Landeshauptmann Anton Mattle

Staatenübergreifende Zusammenarbeit gefordert
Längerfristig hat sich Tirol ein überregionales Wolfsmanagement samt Abschussquoten zum Ziel gesetzt. Dafür brauche es aber die Zusammenarbeit der Nationalstaaten, erklären Mattle und Geisler. Denn damit eine geschützte Art bejagt werden darf, braucht sie einen „günstigen Erhaltungszustand“, also eine ausreichende Anzahl von Tieren und einen großen, stabilen Lebensraum.

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Der Wolf hält sich nicht an Staatsgrenzen. Deshalb brauchen wir auch überregionale Lösungen für das Problem.

LHStv Josef Geisler

Staatsübergreifend würde die alpine Wolfspopulation, die sich über Frankreich, die Schweiz, Norditalien und Westösterreich erstreckt, diesen günstigen Erhaltungsstatus laut Land Tirol bereits erfüllen. Aktuell wird dieser aber auf Staats- und Bundesländer-Ebene vergeben. Die Landesregierung fordert eine Änderung, um die Populationen überregional betrachten zu können. Dazu laufen Abstimmungen in der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer (Arge Alp), der neben Tirol neun weitere Alpenregionen angehören, und in der großräumigeren EUSALP.

Einen Zieltermin für eine staatsübergreifende Lösung wollten Mattle und Geisler nicht ausgeben, letzterer gab sich aber zuversichtlich: „Wir haben gute Chancen, dass bis nächstes Jahr ein Beschluss möglich ist.“ 

Forderungen an Politik
Weidezone fordert Vorpreschen, WWF will Rückzug

Der Verein Weidezone Tirol sieht die Herabstufung des Schutzstatus des Wolfes positiv, fordert nun von der Politik aber rasches Handeln ein. Dass die Risse in den vergangenen Jahren um fast 60 Prozent abnahmen, führt Obmann Stefan Brugger nicht nur auf die Bejagung zurück, sondern auch darauf, „dass immer mehr Bauern aufhören oder Almen nicht mehr mit Nutztieren bestoßen werden“.

„Wo keine Schafe sind, reißt Wolf Rinder“
Das führe zu weiteren Problemen: „Wo keine Schafe mehr sind, reißt der Wolf Rinder“, fürchtet der Verein. „Weniger Stück, aber noch größere Schäden.“ Ein entsprechender Anstieg bei Rindern und Gatterwild sei österreichweit 2024 zu verzeichnen gewesen. 2025 berichtet das Land bisher 20 toten und 15 verletzten oder abgängigen Tieren, weitere Verdachtsfälle sind in Abklärung.

In den Augen von Brugger hat die hiesige Wolfspopulation einen günstigen Erhaltungszustand erreicht. Er fordert die Politik daher dazu auf, diesen auszurufen, wenn im Juli der entsprechende Bericht an die EU-Kommission fällig ist. Und: Wölfe ohne Verordnung schon vor einem Riss zu entnehmen, müsse in bestimmten Weidezonen immer möglich sein. Die dritte Forderung des Vereins lautet, sich im Jagdgesetz der Gefahr durch Bären stärker anzunehmen.

Der Verein Weidezone Tirol um Obmann Stefan Brugger (Mitte) begrüßt die Lockerungen der EU und ...
Der Verein Weidezone Tirol um Obmann Stefan Brugger (Mitte) begrüßt die Lockerungen der EU und fordert nun ein rasches Handeln der Politiker. (Bild: Birbaumer Christof)

WWF: „Wolf wichtig für Artenvielfalt“
Anders sieht die Sache freilich die Naturschutzorganisation WWF. Österreich sei von einem günstigen Erhaltungszustand weit entfernt. Im vergangenen Jahr verzeichnete der Bund 102 Wölfe, neunmal konnten Rudel nachgewiesen werden.

Der WWF sieht für die Lockerung des Schutzstatus keine fundierte Grundlage, sagt Christian Pichler vom WWF. Die Tiere seien zudem wichtig für die Artenvielfalt: „Sie verhindern die Ausbreitung von Krankheiten und stärken im Idealfall auch die wichtigen Schutzwälder, weil sie zu hohe Wildbestände reduzieren können.“

Die Naturschützer fordern die Politik zum Überdenken ihrer Entscheidung auf und plädieren für „wissenschaftlich gedeckte Lösungen“ wie Herdenschutz-Maßnahmen. Diese würden für Tirol laut LHStv. Geisler flächendeckend 20 Mio. Euro kosten. 

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