"So ein schönes Kind, aber schwer krank. Mit Fluch belegt!" So begann der Kontakt der "Gesundbeterin" (Anwalt Wolfgang Blaschitz) mit der Akademikerin im Wiener AKH, wo sie wiederholt mit ihrem behinderten Kind zur Behandlung war - dem Wunschkind, das nach einem Totgeborenen auf die Welt kam. Eine verzweifelte Mutter, die nach jedem Strohhalm griff.
Heilen können sie das Kleine, versprach die 45-jährige Ljiljana R., aber das koste. Und niemand dürfe davon wissen, weil sonst die Hilfe nutzlos wäre. Eine volle Windel sei ein Zeichen, dass das Pech aus dem Kind "rausgeht". Aber: Das Kind werde sterben, wenn nicht immer weiter Geld fließe und für das Heil der Kleinen gebetet werde.
Die Akademikerin opferte alle ihre Ersparnisse, fast 47.000 Euro. Aber die "Gesundbeterin" und ihre 20-jährige Tochter wollten mehr: 15.000 Euro war die letzte Forderung, der durch einen Bankkredit nachgegeben wurde. Das Kind aber, das blieb krank. "Niederträchtig, grausam", nennt Staatsanwältin Isabelle Papp die Tathandlungen.
"Ich konnte mich dagegen einfach nicht wehren"
"Es war so suggestiv und so manipulativ. Ich konnte dem nicht standhalten. Ich konnte mich dagegen einfach nicht wehren", erklärte das Opfer im Zeugenstand. Sie habe "einfach eine permanente Angst gehabt" und befürchtet, ihr Kind könne sterben, wenn sie nicht weiter zahle. Die Angeklagten hätten "bis zum letzten Cent alles haben wollen. Ich habe gesagt, dass ich nicht mehr leben kann und einen Banküberfall machen muss. Mir ist kein Euro geblieben".
Die Sache flog erst auf, als die Pädagogin im Sommer 2011 eine SMS anstatt an "Samantha", die angeklagte Tochter, irrtümlich an ihren eigenen Ehemann sandte und dieser von den Vorgängen so Wind bekam. Der Mann erstattete umgehend Anzeige.
Drei Kreuze öffneten das Bankschließfach
Die Angeklagten bekannten sich am Mittwoch formell schuldig, behaupteten jedoch, es wären keine Drohungen gefallen. Das Geld hätten sie "der Kirche gespendet" bzw. "in Opferstöcke geworfen", wobei die 20-Jährige am Ende der Verhandlung dann doch noch ein umfassendes Geständnis ablegte. Sie räumte ein, die erlangten Beträge in einem von ihrer Mutter angemieteten Bankschließfach deponiert zu haben. In dem Banksafe, der, so Richterin Beate Matschnig kopfschüttelnd, "mit einer Unterschrift, bestehend aus drei Kreuzen, eröffnet werden konnte", fanden sich das Geld und Schmuck.
Die 45 Jahre alte Erstangeklagte erhielt zwei Jahre Haft, davon sieben Monate unbedingt. Ihre Tochter bekam 16 Monate, davon vier Wochen unbedingt. Außerdem müssen sie ihrem Opfer die 60.000 Euro zurückbezahlen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
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