Bei 190 km/h
Video zeigt Horror-Crash von Santiago de Compostela
Laut ersten Untersuchungen der staatlichen Bahngesellschaft Renfe habe es an dem verunglückten Zug jedenfalls "kein technisches Problem" gegeben. Die teils völlig zerstörte Garnitur sei noch am Donnerstag einer technischen Inspektion unterzogen worden, erklärte Renfe-Präsident Julio Gomez-Pomar Rodríguez. Dabei habe man keine Unregelmäßigkeiten feststellen können.
Lokführer gab überhöhte Geschwindigkeit zu
Die Zeitung "El Pais" berichtete, dass der 52-jährige Lokführer bereits kurz nach dem Unglück über Funk durchgesagt habe, dass der Zug mit einer Geschwindigkeit von 190 Stundenkilometern in die Kurve gerast sei. Erlaubt sind an dieser Stelle jedoch nur 80 km/h. Weiters soll der Mann gesagt haben: "Ich hoffe, es gibt keine Toten, denn die gingen auf mein Gewissen."
Medien spekulieren darüber, dass der Lokführer, der wie sein Assistent nahezu unverletzt blieb, eine entstandene Verspätung aufholen wollte und daher raste. Interessanter Hintergrund ist, dass in Spanien die Lokführer besser bezahlt werden, je öfter sie pünktlich am Zielbahnhof eintreffen.
Äußerst variable Hochgeschwindigkeitszüge
Der bei Santiago de Compostela verunglückte Zug gehört zur Gattung der "Alvia"-Schnellzüge, die eine Besonderheit der spanischen Eisenbahn sind. An den Lokomotiven und den Waggons können die Achsenweiten ohne großen Aufwand umgestellt werden, sodass diese Züge fast ohne Zeitverlust von einem Netz auf das andere wechseln können.
Einige "Alvia"-Züge sind sogar so variabel, dass sie mit Strom wie auch mit Diesel angetrieben werden können. Sie erreichen Geschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometern und wurden entwickelt, um die Bahnverbindungen zu Städten zu verbessern, die noch nicht an das Netz für Hochgeschwindigkeitszüge angebunden sind.
Gewerkschaften nehmen Lokführer in Schutz
Gewerkschaften nehmen den erfahrenen Lokführer in Schutz und erklärten, dass das ungeeignete Tempokontrollsystem schuld an dem Unglück gewesen sei. Die Lokführer-Gewerkschaft SEMAF teilte mit, die Tragödie hätte mit dem modernen ERTMS-Tempokontrollsystem an der Unglücksstelle verhindert werden können. Da die 2011 eingeweihte Hochgeschwindigkeitsstrecke aber vier Kilometer vor Santiago - kurz vor der Unfallstelle - ende, sei das ältere ASFA-System im Einsatz gewesen, das den Zug beim Überschreiten der erlaubten Geschwindigkeit nicht immer automatisch abbremse. "Ideal wäre es gewesen, wenn man die Hochgeschwindigkeitsstrecke bis Santiago fertiggebaut hätte", sagte SEMAF-Generalsekretär Juan Jesus Fraile.
Die Eisenbahninfrastruktur-Behörde wies die Vorwürfe zurück und erklärte, im städtischen Raum und bei der Stationseinfahrt sei das ASFA das geeignete System.
80 Tote und rund 170 teils schwer Verletzte
Der Schnellzug war am Mittwochabend auf der Fahrt von Madrid zur Küstenstadt Ferrol im Nordwesten Spaniens in einer engen Kurve mit etwa 220 Passagieren an Bord entgleist. Bei dem Unglück etwa vier Kilometer vor dem Bahnhof der Pilgerstadt Santiago de Compostela starben 80 Menschen, etwa 170 weitere Personen wurden verletzt, 35 davon schwer.
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