Einen Tag vor dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am Samstag hat die „Krone“ im Wiener Landl „kleinere“ Prozesse verfolgt, wie sie leider an der Tagesordnung sind. Für die weiblichen Opfer ist der Gang in den Zeugenstand schwer, zumal die Täter selten geständig sind.
Gebückt betritt ein Pensionist den Saal 36, ihm fehlen bereits die Zähne. Vom Anschein des netten alten Mannes bleibt aber nicht mehr viel übrig, als die Staatsanwältin die Vorwürfe gegen den 78-Jährigen vorträgt: Er bot einer jungen Frau - sie war erst 24 - im Juli einen Job als Reinigungskraft an, lockte sie so in seine Wohnung in Wien-Simmering.
„Er hat dem Opfer unter das T-Shirt auf die Brüste gefasst und versucht, ihre Hose auszuziehen“, so die Anklägerin über den Vergewaltigungsversuch des älteren Herrn. Der möchte vor Gericht nichts dazu sagen, streitet bei seiner Festnahme aber ab, die Frau überhaupt zu kennen.
Verteidiger Philipp Winkler: „Meiner Meinung nach ist er dement.“ Das eingeholte psychiatrische Gutachten kann das nicht bestätigen.
Die 24-Jährige erinnert sich im Zeugenstand an den schrecklichen Vorfall: „Er wollte mich ausziehen und hat mich überall angegriffen. Er hat gesagt, dass er Sex will, hat mich festgehalten. Ich habe mich gewehrt.“ Das belegen DNA-Spuren.
Der Schöffensenat verurteilt ihn wegen versuchter Vergewaltigung zu 24 Monaten teilbedingter Haft - davon drei im Gefängnis. Ausschlaggebend für die sehr milde Strafe: Das Opfer wurde zum Glück nicht verletzt. Und das höhere Alter des 78-Jährigen.
Schläge an Weihnachten: „Alkoholisiert ist er unberechenbar“
Leider ein Klassiker in Prozessen um Gewalt gegen Frauen: die Täter-Opfer-Umkehr. So auch am Freitag in Saal 14. „Sie ist auf mich losgegangen, war wieder mal betrunken. Ich verstehe nicht, warum sie sich das ausdenkt“, bekennt sich Markus C. nicht schuldig. Zu Weihnachten soll er seiner Lebensgefährtin aufs Schienbein geschlagen und sie mit dem Tod bedroht haben.
Ich habe den ganzen Tag Kekse gebacken. Sie war in der Arbeit. Die Vorwürfe sind aus der Luft gegriffen.
Der angeklagte Markus C. leugnet vor Gericht alles.
„Er sagte ,Ich bring’ deine Familie um. Und dich dazu‘, so wie er es immer gemacht hat. Das war Standard“, so das Opfer, das vor der Verhandlung aus Angst vor dem Wiener um die Ecke wartete. „Nüchtern ist er ein ruhiger Mensch. Alkoholisiert ist er unberechenbar.“ Der Angeklagte will davon nichts wissen: „Am 24. Dezember hab‘ ich den ganzen Tag Kekse gebacken. Das ist mein Hobby.“
Aber: Wegen Gewalt und Drohungen gegen die Frau verbüßte er bereits zwei Jahre in Haft. Diesmal kommt er mit einem Jahr, neun Monate davon bedingt, davon. Warum er nach der Entlassung wieder bei ihr wohnen durfte, will die Richterin vom Opfer wissen: „Ich brauch’ sehr lange, bis es aus ist. Dabei hätt‘ ich früher jeden Tag die Polizei holen können ...“
Tochter mit Lineal und Kochlöffel bestraft
Wieder Saal 14 im Wiener Landl. Auf der Anklagebank sitzt ein gut gekleidetes Ehepaar. Es geht um die Erziehungsmethoden des Familienvaters, der gegen seine vier Kinder fortgesetzt Gewalt ausgeübt haben soll. „Die Tochter hat eine depressive Störung, die durch die väterlichen Handlungen begünstigt wurde“, so das Gerichtsgutachten.
Die Vorwürfe: Sie musste als Strafe in der Ecke stehen, bekam Schläge mit Plastiklineal oder Kochlöffel auf die Hände und wurde geohrfeigt. Auch habe ihr der Vater gedroht, ihr die Zunge und die Finger abzuschneiden. Die mit angeklagte Ehefrau habe nur zugeschaut.
„Das Mädchen ist den Drogen verfallen. Mein Sohn hat sie oft halb tot auf den Armen nach Hause gebracht“, schützt die Großmutter den Angeklagten. Verteidiger Peter Philipp erreicht rein bedingte Freiheitsstrafen wegen Quälens Unmündiger: 22 Monate für den Vater, 15 Monate für die Mutter.
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