Mangel in Steiermark

Spitäler: Unbesetzte Ärzte-Posten verdreifacht

Steiermark
12.03.2024 13:00

Viele Teilzeitbeschäftigte, die nahende Pensionswelle und ein millionenschweres Stipendien-Programm als Rohrkrepierer: Die Steiermark kämpft mit dem Thema Ärztemangel. Ein neuer Rechnungshofbericht zeigt jetzt: Die Kages konnte nicht sagen, wie viele Ärzte die Ausbildung abgebrochen haben und wieso. Die unbesetzten Dienstposten haben sich außerdem verdreifacht – in nur vier Jahren. 

Es gibt immer mehr Ärztinnen und Ärzte, aber immer weniger arbeiten in Kages-Spitälern und mit Kassenverträgen. Das ist nichts Neues, und doch stellt ein am Dienstag veröffentlichter, fast 160 Seiten langer Prüfbericht des Landesrechnungshofes das Problem anschaulich dar.

Ein Drittel der Kages-Fachärzte gehört demnach der „Babyboomer“-Generation an, die auf die Pension zusteuert. Die Folge: Zwischen 2018 und 2022 sank der Besetzungsgrad der Arzt-Dienstposten von 97 auf 92 Prozent. Die unbesetzten Posten haben sich verdreifacht!

In vier Krankenhäusern konnten sogar mehr als zehn Prozent der offenen Posten nicht besetzt werden:

Besetzungsgrade in Kages-Häusern 2022 (gerundet)

  • LKH Rottenmann-Bad Aussee: 71 %
  • LKH Murtal: 85 %
  • LKH Hartberg: 89 %
  • LKH Hochsteiermark: 89 %

Den besten Besetzungsgrad hat das LKH Graz Süd-West mit 99,5 Prozent, gefolgt vom LKH Feldbach-Fürstenfeld mit 97 Prozent.

Intransparente Teilzeitarbeit
Laut dem Bericht arbeitet knapp ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte in Teilzeit: 741 Teilzeitkräfte stehen 1663 Vollzeit-Ärzten gegenüber. Von den Teilzeitkräften sind 551 Frauen, also fast drei Viertel, und 190 Männer. Im Prüfungszeitraum ist der Anteil der Teilzeitarbeitenden von 28 auf 31 Prozent gestiegen.

Zitat Icon

Der Landesrechnungshof stellt fest, dass sämtliche Auswertungen über teilzeitbeschäftigtes ärztliches Personal Informationen über den Hintergrund der jeweiligen Reduzierung des Beschäftigungsausmaßes offenließen.

Landesrechnungshof Steiermark (2024): Prüfbericht Ärztinnenausbildung/Besetzung von Ausbildungsposten in der KAGes, Seite 127

Woran liegt das? Das ist das Problem, das der Rechnungshof kritisiert: Die Kages erhebt nicht, aus welchen Motiven die Ärzte Stunden reduzieren. Ob wegen Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen, aus Freizeitgründen oder weil sie neben der Arbeit im Spital noch eine lukrative Privat-Ordination betreiben. Das ist seit 2015 erlaubt.

„Aufgrund der großen Anzahl an offenen Dienstposten innerhalb der Kages sieht der LRH diese Nebenbeschäftigungen als äußerst kritisch an“, heißt es dazu. 

Dazu kommt, dass sich die Austritte (also Kündigungen) der Ärzte von 2020 auf 2022 um 28 Prozent gesteigert haben. Bei den Fachärzten ist der Anstieg noch merklicher: 45 Prozent mehr verließen 2022 Kages-Häuser, nämlich 97 Personen.

Für Kritik sorgt auch, „dass die Kages keine exakten Angaben über absolvierte Basisausbildungen, Spitalsturnusse in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner und über absolvierte Fachärzteausbildungen machen konnte. Hier empfiehlt der LRH, ein konkretes Monitoring zu betreiben“.

