Vorstadt ausradiert

Oklahoma: Nach Sturmwarnung nur 16 Minuten Zeit

Ausland
21.05.2013 16:21
Es sind Bilder wie aus einem Endzeitfilm: In den Wohngebieten der US-Kleinstadt Moore hat ein Tornado nichts als Verwüstung übrig gelassen. Die Einwohner stehen in einem Trümmerfeld, das früher ihr Zuhause war, zwischen zersplitterten Häuserlatten und Wasserfontänen, die aus zerstörten Leitungen strömen. Mindestens 24 Menschen wurden getötet. Zahlreichen Einwohnern wurde dabei die extrem kurze Vorwarnzeit zum Verhängnis: Zwischen dem Heulen der Sirenen und dem Moment, als der Wirbelsturm eintraf, blieben nur 16 Minuten Zeit.

Zwar hatten Meteorologen Unwetter für den Montag vorausgesagt. Laut US-Medien habe es aber lediglich eine extrem kurze Vorwarnzeit vor dem Durchzug des Tornados gegeben. Daher hätten sich nicht alle Bewohner in Sicherheit bringen können. In ihrer Not suchten Menschen verzweifelt Unterschlupf, wo es ihnen auf die Schnelle sicher vorkam: So gibt es Berichte über Ärzte des total zerstörten Moore Medical Center, die sich in Kühlschränken versteckten.

Sarah Johnson, einer der rund 55.000 Einwohner der Vorstadt von Oklahoma City, musste aufgrund eines Asthmaanfalls ihrer Tochter ihr Haus verlassen und ins Spital rasen, während der Todessturm tobte, berichtete die Zeitung "New York Times". Im Krankenhaus angekommen, schützte sie ihre Tochter laut eigenen Angaben mit einer Matratze, unter welche sie die Dreijährige legte. Die beiden überlebten die 40 schrecklichsten Minuten ihres Lebens - so lange wütete der Tornado -, doch die Familie wurde möglicherweise dennoch auseinandergerissen: Johnsons Ehemann gehört nämlich zu den vermissten Personen in Moore und Umgebung.

Ganze Gebiete "einfach weggewischt"
Die Menschen, die in den wenigen Minuten Schutz in Kellern finden konnten, sammeln nun ihre Habseligkeiten aus den Trümmern ihres Besitzes, packen sie in Rucksäcke und Koffer, sie suchen Verwandte, Freunde und Nachbarn, die immer noch vermisst werden. Manche haben alles verloren. "Zahlreiche Wohngebiete wurden komplett dem Boden gleichgemacht", sagt ein Polizist aus Oklahoma City am Telefon der "New York Times". Manche Gebiete seien "einfach weggewischt worden".

Nach dem Sturm kamen die Menschen aus der Umgebung, um zu helfen. Allen fällt es schwer, das Ausmaß der Zerstörung zu formulieren. "Es ist so verheerend, dafür gibt es keine Worte", sagte etwa eine Mutter von drei Kindern, die sich mit ihrer Familie in einen Schutzkeller retten konnte, dem Sender Foxnews. Als sie die Warnung erhielten, seien sie gerannt, hätten im Schutzraum gewartet. Nun seien sie zu einer der zerstörten Schulen zurückgekommen, um Verschüttete zu suchen. "Wir haben versucht, so nahe wie möglich an die Stelle zu kommen, wo wir die Kinder von Freunden vermuten." Viele Schüler sollen noch unter dem Schutt des Gebäudes liegen.

"Chaos": Genaue Opferzahl noch unklar
Unter anderem aufgrund der zahlreichen Vermissten kann die Anzahl der Todesopfer derzeit noch nicht endgültig beziffert werden, sie wird laufend korrigiert. Am Dienstag konnte sie jedoch nach unten revidiert werden. "Wir haben gute Neuigkeiten. Nach derzeitigem Stand sind lediglich 24 Menschen ums Leben gekommen", erklärte Amy Elliott von der Gerichtsmedizin in Oklahoma City. Einige Leichen seien zuvor möglicherweise doppelt gezählt worden. "Es herrschte viel Chaos", erklärte die Sprecherin zur Begründung für die neuen Zahlen, nachdem zuvor sogar über 90 Tote befürchtet worden waren. Bis auf drei seien laut Elliott alle Leichen, darunter auch neun Kinder, identifiziert.

Experten befürchten, dass sich die Sturmfront, die nach wie vor durch den Mittleren Westen zieht, auch in den kommenden Tagen zu gefährlichen Tornados entwickeln könnte. "Dies ist noch lange nicht vorbei", warnte Bill Bunting, Sturmexperte bei der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde gegenüber CNN.

Obama verspricht rasche Hilfe für Betroffene
Präsident Obama rief den Notstand für die betroffene Region aus und versprach Unterstützung aus Washington. Die Regierung werde alle nötige Hilfe leisten, sagte Obama der Gouverneurin von Oklahoma, Mary Fallin, zu. Die Katastrophenschutzbehörde Fema habe ein erstes Hilfsteam geschickt, um die Behörden in Oklahoma zu unterstützen. Zusätzliches Personal und Hilfsmittel stünden bereit, auch die Nationalgarde werde eingesetzt.

Tornado fegte mit 320 km/h über Oklahoma City
Der tödliche Tornado war am Montagabend mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 320 Kilometern pro Stunde über Oklahoma gepeitscht. Außerhalb von Oklahoma City hinterließ er eine mehr als drei Kilometer breite Schneise der Verwüstung. In ganzen Straßenzügen wurden Gebäude völlig zerstört, Autos lagen aufeinander, nachdem sie durch den Sturm wie Spielzeug umhergewirbelt worden waren. Zehntausende Menschen seien laut CNN vorerst ohne Strom.

Erster "tödlicher Schlag" bereits am Sonntag
Bereits am Sonntagabend hatten Wirbelstürme in Oklahoma sowie in Kansas, Iowa und Illinois gewütet. Die größte Zerstörungswut hatte dabei ein Tornado im Gebiet um den Ort Shawnee etwa 50 Kilometer östlich von Oklahoma City entfaltet. Dort wurde ein Wohnwagenpark völlig verwüstet. "Es war ein tödlicher Schlag", sagte ein Anrainer, der mit seiner Frau und seinen Kindern in einem Keller Schutz gefunden hatte. Nach dem Sturm sei ihr Wohnwagen einfach nicht mehr da gewesen. "Alles ist weg", klagte der Mann.

In der vergangenen Woche war auch Texas von mehreren Tornados heimgesucht worden (siehe Video in der Infobox): Dabei kamen sechs Menschen ums Leben, rund 100 Einwohner wurden verletzt. Auch hier gab es Trümmerfelder mit eingestürzten Häusern und umgestürzten Lastwagen. Im März vorigen Jahres waren im Süden der USA bei einer Serie von über 100 Tornados mehr als 40 Menschen ums Leben gekommen.

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