Aus dem Jahr 1573

Das Geheimnis des ersten steirischen Kalenders

Steiermark
01.01.2025 06:00

Es war ein lukratives Geschäft, das die ledernen Geldbeutel kluger Männer schon vor mehr als 500 Jahren füllte: das Erstellen von Jahreskalendern, wie sie auch noch heute beliebt sind und ab dem ersten Tag des neuen Jahres in verschiedensten Varianten auf Schreibtischen und Kredenzen landen.  

Die Kalendermacher der frühen Neuzeit konnten mysteriöse Vorzeichen am Himmel und in ihrer Umwelt deuten und so detaillierte Prognosen für die Zukunft ihrer Zeitgenossen erstellen. Die Voraussagen für die kommenden Monate veröffentlichten sie in so genannten Almanachen, die ihnen die Leser förmlich aus den Händen rissen.

Diese Jahreskalender zählten wie auch die Gutenberg-Bibel zu den frühesten Druckwerken, die ab der Mitte des 15. Jahrhunderts landauf, landab kursierten und wahre „Bestseller“ waren – auch weil darin der bevorstehende Termin des Osterfestes bereits verraten wurde und die übrigen Feiertage und Namenstage penibel aufgelistet waren. Die Kalendermacher glänzten überdies mit ihrem astronomischen Wissen und bildeten die einzelnen Mondphasen in den Blättern ab.

(Bild: Steiermärkisches Landesarchiv)
So sieht Hieronymus Lauterbachs Grazer Almanach für das Jahr 1573 aus, der im Landesarchiv ...
So sieht Hieronymus Lauterbachs Grazer Almanach für das Jahr 1573 aus, der im Landesarchiv verwahrt wird.(Bild: Steiermärkisches Landesarchiv)

Die ersten Almanache waren Bestseller
Der erste Kalendermacher der Steiermark, Hieronymus Lauterbach, stammte aus Sachsen. Als junger Mann kam er nach Wien, wo er im Jahr 1555 Professor für Mathematik und Astronomie wurde und dazu 1556 noch sein Studium als Magister der Künste abschloss. 1560 erhob Kaiser Ferdinand ihn und seine drei Brüder – einer davon war sein Zwillingsbruder Johann – in den Adelsstand.

„Obwohl Lauterbach in Wien zuletzt Dekan der philosophischen Fakultät war, wollte auch er nicht auf die Einkünfte aus dem Kalendermachen verzichten und ließ mehrere Almanache drucken“, erklärt der Grazer Historiker Norbert Weiss. Das älteste noch erhaltene Exemplar ist der Wiener Kalenderdruck für 1562. „Auch Lauterbachs Übersiedlung nach Graz im Jahr 1561 hatte einen finanziellen Hintergrund, denn als Professor und Rektor der Lateinschule in Graz verdiente er doppelt so viel wie in Wien“, berichtet Weiss.

Als erster steirischer Landschaftsmathematiker musste Hieronymus Lauterbach nun in Graz Jahr für Jahr den Kalender erstellen. Die Lateinschule, an der er fortan lehrte, befand sich im Landhaus, wo sein Bruder Tobias Lauterbach eine Druckerei einrichtete.

Jahreskalender wurden im Grazer Landhaus gedruckt
„Möglich wurde dieses kostspielige Unternehmen durch ein Darlehen der Landstände. Lauterbach konnte hier künftig seine Kalender drucken lassen, auch nach dem Tod seines Bruders Tobias.“

„Der Allmechtige Gott wolle uns allen ein glücksäliges freudenreiches neues Jar verleihen, amen“ – mit diesen Worten schließt Hieronymus Lauterbach das Vorwort zu seinem in Graz gedruckten Almanach für das Jahr 1573, der im Steiermärkischen Landesarchiv verwahrt wird. Das Buch besteht aus zwei Teilen: einem Schreibkalender mit Monatsabschnitten und einem Praxisteil, bezeichnet als „Practica“, der die spannenden Prognosen beinhaltet. „Das Titelblatt des Werks zeigt links und rechts Allegorien von Theologie und Astronomie mit Zirkel und Sextant“, so Weiss.

Der Grazer Historiker Norbert Weiss
Der Grazer Historiker Norbert Weiss(Bild: Christian Jauschowetz)

Blättert man den Schreibkalender (vorsichtig) durch, erfährt man die günstigsten Zeitpunkte, und zwar für den Aderlass, das Baden, das Schröpfen, die Aussaat, die Einnahme von Arzneimitteln und das Kinderentwöhnen. Es folgen Namenstage, astronomische Angaben und Wetterprognosen, anschließend monatlich fünf Seiten als Notizkalender.

Lauterbach sagte Lesern Krieg und Frieden voraus
Damals wie heute hochinteressant: der Voraussage-Abschnitt des kostbaren Druckwerks. Der Inhalt: die Ankündigung einer Mondfinsternis am 8. Dezember 1573, Angaben über Fruchtbarkeit und Krankheiten sowie aktuelle Sternzeichen der einzelnen Länder (so standen Graz und die Steiermark etwa im Zeichen des Steinbocks). „Von Kriegshandlungen, fried und unfried“ heißt überdies ein Kapitel – Hieronymus Lauterbach verrät den Lesern anhand der Planetenkonstellation, ob ein gefährliches Jahr bevorstehe.

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