Große Verunsicherung herrscht derzeit bei vielen Menschen mit Behinderung in der Steiermark: Sie können persönliche Assistenten nicht mehr wie bisher als freie Dienstnehmer beauftragen. Nun wird befürchtet, dass diese vielfach das Handtuch werfen – oder das System deutlich teurer wird.
Es ist ein steirisches Erfolgsmodell: Menschen mit Behinderung erhalten auf Antrag ein persönliches Budget, mit dem sie sich eine persönliche Assistenz finanzieren können. Sie können mit diesen Personen selbst vereinbaren, welche Unterstützung im Alltag diese wann und wo leisten – seien es Einkäufe, die Begleitung bei Ausflügen oder Hilfe im Haushalt.
Menschen mit Behinderung sind so selbst- und nicht fremdbestimmt. Das Budget wird vierteljährlich im Vorhinein überwiesen, Belege und Rechnungen sind vorzulegen. Die meisten Betroffenen in der Steiermark haben mit ihren Assistenten freie Dienstverträge. „Das war für sie einfach zu handhaben“, heißt es vom Verein Wegweiser, der in dieser Angelegenheit berät und vermittelt.
Doch nun ist dem ein Riegel vorgeschoben. Wie die Landes-Sozialabteilung in einem Info-Schreiben mitteilt, akzeptiert die ÖGK keine freien Dienstverhältnisse mehr. Sprich: Assistenten müssen entweder ein Gewerbe anmelden oder bei den Auftraggebern direkt angestellt sein. Das kommt aber für die meisten nicht infrage, sagt Wegweiser-Obmann Alfons Rupp. Denn sie würden neben ihrem Studium in diesem Bereich arbeiten und die Flexibilität an diesem Job schätzen.
„Es herrscht Angst und Verunsicherung“
„Es herrscht Angst und Verunsicherung bei Menschen mit Behinderung“, betont Rupp. „Das System der Assistenz in der Steiermark, das viele Jahre gut funktioniert und auf gegenseitigem Entgegenkommen basiert hat, droht vollständig zu kippen.“ Denn selbst wenn nun ausreichend Assistenten als Angestellte weitermachen würden, wird das System teurer – und den Menschen mit Behinderung steht de facto weniger Geld zur Verfügung.
Die Freiheitlichen werden sich mit aller Kraft gegen eine zentralistische Regelung stellen, die bestehende Strukturen gefährdet.
Philipp Könighofer
Bild: FPÖ Stmk.
Hintergrund der aktuellen Entwicklungen sind Bestrebungen, das System österreichweit zu vereinheitlichen. Die Steiermark sieht dadurch ihr erfolgreiches Modell gefährdet, betont FPÖ-Sozialsprecher Philipp Könighofer. „Es braucht keine neuen bürokratischen Einheitslösungen aus dem Sozialministerium, sondern eine respektvolle Zusammenarbeit mit den Ländern – und vor allem mit den Betroffenen selbst.“ FPÖ-Bundesrat Peter Samt hat dazu auch eine Anfrage ans Sozialministerium gestellt.
ÖGK: Erlass wurde schon 2017 aufgehoben
Von der ÖGK heißt es auf Anfrage: „Assistentinnen und Assistenten arbeiten in persönlicher Abhängigkeit, damit unterliegen sie zeitlichen und örtlichen Bindungen wie auch den Weisungen der beauftragen Person.“ Daher habe das Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass es sich bei persönlicher Assistenz um ein echtes Dienstverhältnis handelt. Ein Erlass, der auch freie Dienstverhältnisse akzeptiert, sei bereits 2017 (!) widerrufen worden. Man zeigt sich eher erstaunt, dass das Land Steiermark erst heuer einen Brief ausgeschickt hat.
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