18 Jahre Haft

Täter rutschte nach Halsstich in Blutlache aus

Gericht
08.11.2023 18:10

„Das Blut ist aus seinem Hals gespritzt“, sagt sogar der Angeklagte im Wiener Landesgericht vor der Richterin. Einen alten Bekannten verletzte er lebensbedrohlich mit einem Klappmesser. Während die Staatsanwaltschaft von einem geplanten - beim Versuch gebliebenen - Mordanschlag spricht, will der 36-Jährige nur aus Notwehr gehandelt haben. Das glauben ihm die Geschworenen aber nicht.

Den Teppich eingerollt und in Plastik verpackt, den Couchtisch auf die Seite geschoben und ein schwarzes Tuch auf dem Boden ausgebreitet. So soll ein 36-Jähriger sein Wohnzimmer präpariert haben, eher er einen alten Bekannten am 9. April zum Tee einlud. Und ihn zuerst mit einer Eisenstange attackierte, dem 37-Jährigen dann ein Messer in den Hals rammte. 

Sozialpädagoge kann sich Angriff nicht erklären
„Ich habe jeden Tag darüber nachgedacht, warum er das geplant hat. Er hat die Wohnung vorbereitet, war an dem Tag extrem nervös“, erinnert sich das Opfer im Landesgericht Wien - durch eine Notoperation überlebte es knapp. Die beiden Männer würden sich schon aus der Jugend kennen. Der Kontakt brach vor ungefähr sechs Jahren aber ab. Dazu hören die Geschworenen zwei Versionen. Der 36-Jährige habe angefangen, viel Cannabis zu rauchen, man habe sich auseinander gelebt, erzählt der Ältere.

Familienstreit vor Jahren als Auslöser von Konflikt?
Der Angeklagte selbst liefert in seiner Schilderung auch den vermeintlichen Auslöser der Bluttat: Vor Jahren wäre es zum Streit zwischen den beiden Familien gekommen, der Kontakt zwischen den ehemaligen Freunden brach ab. Über Facebook habe man sich dann wiedergefunden. Er lud den Sozialpädagogen in seine Wohnung im 23. Bezirk ein. Da wäre der verjährte Konflikt wieder aufgekommen. „Er hat gesagt, dass ich ein Lügner bin“, so der Wiener mit afghanischen Wurzeln vor Gericht. 

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Ich hab‘ Todesangst gehabt. Da ist mir eingefallen, dass ich ein Messer in der Hosentasche hatte.

Angeklagter Bankangestellter im Wiener Landesgericht will selber Opfer sein.

Da hätte der Bankangestellte dem Opfer mit einem Teleskopschlagstock gegen die Schienbeine geschlagen. Der Angeklagte selbst will dann Opfer eines Angriffs gewesen sein: „Ich hab‘ Todesangst gehabt. Da ist mir eingefallen, dass ich ein Messer in der Hosentasche hatte.“ In einem Gerangel, sei er mit diesem Klappmesser dann „ausgerutscht“, traf die Halsschlagader des Sozialpädagogen. Eine Version, die der 36-Jährige das erste Mal zum Besten gibt. 

Version des Angeklagten passt nicht zum gerichtsmedizinischen Gutachten 
Es wird aber schnell klar im Wiener Landesgericht: So wie der Angeklagte die Tat schildert, kann sie nicht abgelaufen sein. Spätestens als Gerichtsmediziner Wolfgang Denk mit dem Wiener die behauptete Rangelei nachspielt, sieht der ganze Verhandlungssaal: So kann es nicht abgelaufen sein ...

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Ich finde, das ist lächerlich, was er da behauptet. Ich habe mich sogar gefreut, dass wieder Kontakt entsteht. Aber er ist ein Mensch, der sehr leicht gekränkt ist.

Opfer (37) im Zeugenstand

Auch das Opfer hört die Geschichte seines ehemaligen Freundes zum ersten Mal: „Ich finde, das ist lächerlich, was er da behauptet. Ich habe mich sogar gefreut, dass wieder Kontakt entsteht. Aber er ist ein Mensch, der sehr leicht gekränkt ist“, versucht er den Angriff - mehr für sich selbst - zu erklären. Noch immer ist die ungefähr 15 cm lange Narbe auf seiner linken Halsseite gut sichtbar, den linken Arm kann er nur noch stark eingeschränkt bewegen. 

Ein Wunder, wenn man die Aussage des Angeklagten bedenkt: „Das Blut ist aus seinem Hals gespritzt!“ Bloß, weil der Angreifer in der Blutlache ausrutschte, konnte der 37-Jährige aus dem Fenster im Erdgeschoss fliehen. „Was dann passiert, ist wirklich filmreif“, kündigt der Staatsanwalt an. Auf der Breitenfurter Straße wird der Blutende sofort von zwei Passanten entdeckt - einer Rettungssanitäterin und einem WEGA-Beamten. 

Verteidiger Sascha Flatz ist trotz der lebensbedrohlichen Verletzung sicher: „Mein Mandant hätte das niemals gewollt. Er hatte keinen Mordvorsatz.“ Schmerzengeld wolle er dem Opfer trotzdem zahlen. Das brachte er sogar zum Prozess mit.

Die Geschworenen entschieden nach über zwei Stunden Beratung aber anders: Die Verurteilung wegen versuchten Mordes ist einstimmig. Der Angeklagte muss nicht rechtskräftig 18 Jahre ins Gefängnis.

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