Wenn die öffentlichen Gläubiger auf die Rückzahlung von Griechenlands Schulden verzichteten, würden laut Soros private Investoren in das Land zurückkehren. "So könnte sich Griechenland rasch erholen", erklärte der Milliardär in einem am Montag veröffentlichten Interview mit "Spiegel Online". "Ich weiß aus Gesprächen, dass Privatanleger in das Land zurückkehren werden, wenn der öffentliche Sektor auf Rückzahlung von Schulden verzichtet, solange Athen die Bedingungen der Troika (die internationalen Geldgeber EU, EZB und IWF, Anm.) erfüllt", so der legendäre Investor, der mit einem geschätzten Vermögen von rund 20 Milliarden US-Dollar zu den reichsten Menschen der Welt zählt.
Der Schuldenstand des rezessionsgeplagten Landes wird nach Prognose der EU-Kommission in diesem Jahr auf 175 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung steigen. Soros forderte Deutschland auf, sich für einen Schuldenschnitt stark zu machen und bemühte zur Untermauerung seiner Forderungen Europas Geschichte: "Deutschland sollte sich daran erinnern, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg selbst dreimal von Schuldennachlässen und Stundungen profitiert hat, darunter auch von Griechenland."
Soros warnt vor Trend zu "Populismus und Extremismus"
Das französische Beharren auf hohen deutschen Reparationszahlungen habe nach dem Ersten Weltkrieg zum Aufstieg Adolf Hitlers beigetragen, so Soros weiter. "Rechtsextreme Gruppierungen wie Goldene Morgenröte in Griechenland sind damit natürlich nicht vergleichbar, der Trend geht aber in eine ähnliche Richtung: Populismus und Extremismus", warnte der Milliardär.
Soros appellierte an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine Kurskorrektur ihrer Politik vorzunehmen: "Die Situation, die sich aus der Krise ergeben hat, ist weder stabil noch tolerierbar. Sollte Deutschland nicht mehr Verantwortung übernehmen, wird es zum Auseinanderdriften und schließlich zum Zusammenbruch der Europäischen Union kommen. Das liegt auf keinen Fall im deutschen Interesse - und Europa wäre dann schlimmer dran als zu Beginn des europäischen Einigungsprozesses."
Regierung in Athen will Hilfskredite auf 50 Jahre strecken
Soros' Forderung nach einem Schuldenerlass kommt nur wenige Tage, nachdem die Regierung in Athen um weitere Schuldenerleichterungen gebeten und auch der IWF in diese Richtung gedrängt hatte. So wolle Athen einen Großteil seiner Kredite bei internationalen Geldgebern auf bis zu 50 Jahre strecken, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Wochenende. Ziel sei es, Kredite aus dem ersten Rettungspaket in die 50-jährige Anleihe zu tauschen, sagte ein mit den Überlegungen vertraute Regierungsvertreter - ohne sich zu einem möglichen Volumen zu äußern.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte zuletzt allerdings versichert, es werde keinen weiteren Schuldenschnitt für Griechenland geben. Ein solcher sei auch sicherlich nicht für die Zeit nach der Bundestagswahl geplant gewesen, betonte er gegenüber der "Wirtschaftswoche". Eine mögliche "Anschlussfinanzierung" nach Auslaufen des aktuellen Hilfsprogramms Ende 2014 hingegen wollte auch Schäuble nicht ausschließen. Ein weiteres Hilfspaket im kommenden Jahr hatte zuletzt auch ESM-Chef Klaus Regling in den Raum gestellt (siehe Story in der Infobox).
US-Hedgefonds wetten auf Erholung des Bankensektors
Als ein mögliches Zeichen dafür, dass es der griechischen Wirtschaft besser geht als allgemein wahrgenommen, werten unterdessen zahlreiche internationale Medien einen Zeitungsbericht, wonach Banken des Euro-Krisenlandes starkes Interesse von US-Hedgefonds auf sich gezogen hätten. So würden der Hedgefonds Paulson & Co des Milliardärs John Paulson und andere Firmen aggressiv in den angeschlagenen Sektor investieren und damit auf dessen Erholung wetten, berichtete die "Financial Times" am Sonntag.
Das Blatt zitierte Paulson mit den Worten, sein Fonds halte beträchtliche Anteile an der Piraeus Bank und der Alpha Bank. Beide verfügten demnach über eine gute Kapitalausstattung und ein gutes Management und befänden sich auf dem Weg der Besserung. Wegen des Engagements der Hedgefonds drängen der "Financial Times" zufolge große Geldhäuser die griechische Regierung, eine Reprivatisierung der Branche zu beschleunigen.
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