16-Jährige getötet

Anschlag in Italien: Anarchisten oder Mafia als Urheber?

Ausland
19.05.2012 19:01
Vor einer Schule in der süditalienischen Hafenstadt Brindisi sind am Samstagvormittag drei Sprengkörper explodiert. Dabei kam eine 16-jährige Schülerin ums Leben. Fünf weitere der rund 600 Jugendlichen, welche die Modeschule besuchen, wurden verletzt - drei davon befinden sich in kritischem Zustand. Die Ermittler rätseln um die Motive des Anschlags und schließen weder die Mafia noch Anarchisten als Urheber aus. Die italienische Innenministerin Annamaria Cancellieri bezeichnete die Tat als einen Akt von "Grausamkeit ohne Gleichen".

Laut den Ermittlern haben drei miteinander verbundene Gasbomben, die unweit einer Mauer vor der Schule gefunden wurden, die Explosionen verursacht. Die Sprengkörper explodierten, als sich mehrere Schüler vor Beginn des Unterrichts beim Eingang aufhielten. Ein 16-jähriges Mädchen kam dabei ums Leben, die Verletzten wurden sofort ins Spital eingeliefert.

Bei der betroffenen Schule handelt sich um die Francesca-Morvillo-Falcone-Berufsschule. Das Institut bildet eigenen Angaben zufolge Fachleute für die Mode- und Tourismusbranche aus und wird von rund 600 Schülern, überwiegend Mädchen, besucht. Nach dem Anschlag wurden alle Schulen in Brindisi evakuiert.

"Mit dem Anschlag wollte man töten. Die Gasbomben sind gerade zum Zeitpunkt explodiert, als die meisten Schülerinnen die Schule erreichten", sagte Schuldirektor Angelo Rampino. Nach den Detonationen, die über weite Teile der Adria-Hafenstadt gehört wurden, brach Panik unter den Schülern aus. Einige Lehrer, die sich unweit des Schuleingangs befanden, leisteten den Verletzten Erste Hilfe. "Die Schüler sind geschockt", berichteten die Rettungskräfte.

Mafia für Anschlag verantwortlich?
Die Hintergründe des Anschlags liegen noch im Dunkeln. Der Bürgermeister von Brindisi, Cosimo Consales, machte jedoch die Mafia für das Drama verantwortlich. "Es handelt sich um einen Angriff der organisierten Kriminalität ohne Gleichen", kommentierte er.

Eine Verbindung zur Mafia besteht zumindest durch den Namen der Berufsschule: Sie ist nach der Ehefrau des bekannten Mafia-Jägers Giovanni Falcone, Francesca Morvillo, benannt. Falcone war am 23. Mai vor 20 Jahren mit seiner Frau und drei Leibwächtern bei einem Mafia-Attentat in Sizilien getötet worden.

Der sizilianische Staatsanwalt Alfredo Morvillo, Bruder von Falcones Ehefrau, ist jedenfalls überzeugt, dass die Mafia hinter dem Anschlag steckt: Die Tatsache, dass die Schule, die ins Visier der Attentäter geraten sei, seiner Schwester gewidmet ist, sowie der bevorstehende 20. Jahrestag des Anschlags, bei der Morvillo und ihr Ehemann ums Leben gekommen waren, seien klare Zeichen, dass die Mafia ihre Finger mit im Spiel habe.

"Viele Hypothesen, aber keine Sicherheit"
"Es gibt viele Hypothesen, aber keine Sicherheit", betonte hingegen Innenministerin Cancellieri. Man könne noch nicht feststellen, ob es sich um einen Mafia-Anschlag handle. Ex-Innenminister Virginio Rognoni schloß einen Mafia-Anschlag aus: "Die Mafia hat kein Interesse, Bomben zu legen. In diesen Zeiten wickelt sie ihre Geschäfte auf internationaler Ebene ab." Mehrere Ermittler hoben zudem hervor, es sei für die Mafia untypisch, gezielt Minderjährige zu töten.

Die Ermittler schließen nicht aus, dass terroristische Gruppen am Werk sein könnten. Seit Tagen herrscht in Italien Terroralarm (siehe Infobox). Vergangene Woche war der Geschäftsführer der Atomfirma Ansaldo Nucleare, Roberto Adinolfi in Genua auf offener Straße angeschossen worden. Der Manager wurde am Bein operiert. Die italienische Untergrundorganisation "Informelle Anarchistische Föderation" (FAI) hatte sich zu dem Anschlag bekannt. Daraufhin waren die Sicherheitsvorkehrungen verschärft worden.

"Geschlossen auf die Gewalt reagieren"
Politiker aus allen Lagern verurteilten den nunmehrigen Anschlag in Brindisi. Staatspräsident Giorgio Napolitano appellierte an die Sicherheitsbehörden, alles Erdenkliche gegen umstürzlerische Kräfte im Land zu unternehmen. Auch der Vatikan verurteilt den Anschlag. "Ganz Italien muss geschlossen auf die terroristische Gewalt reagieren", forderte Sprecher Federico Lombardi. Noch am Samstag wurden in ganz Italien spontane Solidaritätskundgebungen ausgerufen.

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