Am 22. September beginnt die erste Saison unter Andrea Vilter am Grazer Schauspielhaus. Die „Krone“ sprach mit der deutschen Neo-Intendantin über ihre Pläne und Vorlieben.
Neustart am Schauspielhaus: In der kommenden Woche beginnen nach der Sommerpause die Proben für die ersten Produktionen unter der neuen Chefin Andrea Vilter. Von 22. bis 24. September startet sie mit gleich drei Premieren in ihre erste Saison.
Was hat Sie eigentlich dazu bewogen, sich für die Intendanz in Graz zu bewerben? Haben Sie die Stadt vorher schon gekannt?
Ich war zweimal in Graz auf Besuch, hab Theaterreisen hierher gemacht, und als ich wegen einer möglichen Intendanz angesprochen wurde, habe ich sofort gedacht: Das ist eine so tolle Stadt und ein so tolles Haus. Da habe ich große Lust verspürt, von der Uni wieder ans Theater zu gehen. Aber erst beim Hearing wurde mir klar, wie ernst mir das plötzlich war und wie gerne ich das machen würde.
Wie wollen Sie das Haus künftig positionieren?
Ich finde das Haus ist ausgezeichnet aufgestellt. Aber natürlich gibt es jetzt viele neue Leute und damit auch viele neue Handschriften. Für mich bedeutet das nicht Kehrtwendung oder Kahlschlag, sondern tatsächlich eine Dynamik aus Weiterführen und Neuaufbruch. Auch was das zeitgenössische Drama betrifft. Theater ist ja immer zeitgenössisch, weil wir es ja jetzt gerade machen, auch wenn wir uns mit alten Stücken befassen. Dazu gibt es bestimmte Phänomene, die gegenwärtig sind und die eben nur die zeitgenössische Literatur oder Dramatik verarbeiten können. Autorinnen und Autoren gehören einfach zum Theater dazu - genau wie das Publikum, das gepflegt werden will.
Worin sehen Sie heutzutage die Aufgabe des Theaters?
Ich glaube, dass mehr als früher die Aufgabe ist, ein Publikum zu finden. Die gesellschaftliche Vereinbarung ins Theater zu gehen, auf die man sich bisher gewissermaßen verlassen konnte, gibt es so nicht mehr. Da muss man heute darüber nachdenken. Das finde ich aber auch sehr spannend. Wir wollen ja schließlich etwas über das Leben und die Welt erzählen und dabei gleichzeitig die Kunstform Theater hinterfragen.
Was erwarten Sie sich vom Grazer Publikum?
Erwarten? Ich sehe mich da schon eher in einer Bringschuld. Aber ich wünsche mir, dass die Neugierde vorhanden ist und auch bleibt. Um einen Fußballvergleich zu bringen: Das Spiel ist erst nach 90 Minuten zu Ende, nicht schon in der Halbzeit.
Haben Sie ein Lieblingsstück, das Sie hier realisiert sehen wollen?
Ich habe tatsächlich viele Lieblingsprojekte schon in der ersten Spielzeit auf dem Spielplan. Da wollte ich gar keine Kompromisse machen. Vielmehr sollte sowohl im Schauspielhaus als auch im Schauraum und der Konsole etwas zu sehen sein, was ich spannend und interessant finde, hinter dem ich zu 100 Prozent stehen kann. Das Jelinek-Stück etwa, das war eine Grundbedingung.
Sie haben am Haus ja einiges gesehen. Was waren da Ihre Lieblingsproduktionen und warum?
„Eleos“ von Caren Jeß fand ich schön. Das ist eine Form von Theater, die mir gut gefällt. Auch die Uraufführung von „Fischer Fritz“. Lustigerweise, das fällt mir jetzt auf, waren es eher die kleinen Formate. Im großen Haus mochte ich die Jelinek-Produktion „Das Licht im Kasten“. Das hatte eine schöne Ästhetik und einen eigenen Humor. Und natürlich das „Hospital der Geister“. Das war in vieler Hinsicht ein außergewöhnlicher und eindrucksvoller Abend.
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