Andreas Vitásek

Kabarett-Karten auf Krankenkasse

Bühne
21.11.2023 06:10

Publikumsliebling Andreas Vitásek feiert heute Premiere im Rabenhof mit seinem neuen Programm „Spätlese“: Zeitenwende aus der Sicht eines satirischen Einzelgängers!

(Bild: kmm)

„Krone“: Sie stehen seit einem Vierteljahrhundert auf der Bühne: Wie hat sich Ihrer Meinung nach Kabarett verändert?
Andreas Vitásek: Als ich Anfang der 80er Jahre anfing, waren meine Programme sehr pantomimisch und körperbetont. Später hat sich dann daraus eine neue Spielart entwickelt: Nicht mehr dieses rein politische Kabarett, wo einer vorn steht und erklärt, wie's sein soll, sondern es wurden persönliche Themen immer wichtiger und aus der Reflexion über das Persönliche ist dann im besten Fall etwas Allgemeingültiges entstanden. Und das hat sich insofern nicht verändert zumindest bei mir jedenfalls nicht, weil ich nach wie vor so arbeite: Ich nehme privates Beobachten und Details aus dem Alltag her und versuche das auf eine höhere Ebene zu heben.

Sind die Themen unserer Zeit in Sachen Wichtigkeit und Intensität vergleichbar mit jenen vor 25 Jahren?
Nein, wir leben in ganz anderen Zeiten! Ich bin in einer Zeit der Boomer-Generation aufgewachsen, wo alles immer ein bissl besser geworden ist: Die Freiheiten haben immer mehr zugenommen, das Leben ist bequemer geworden, und dann gab es auf einmal den Punkt, wo es gebremst hat und fast jetzt wieder rückläufig ist. Die Freiheiten nehmen wieder ab, die Lebensqualität nimmt ab, die Angst nimmt zu. Eine Bewegung die für mich neu ist. Es begann 2008, da war dieser Knackpunkt mit der Bankenkrise. Da war plötzlich klar, wir bewegen uns auf dünnem Eis, auf einmal hat man gesehen, dass Geld eine flüchtige Materie ist. Und dann 2015 die Flüchtlingskrise, die unsere Gesellschaft gespalten hat bis in die Freundeskreise und Familie hinein. Und dann kam Corona, dann der Ukraine-Krieg und jetzt im Nahen Osten der nächste Krieg. Hinzukommen heute die sozialen Medien, die das Gefühl der Bedrohung noch größer machen.

Warum heißt Ihr 14. Programm „Spätlese“?
Ich wollte nicht den Wein thematisieren, aber wollte etwas Sinnliches dabei haben, etwas Herbstliches, Stichwort Herbst des Lebens, ich bin ja 67. Aber ich wollte nicht, dass das Ganze etwas Graues, Depressives bekommt. Aber bei der Spätlese ist noch Sonne dabei und die Süße in den Trauben.

Mit welchem Gefühl soll das Publikum aus dem Programm gehen?
(lacht) hoffentlich mit einem guten! Ich habe doch auch den Ehrgeiz und das ist auch, glaube ich, die Aufgabe von Satire und Kabarett, die Leute nicht nur einzulullen, wie es die Schlagerwelt macht. Man soll schon rausgehen mit dem Gefühl, dass einem nicht Augen und Ohren verpickt wurden, dass man nicht belogen wurde und einem nichts vorgemacht wurde. So ein bissl ein positiver Umgang mit der Realität, die eh schwierig genug ist im Moment.

Wie schreiben Sie ihre Programme, gibt’s da einen Rhythmus?
Ja, ich schreibe immer alle zwei bis drei Jahre ein neues Programm, dieser Rhythmus ist von Corona durcheinander geworfen worden. Das letzte Programm liegt fünf Jahre zurück. Ich habe aber dem „Herrn Karl“ eingeschoben und ein Buch „Ich bin der Andere“, ein Selbstporträt geschrieben.

. . .und Sie haben die künstlerische Leitung in Güssing übernommen!
Ja, Frank Hoffmann hat zu Lebzeiten schon zur mir gesagt, er hätte gern, dass ich es weitermache, und da es mich immer mehr ins Burgenland zieht, plane ich nun dort ein Kabarett-Festival mit einem Satire-Zentrum. Jetzt bin ich also auch Intendant, mit allem, was dazugehört inklusive Intendanten-Hund.

Zur Person

  • Andreas Vitásek wurde am 1. Mai 1956 in Wien-Favoriten geboren
  • Ab 1974 studierte er Theaterwissenschaften und Germanistik in Wien
  • Von 1978 bis 1980 besuchte er die Theaterschule von Jacques Lecoq in Paris
  • Seit 1981 als Kabarettist, Regisseur und Schauspieler tätig, spielte in zahlreichen Filmen („Müllers Büro“)
  • 2022 erschien seine Autobiografie „Ich bin der Andere: Ein Selbstporträt“
  •  Heuer übernahm er als Nachfolger von Frank Hoffmann die Intendanz des Kultursommers Güssing

Nach „Herbst des Lebens“ und Pension klingt das aber nicht!
Eigentlich habe ich mir gedacht, ich geh’ mit 65 in Pension, dann kam die Pandemie, und das war so ein Vorgeschmack aufs Nichtstun. Da habe ich mir gedacht: Nein, Verordnen lass ich es mir nicht, wenn, dann will ich selber bestimmen … und jetzt (lacht) mach ich mehr denn je!

Sie haben so ein freundliches, lachendes Gesicht, lachen Sie viel?
Ich versuche schon, das Leben heiter zu sehen. Wie es der Karl Valentin gesagt hat: „Ich freu mich, wenn es regnet, weil wenn ich mich nicht freu, regnet es trotzdem“. Aber Lachen ist gesund, man sollte Kabarett-Karten auf Krankenkasse kriegen.

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