Stipendien-Programm beschäftigt Politik weiter
Auch das neun Millionen Euro teure Stipendienprogramm des Landes Steiermark in Kooperation mit der Sigmund-Freud-Privatuni Wien sorgt weiterhin für Gesprächsstoff. 60 Studierende, 20 jährlich ab 2022/23, sollten während des sechsjährigen Studiums finanziell unterstützt werden und dann für zehn Jahre an ein Kages-Haus gebunden werden (beziehungsweise nach ihrer Turnus- und Facharztausbildung an eine Kassenstelle). 

„Warum die Ausbildungsoffensive des Landes Steiermark ursprünglich nicht mit einer örtlichen Einrichtung, wie etwa der Medizinischen Universität Graz, sondern mit einer Privatuniversität in Wien erfolgt, ist für den LRH nicht nachvollziehbar“, heißt es.

Laut dem Bericht hat die Kages zudem kein Mitspracherecht bei der Auswahl der Stipendiaten, sondern nur die SFU. Der LRH empfiehlt deswegen, „in der gegenständlichen Kooperation mit der Sigmund Freud Privat Universität Wien Auswahlkriterien vorzugeben und zumindest ein Einspruchsrecht für ausgewählte Stipendiatinnen auszuverhandeln“.

Teure Fachärzte
25.000 Euro pro Jahr oder 150.000 Euro insgesamt kostet dem Land Steiermark ein Studienplatz. Fertig ausgebildete Fachärztinnen bringt das Programm frühestens 2034 hervor. Von den zehn Jahren Bindung an die Steiermark nach Studienabschluss fallen sieben in die Ausbildungszeit. Als Fachärzte seien die Stipendiaten nur drei Jahre gebunden. Das sind „verhältnismäßig hohe Kosten“, befindet der Rechnungshof.

Kornhäusl: „Wir arbeiten daran“
ÖVP-Gesundheitslandesrat Karlheinz Kornhäusl sagt in einer Reaktion auf den RH-Bericht gegenüber der „Krone“: „Der Bericht bestätigt, was ich kenne und eh anspreche. Ich will auch nichts schönreden. Wir versuchen jeden Tag, das Gesundheitssystem besser zu machen.“

Mittlerweile gebe es in der Kages mehr Eintritte als Austritte, sowohl bei Ärzten als auch in der Pflege. Zur Regelung der Nebenbeschäftigungen sagt Kornhäusl: „Das haben Kammer, Zentralbetriebsrat und Kages vor Jahren verhandelt. Ein Verbot könnte dazu führen, dass der Kollege dann komplett kündigt.“

Turnus und Facharztausbildungen seien „kein starres System, und das ist auch gut so“. Viele fingen mit einer Allgemeinmediziner-Ausbildung an und wechseln dann in eine Facharzt-Stelle, wenn diese frei werde. Die Kages wisse aber, wo welche Stellen verfügbar seien.

FPÖ kritisiert Kages-Führung
Die Freiheitlichen griffen die Kritik an der Kages und Landesregierung auf. „Insgesamt zeichnet der Prüfbericht ein alles andere als kompetentes Bild der Kages-Führung“, sagt Gesundheitssprecher Marco Triller.

Auch die Grünen schlagen in dieselbe Kerbe: „Die Tatsache, dass es keine zentrale Evidenz über Ausbildungsstätten, offene und besetzte Ausbildungsstellen sowie Dienstposten innerhalb der Kages gibt, zeigt, dass wir in der Ausbildungs- und Personalplanung im Blindflug unterwegs sind“, sagt Gesundheitssprecher Georg Schwarzl.

Die KPÖ ist sich sicher, dass der Ärztemangel „hausgemacht“ sei: „Während Krankenhäuser geschlossen werden, florieren teure Privatkliniken und Wahlarztordinationen. Neos fordern einen Vollzeitbonus für Mediziner.

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