Jubiläum für U-Bahn
London: Eine “Beleidigung des Verstands” wird 150
Als die U-Bahn der britischen Hauptstadt als erste der Welt eröffnet wurde, hatte die Metropole 3,2 Millionen Einwohner. Das neue Transportmittel sorgte rasch für eine massive Ausweitung des Stadtgebietes. Denn die "Tube" - benannt nach der runden Röhrenform ihrer Schächte und Züge - eröffnete die Möglichkeit, enge, heruntergekommene Behausungen in Londons überbevölkertem Zentrum zu verlassen und stattdessen in größere Wohnungen und Häuser mit Gärten in den Vorstädten zu ziehen.
Londons Pendler-Strom wuchs. Wo vorher kleine Dörfer standen, entwickelten sich bald kleine und größere Städte. Dieses Muster hielt Jahrzehnte an: Als 1926 die "Northern Line" bis zum damaligen Dörfchen Morden ausgebaut wurde, lebten dort 1.000 Menschen. Fünf Jahre später waren es 12.600. Ohne die "Tube" sähe London heute ganz anders aus.
Aus dem Chaos erwuchs die "London Underground"
In den ersten Jahrzehnten war die mehr oder weniger geordnete Linienführung, die heute jeder Tourist auf der "Tube-Map" bewundert, jedoch noch nicht vorhanden. Nach der "Metropolitan Line" eröffneten Schritt für Schritt weitere private Betreiber einzelne Linien. Dabei entstand ein ziemliches Chaos, das unter anderem dazu führte, dass es heute rund 40 ungenutzte Stationen gibt. Erst später wurden Verbindungsstrecken gebaut, eine gemeinsame Vermarktung als "London Underground" begann 1908.
Die allerersten Linien führten noch nicht so weit in die Tiefe. Gebaut wurde nach einem Verfahren, bei dem ein Graben ausgehoben und dann wieder überbaut wurde. Gefolgt wurde oft dem Straßenverlauf. Zahlreiche Menschen wurden im Rahmen dieser Bauprojekte gezwungen, ihre Häuser zu verlassen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann man dann, unter der Erde Tunnel zu graben - und öffnete damit ungeahnte Möglichkeiten zur Erweiterung des Netzes.
Tunnel rettete im Zweiten Weltkrieg Zigtausende Leben
Im Zweiten Weltkrieg rettete die Tiefe der Tunnel Zigtausende Menschenleben. Londons Bevölkerung nutzte die U-Bahn als Bunker und versteckte sich dort vor den deutschen Fliegerbomben. Die Schächte waren aber auch Verstecke für Kunstschätze. Das Militär richtete hier Kontrollzentren etwa für die Luftabwehr ein.
Doch die tiefen Tunnel bargen auch Gefahren. 1987 kamen bei einem Feuer in der Station King's Cross 31 Menschen ums Leben. Daraufhin wurden die Brandvorschriften verschärft und zahlreiche neue Sicherheitsregeln eingeführt. Unter anderem wurde das Rauchen in den Stationen verboten. Am 7. Juli 2005 erlebte London die schlimmsten Terroranschläge seiner Geschichte: In drei U-Bahn-Zügen und einem Bus gingen Bomben hoch, 52 Menschen wurden getötet.
Londons U-Bahn ist zweitlängste der Welt, ...
Heute ist Londons U-Bahn-Netz nach jenem von Shanghai das zweitlängste der Welt und wächst weiter. Es ist insgesamt 402 Kilometer lang und besteht aus elf Linien. 270 Stationen liegen entlang der Strecke. Zu den Hauptverkehrszeiten sind mehr als 525 Züge auf den Schienen. Jeder U-Bahn-Zug legt jährlich mehr als 184.000 Kilometer zurück. Es gibt 426 Rolltreppen und 164 Aufzüge in den Stationen. Derzeit wird eine neue Ost-West-Verbindung gebaut, Crossrail genannt. Sie soll neuer, größer, komfortabler und besser werden. Die Eröffnung ist für 2018 geplant.
... aber nicht mehr auf der Höhe der Zeit
Allerdings ist die "London Underground" längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Sicherheit, Leistungsfähigkeit, Komfort - der ratternden, stöhnenden, häufig verspäteten "Tube" merkt man an allen Ecken und Enden ihr hohes Alter an. Die Auf- und Abgänge sind viel zu eng, die Bahnsteige zu schmal. Nur wenige Stationen sind mit Sicherheitstüren ausgerüstet, um einen Sturz auf die Bahngleise zu verhindern.
Bis 2006 gab es sogar noch Rolltreppen aus Holz. Die Regierung hat bis 2036 die gigantische Summe von 16 Milliarden Pfund zur Verfügung gestellt, um die "Tube" auf Vordermann zu bringen. Mehr als sechs Milliarden sind bereits verbaut.
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