Auch Faymann dabei

Friedensnobelpreis 2012 in Oslo an die EU verliehen

Ausland
10.12.2012 13:50
Mitten in ihrer schwersten Krise ist die Europäische Union am Montag in Oslo mit dem Friedensnobelpreis 2012 ausgezeichnet worden. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Parlamentspräsident Martin Schulz und Ratspräsident Herman Van Rompuy nahmen den Preis stellvertretend für rund 500 Millionen Europäer im Beisein von zahlreichen EU-Staats- und Regierungschefs (Bild), darunter Bundeskanzler Werner Faymann, entgegen. Mit dem Preis ehrt das Nobelkomitee die Union für ihren Beitrag für ein friedliches und stabiles Europa.

Das Komitee unter seinem Vorsitzenden Thorbjörn Jagland begründete seine Entscheidung damit, dass die EU und ihre Vorläufer "mehr als sechs Jahrzehnte zur Verbreitung von Frieden und Aussöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa beigetragen" hätten.

"Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass wir nicht verlieren, was wir auf den Ruinen von zwei Weltkriegen aufgebaut haben", sagte Jagland bei der Verleihungszeremonie im Hinblick auf 80 Millionen europäische Opfer von Krieg und Extremismus im vergangenen Jahrhundert. "Frieden darf nicht als selbstverständlich angesehen werden. Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen." Europa müsse nach vorne schauen und das schützen, was bereits erreicht worden sei, meinte Jagland mit Blick auf die aktuelle Euro-Krise.

"Die Verbrüderung der Nationen vorantreiben"
Van Rompuy erklärte in seiner Dankesrede: "In einer Zeit der Unsicherheit erinnert dieser Tag die Menschen in Europa und in aller Welt an den fundamentalen Zweck der Europäischen Union: Die Verbrüderung der europäischen Nationen voranzutreiben, jetzt und in der Zukunft."

Am Festakt nahmen neben Faymann die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Staatschef Francois Hollande, Italiens Premier Mario Monti sowie die meisten anderen der 27 Staats- und Regierungschefs teil.

Nobelkomitee-Chef Jagland weist Kritik zurück
Die Zuerkennung des Preises an die Europäische Union war bei früheren Preisträgern und Menschenrechtsaktivisten auf Kritik gestoßen. Sie warfen Brüssel vor, nur allzu oft hinter den eigenen Prinzipien zurückzubleiben (siehe dazu Story in der Infobox). Auch der Zeitpunkt der Entscheidung wurde mit Blick auf die politischen Differenzen in der EU und gewaltsame Proteste gegen aktuelle Sparmaßnahmen kritisiert.

In einem Brief an die Stockholmer Nobelstiftung hatten ehemalige Preisträger im Vorfeld der Verleihung gar erklärt, dass die EU "eindeutig kein Vorkämpfer für den Frieden" sei, wie dies der Preisstifter Alfred Nobel in seinem Testament im Sinn gehabt habe. Die Entscheidung des Komitees verfälsche somit den Stifterwillen. Jagland hingegen wies sämtliche Kritik am Montag entschieden zurück. Demnach habe die Union maßgeblich zur "unglaublichen Aussöhnung" in Europa beigetragen.

Preis als "Appell an die politisch Verantwortlichen"
Der Preis sei aber auch als "Appell an die politisch Verantwortlichen in der EU" gedacht, erklärte Jagland. "Wir wollen an das erinnern, was mit der EU aufgebaut wurde, und auf die Gefahr hinweisen, dass dies wieder verloren gehen könnte." Es habe 60 Jahre gedauert, um die EU aufzubauen, eine Auflösung könne jedoch viel rascher geschehen. Wenn dieser Prozess erst einmal begonnen habe, sei er nur "schwer zu kontrollieren".

Wenn der Euro an der gegenwärtigen Krise zerbreche, gefährde dies auch den gemeinsamen Binnenmarkt, sagte der Norweger weiter. Die Folge wäre eine Rückkehr zu Protektionismus und Nationalismus. Entsprechende Tendenzen seien in den meisten EU-Staaten zu beobachten, fast überall gebe es Kräfte, die auf eine Auflösung der Union hinarbeiteten. Die Einwanderung etwa, die durch die weltweite Wirtschaftskrise noch verstärkt werde, sei eine "riesige Herausforderung" für die Gemeinschaft. "Dies öffnet die Tore für populistische und extremistische Kräfte." Mit dem Friedensnobelpreis ermahne das Nobelkomitee die EU zur Solidarität, betonte Jagland. Die Gemeinschaft müsse die wirtschaftlichen Probleme lösen und den Euro retten.

Die Europäische Union war 1958 von sechs Ländern, darunter den Kriegsgegnern Deutschland und Frankreich, zunächst als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet worden. Inzwischen wuchs die Union auf 27 Mitgliedsstaaten an. Im Sommer 2013 soll Kroatien als 28. Land aufgenommen werden.

Preisgeld für Kinder, "die Opfer von Konflikten sind"
Die EU will das Preisgeld von acht Millionen Kronen (930.000 Euro) in Projekte zur Hilfe für Kinder in Kriegen oder Konflikten investieren. "Nachdem Kinder die Zukunft einer jeden Gesellschaft und zugleich die Verletzlichsten sind, soll die Friedensdividende, die die Europäische Union erhält, in diese Kinder 'investiert' werden, die Opfer gewaltsamer Konflikte sind", teilte die EU-Kommission mit. "Das Preisgeld soll zuerst der Hoffnung für die Zukunft zugutekommen, aber auch den ersten Opfern von gegenwärtigen und vergangenen Konflikten: Kindern."

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