Seilbahner vor Gericht

Hätte man eisige „Todespiste“ sperren müssen?

Tirol
06.03.2024 07:00

Eine tödlich verunglückte Holländerin (28) und sieben verletzte Skifahrer innerhalb von einer halben Stunde! Nach einem Horrortag Anfang 2023 saßen nun der Chef eines Tiroler Skigebietes und zwei Mitarbeiter wegen grob fahrlässiger Tötung in Innsbruck vor Gericht.

„Es war ein schwarzer Tag für die Zillertaler Gletscherbahn“, bedauerte der Verteidiger der drei Angeklagten. Seine Mandanten – der Geschäftsführer (68) und zwei Pistenraupenfahrer (34, 24) – haben es laut Anklage verabsäumt, am Neujahrstag 2023 in Hintertux die extrem eisige Talabfahrt „Schwarze Pfanne“ zu sperren bzw. die Anweisung dazu gegeben zu haben.

„Bei einer Kontrollfahrt mit dem Ski-Doo habe ich gemerkt, dass die rote Piste trotz milder Temperaturen sehr rutschig war. Wir haben dann diskutiert, ob wir sie sperren sollen, aber es war eben nicht eindeutig“, erklärte einer der beiden Raupenfahrer. Man habe den Betriebsleiter informiert, dass sich jemand das Steilstück anschauen soll – doch dann war es bereits zu spät.

Sperren meist nur bei großen Neuschneemengen
„Totalsperren kommen sehr selten vor“, gab der Geschäftsführer zu Protokoll. Und zwar lediglich bei „großen Neuschneemengen“. An den folgenschweren Unfalltag erinnerte er sich genau: „Nacht und Tag waren ausnehmend mild.“ Ihm selbst seien an diesem Tag die besonderen Pistenverhältnisse aber so gar nicht zu Ohren gekommen. „Die Mitarbeiter können die Pisten aber an sich sofort sperren, wenn Gefahr in Verzug ist“, strich er heraus. Schriftliche Dienstanweisungen über einen korrekten Dienstweg gebe es aber nicht. Auch Kontrollfahrten seien ordnungsgemäß durchgeführt, sowie die Absicherung des Steilstücks ordnungsgemäß erfolgt gewesen.

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Es war pures Eis.

Ein Zeuge

Insgesamt 17 Zeugen - einige davon wurde bei der Abfahrt zum Teil erheblich verletzt, viele kamen aber trotz Fahrproblemen heil ans Ziel - beschrieben im Anschluss wortreich und zum Teil bildhaft die Beschaffenheit des Steilstücks bei der Talabfahrt, auf dem sich der tödliche Unfall ereignete. „Es war pures Eis“, sagte etwa der Lebensgefährte der Freundin der verunglückten 28-jährigen Frau.

Urlauber teils mit schlechtem Material unterwegs
Die Piste habe sich innerhalb kürzester Zeit aber offenbar verändert. „Nahezu ausgeschlossen, dass diese ,Metamorphose der Schneedecke‘ den Mitarbeitern hätte auffallen können“, meinte der Verteidiger. Laut einem Sachverständigen waren einige zum Teil unerfahrene Skiurlauber auch mit Brettln in äußerst schlechtem Zustand unterwegs.

„Absolute Ausnahmesituation“
In seiner mehr als halbstündigen Urteilsbegründung führte Richter Norbert Hofer aus, dass man nicht von einer Sorgfaltsverletzung der Mitarbeiter ausgehen könne, sondern müsse auch von einem „außergewöhnlichen Winter mit wenig Schnee und schwierigen Wetterverhältnissen“ ausgehen. Zur Vereisung der Piste sei es tatsächlich erst in der Früh vor der Öffnung der Skipisten gekommen, weshalb auch zusätzliche und noch genauere Kontrollfahrten nichts an der Situation geändert hätten. „Alles in allem war es eine absolute Ausnahmesituation“, meinte Hofer, der unter anderem argumentierte, dass auch die Sicherungsmaßnahmen am Steilstück, wie zum Beispiel das dort vorhandene Fangnetz, zum Unfallzeitpunkt ausreichend gewesen seien. Am Ende gab es drei Freisprüche im Zweifel.

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