Tiananmen-Jahrestag

China: Gedenken an Massaker bleibt Tabuthema

Ausland
04.06.2013 13:02
Chinas Behörden haben am Dienstag - wie bereits in den vergangenen Jahren - mit harten Sicherheitsmaßnahmen ein öffentliches Gedenken an die blutige Niederschlagung der Proteste auf dem Tiananmen-Platz in Peking vor 24 Jahren verhindert. Bereits im Vorfeld hatte die Staatssicherheit Bürgerrechtler und Aktivisten wieder unter Hausarrest gestellt. Auf dem Platz des Himmlischen Friedens selbst patrouillierten am Jahrestag des Massakers Polizeiautos, uniformierte Beamte und Ermittler in Zivil.

Am Dienstag jährte sich der blutige Militäreinsatz der Volksbefreiungsarmee gegen die Studenten und ihren Ruf nach Freiheit und Demokratie zum mittlerweile 24. Mal. Die Behörden des Landes unternehmen alljährlich zum 4. Juni große Anstrengungen, um eine öffentliche Diskussion über die Ereignisse im Jahr 1989 zu verhindern.

So patrouillierten in der Verbotenen Stadt Sicherheitskräfte vor dem früheren Haus des verstorbenen kommunistischen Parteisekretärs Zhao Ziyang, der nach den Protesten wegen seiner kompromissbereiten Haltung unter Hausarrest gestellt worden war. Polizisten versperrten zudem den Zugang zum Wanan-Friedhof in der chinesischen Hauptstadt, auf dem Opfer des Massakers liegen.

Auch Zensur des Internets verschärft
Rund um den Jahrestag wurde auch die Zensur des Internets erneut verschärft (siehe Story in der Infobox). Die Suche nach Stichwörtern wie "Tiananmen" oder "Kerze" (mit denen der Opfer gedacht wird) war blockiert. Die Überwachung mehrerer prominenter Dissidenten wurde nach Angaben von Menschenrechtlern verstärkt. Seit Mitte vergangener Woche stellte die Staatssicherheit zudem Dutzende Aktivisten wieder unter Hausarrest.

Unter ihnen Qi Zhiyong. Schüsse verletzten ihn bei dem Massaker vom 4. Juni 1989 schwer. Er verlor ein Bein. "Solange ich lebe und die Gelegenheit habe, will ich den Menschen in der Welt die Wahrheit über das Tiananmen-Massaker berichten", so der heute 57-Jährige, der im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa erstmals nach einer Inhaftierung 2010 wieder sein Schweigen brach. Das Interview gab der Mann, bevor er im Vorfeld des Jahrestags erneut unter Hausarrest gestellt wurde.

"Mütter von Tiananmen" fordern gerechte Aufarbeitung
Er hatte sich dem Appell der Familien der Opfer des Massakers angeschlossen, die eine gerechte Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der chinesischen Geschichte fordern. Der lose Verbund der "Mütter von Tiananmen", wie sie genannt werden, beklagte in einem offenen Brief, dass die Hoffnungen auf politische Reformen durch die neue, jüngere Parteiführung enttäuscht worden seien.

Unter dem neuen Präsidenten Xi Jinping mache die Partei vielmehr "große Sprünge rückwärts in Richtung maoistischer Orthodoxie", so die 123 Unterzeichner. Die Familien dokumentierten bislang zumindest den Tod von 202 Menschen, zitierten zugleich eine Schätzung des chinesischen Roten Kreuzes, das kurz nach dem Massaker von 2.600 bis 3.000 Toten ausgegangen war.

Auf dem Platz des Himmlischen Friedens hatten Studierende, Menschenrechtsaktivisten und Arbeiter im Frühjahr 1989 für mehr Demokratie demonstriert. Die Regierung ließ die Kundgebungen am 4. Juni 1989 blutig niederschlagen, Panzer fuhren am Platz auf. Dabei wurden Hunderte, vielleicht sogar Tausende Menschen getötet. Peking veröffentlichte nie eine Opferzahl. Inoffizielle Schätzungen reichen von etwa 200 bis zu mehr als 3.000 Toten.

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