Gründersohn in Wien

Pleite: Schlecker Österreich “definitiv nicht insolvent”

Österreich
08.02.2012 14:21
Die insolvente deutsche Drogeriekette Schlecker will sich nicht von ihren Auslandstöchtern trennen, um die nötigen Restrukturierung zu stemmen. Im Ausland - und damit auch in Österreich - liegen die größten Wachstumschancen, sagte Lars Schlecker (Bild), Sohn des Unternehmensgründers, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Wien. Die Familie werde aber keine Einlage in den insolventen Mutterkonzern leisten. "Wenn noch ein signifikantes Vermögen da wäre, würden wir nicht hier sitzen", betonte er.

Die Auslandstöchter, darunter Österreich, sind nicht insolvent und sollen laut Schlecker auch nicht in Insolvenz geschickt werden. "Österreich ist und bleibt eigenständig und erfolgreich", sagte Lars Schlecker am Mittwoch.

Die Österreich-Tochter sei "definitiv nicht vom deutschen Insolvenzverfahren betroffen", betonte auch Schlecker-COO Thorsten Rusch. Schlecker Österreich sei "sehr gut unterwegs", 2011 sei ein "eindeutig siebenstelliges positives Betriebsergebnis" erzielt worden. Auch die Länder, die an Österreich hängen - das sind Luxemburg, Belgien, Polen und Italien - erwirtschaften positive Beiträge, so Rusch.

100 Millionen Euro offene Forderungen
Allerdings bestehen Forderungen gegenüber der Konzernmutter von über 100 Millionen Euro, die Schlecker gefährlich werden könnten. "Dass diese Forderungen nicht so toll sind, ist nachvollziehbar. Kaufmännisch ist das furchtbar. Man schreibt nicht gerne einen dreistelligen Anspruch an die Mutter ab, aber es hat keinerlei Auswirkungen auf die österreichische Gesellschaft", versuchte Rusch dennoch zu beruhigen. Derzeit seien die Forderungen gegenüber der Mutter wegen der Insolvenz "eingefroren".

Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hingegen hielten schon in ihrem Bestätigungsvermerk für den Österreich-Geschäftsbericht 2010 fest: "Ohne unseren Bestätigungsvermerk einzuschränken, weisen wir darauf hin, dass der Fortbestand der Gesellschaft sowohl auf Grund der Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen als insbesondere auch wegen der wirtschaftlichen Verflechtung mit der Anton Schlecker, Ehingen, vom Fortbestand der Anton Schlecker, Ehingen, abhängig ist." Damals beliefen sich die Forderungen auf 169 Millionen Euro, in etwa so hoch war damals auch das Eigenkapital. Dazu äußern wollte man sich am Mittwoch auf Nachfrage nicht.

Kein Privat-Geld mehr von Schlecker-Familie
Privat will die Familie aber kein Geld mehr nachschießen. Unternehmensgründer Anton Schlecker habe in Summe dreistellige Millionenbeträge in die Drogeriekette investiert, um die Verluste aufzufangen. "Meine Schwester und ich haben auch einen Großteil unseres Vermögens ins Unternehmen gesteckt", betonte Lars Schlecker. "Wir werden nicht jammern und wir kommen zurecht." 

Der Sohn des Firmengründers rechnet damit, dass, wenn "alles positiv" verlaufe, sich sein Vater im August oder September komplett aus dem Unternehmen zurückzieht. "Es wird eine Veränderung der Firmenstruktur geben", sagte er. Mit Jahresende 2010 hatten die Schlecker-Geschwister das Erbe ihres Vaters angetreten und das dringend notwendige Modernisierungsprogramm für die Schlecker-Filialen sowie einen offeneren Kurs mit der Gewerkschaft eingeschlagen. Schlecker wurde in der Vergangenheit oftmals scharf für seine Arbeitsbedingungen und Entlohnung der Mitarbeiter kritisiert.

Änderungen am Schlecker-Geschäftsmodell sind hingegen nicht geplant. Der Slogan "For you, vor Ort" werde bleiben, weil er passe und Schlecker nahe beim Kunden dran sei, so der Schlecker-Erbe. Strategie sei, unrentable Filialen zu schließen, neue Filialen in guten Lagen zu eröffnen und das Wachstum voranzutreiben. "Auch das Management bleibt bestehen", betonte er.

Schlecker: "Man muss sich weiterentwickeln"
Lars Schlecker hofft, mit der Modernisierung der Filialen neu durchzustarten. "Man muss sich immer weiterentwickeln, man ist nie fertig. Das ist meine persönliche Lehre aus der Insolvenz." Sein Vater habe den Reformkurs nicht eingeschlagen, "weil er so von dem Konzept überzeugt war".

Händeringend wird nun nach einem Mitgesellschafter gesucht, um das Überleben des Unternehmens zu sichern. Bis Ende März bekommen die Schlecker-Mitarbeiter in Deutschland noch ihre Gehälter als Insolvenzgeld vom deutschen Arbeitsamt bezahlt. "Ein Investor ist wahrscheinlich und notwendig", sagte Lars Schlecker am Rande der Pressekonferenz. Über die Höhe der Beteiligung und mit wie vielen Investoren man derzeit verhandle, wollte er nicht verraten. Nur so viel: Es gebe laufend "intensive Gespräche" und man habe sich kein "Timeframe" gesetzt.

Modernisierung in Österreichs Filialen
Schlecker betreibt in Österreich 930 Filialen und beschäftigt 2.995 Mitarbeiter, die man auch halten wolle. 2011 setzte die Drogeriekette hierzulande über 300 Millionen Euro um. 2012 werde eine "geringe Zahl im unteren zweistelligen Bereich" erwartet, auf der anderen Seite aber neue Standorte aufgemacht. Von den 930 Standorten seien inzwischen 50 auf das neue Konzept umgestellt worden, 25 sollen heuer folgen. Die Umstellung einer Filiale koste etwa 20.000 bis 30.000 Euro. In zwei bis vier Jahren soll die Modernisierung abgeschlossen sein. Die Läden sollen heller, die Gänge breiter und die Warenpräsentation besser werden, so das Ziel.

Die Warenversorgung in Österreich wurde als gesichert dargestellt. "Zum aktuellen Stand haben wir eine über 80-prozentige Lieferbereitschaft", sagte der Österreich-Prokurist Helmut Kampenhuber. Man könne wieder zu gleichen Konditionen wie vor der Insolvenz der Konzernmutter einkaufen und müsse nicht im Voraus bezahlen.

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