GKB-Jahrhundertprojekt

Bahn-Ausbau in Graz löst großen Widerstand aus

Steiermark
26.09.2023 19:00

Die GKB wollen bis 2028 ihr Streckennetz in Graz elektrifizieren und ausbauen. Doch viele Anrainer gehen auf die Barrikaden. Muss es als letzte Konsequenz sogar Enteignungen geben?

„Das ist mein kleines Paradies“, lacht Rudolf Sperlich, als er in seinen Garten einlädt. Seit 1959 wohnt er in der Westbahngasse in Graz-Webling, schon damals fuhren die GKB-Züge direkt an seinem Grundstück vorbei. Dampfzüge waren es damals noch. „Am Abend haben wir die Kohlestücke eingesammelt.“

Längst werden die Züge mit Diesel angetrieben. Und schon bald soll eine neue Ära beginnen: Die GKB (Graz-Köflacher Bahn) elektrifiziert um mehr als 150 Millionen Euro ihr ganzes Streckennetz bis Köflach bzw. Wies-Eibiswald. In Graz sollen die Vorarbeiten im besten Fall Ende 2024 beginnen und Ende 2028 fertig sein. Vorausgesetzt, die Behördenverfahren laufen wie geplant, so GKB-Infrastrukturleiter Gernot Winter.

Riesen-Andrang bei Infoveranstaltung
Denn die Wogen bei den Anrainern entlang der Strecke in den Bezirken Wetzelsdorf und Straßgang gehen hoch, wie der große Andrang zu einem Info-Nachmittag am Dienstag belegte. Denn es kommen nicht nur Oberleitungen, größere Bahnhöfe und neue Unterführungen, zuerst in der Peter-Rosegger-Straße: Zwischen der Wetzelsdorfer und Grottenhofstraße wird zudem ein 1,2 Kilometer langer Abschnitt zweigleisig ausgebaut, damit die Züge im Gegenverkehr ausweichen können.

Die zwei neuen Gleise entstehen links und rechts der bestehenden Schienen. Das braucht Platz, Grundstücksablösen sind notwendig (etwa von der Belgierkaserne), sagt Winter. In letzter Konsequenz kann es auch Enteignungen geben.

Fakten

  • Das gesamte GKB-Streckennetz ist 133 Kilometer lang und wird nun vollständig elektrifiziert. Dadurch will das Unternehmen 16.000 Tonnen CO2-Emissionen im Jahr einsparen. 
  • Die ersten beiden Abschnitte (Graz-Hauptbahnhof bis -Köflacherbahnhof sowie Wettmannstätten bis Wies-Eibiswald) sollen Ende 2025 gleichzeitig mit der Eröffnung der Koralmbahn fertiggestellt sein.
  • Notwendig sind etwa 30 neue Triebwagen. Die Ausschreibung dafür ist aber noch nicht erfolgt.
  • Die Übernahme der GKB-Infraststruktur durch die ÖBB ändert an den Plänen nichts. Auch das Projektteam bleibt vorerst dasselbe.

Petition mehr als 800-mal unterzeichnet
Ein Schreckensszenario für Anrainer wie Sperlich, die unmittelbar an der Strecke leben. Sie haben eine Bürgerinitiative gebildet und mehr als 800 Unterschriften für ihre Petition gesammelt. Gefordert wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung (laut einem Verfahren beim Land im Jahr 2020 allerdings nicht notwendig) und eine Diskussion über Alternativen wie wasserstoff- oder batteriebetriebene Züge oder eine Untertunnelung.

Groß ist die Sorge vor noch mehr Verkehr (die GKB rechnet mit einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen) und weniger Lebensqualität, etwa in einem Kindergarten direkt an der Strecke: „Wie wirkt sich das alles auf die Kinder aus? Wir hätten gerne eine Lärmschutzwand“, heißt es dort.

Besorgt ist die Bürgerinitiative rund um Mario Baumgartner auch wegen der elektrischen und magnetischen Belastungen: „Umweltmedizinische Werte müssen unbedingt eingehalten werden!“ Die GKB betont, dass alle Grenzwerte eingehalten werden und verweist auf Gutachten des früheren TU-Professors Ernst Schmautzer.

Zitat Icon

Ziel ist es nicht nur, die Grenzwerte einzuhalten, sondern die Belastung so weit wie möglich zu minimieren.

Ernst Schmautzer, Experte für „Elektrosmog“

Keine Ausweichstrecke für Koralmbahn
Gernot Winter hält auch fest, dass nicht der ganze, 15 Kilometer lange Abschnitt zwischen Graz und Lieboch zweigleisig ausgebaut wird. Und betont wird auch, dass es sich um keine Ausweichstrecke für die Koralmbahn handelt. Falls es dort einmal zu Störungen kommt, werde der Fern- und Güterverkehr über den Neumarkter Sattel in Richtung Kärnten umgeleitet. 

Der Dienstag zeigt: Es gibt noch viel Klärungsbedarf, ehe mitten im dichten Grazer Siedlungsgebiet die heiklen Bauarbeiten beginnen können. Die Weichen für das „Jahrhundertprojekt“ (GKB) sind zwar gestellt, doch ob der Fahrplan hält, ist derzeit offen.

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