15 Monate Haft

Angebliche Polizeigewalt: „Opfer“ verurteilt

Wien
14.08.2023 14:09

Ein angebliches Opfer von Polizeigewalt ist am Montag am Wiener Landesgericht für Strafsachen wegen Verleumdung und falscher Zeugenaussage verurteilt worden. Der 41 Jahre alte Mann fasste 15 Monate Haft aus. 

„Ich empfinde das als ungerecht. Ich werde gegen den Beschluss vorgehen“, legte der 41-Jährige gegen seine erstinstanzliche Verurteilung noch im Gerichtssaal Rechtsmittel ein. Damit muss sich jedenfalls noch das Oberlandesgericht (OLG) mit dem Fall auseinandersetzen. Nach der Verhandlung sagte der 41-Jährige zu den beiden anwesenden Medienvertretern: „So sind die Gerichte. Unfair.“

Angebliche Misshandlung von Polizist
Der Mann behauptet, er sei am 13. April 2022 auf einer Polizeiinspektion von einem Beamten misshandelt worden. Die Verletzungen, die er nach dem Verlassen der Dienststelle aufwies - darunter ein blutunterlaufenes Auge, Prellungen im Gesichtsbereich und eine Rötung der Augenbindehaut - sind auf Fotos und in Form von Spitalsunterlagen dokumentiert. Der Polizist habe ihm vier bis fünf Schläge in die linke Gesichtshälfte, darunter einen knapp über dem Auge versetzt, hatte der Mann ursprünglich in seiner Anzeige dargelegt. Er gab auch an, er sei gewürgt worden, bis er keine Luft mehr bekam. „Ich habe die Wahrheit gesagt. Ich habe nicht gelogen“, versicherte der bisher unbescholtene Angeklagte vor Gericht.

Einvernahme geriet außer Kontrolle
Der 24-jährige Polizist hatte beim Verhandlungsauftakt im Juli als Zeuge unter Wahrheitspflicht angegeben, der Angeklagte sei während einer Beschuldigteneinvernahme auf seiner Polizeiinspektion zunehmend aggressiv geworden. Er habe befürchtet, der in Rage geratene Mann würde vom Sessel aufspringen und auf ihn losgehen, daher habe er ihn mit beiden Händen nach unten drücken und am Aufstehen hindern wollen. Durch eine Ausweichbewegung sei der Mann mit dem Kopf heftig gegen den Tisch geprallt, wobei zunächst von der Tischplatte die Rede war. Es habe „offensichtliche Verletzungen“ gegeben, räumte der Polizist ein, es sei „ein ziemlich heftiger Aufprall“ gewesen, wobei daraus aber plötzlich die Tischkante wurde.

Für Verteidiger Graupner steht fest, dass diese Aussage insofern an die gutachterlichen Feststellungen angepasst wurde, als der Gerichtsmediziner in der Verhandlung ausgeschlossen habe, dass die Gesichtsverletzungen von einer Tischplatte herrührten. Die Verurteilung seines Mandanten sei ein „Signal, dass Polizeiübergriffe folgenlos bleiben“, befürchtete Graupner.

Der Richter hingegen hatte bei der Urteilsbegründung eine klare Meinung: „Sie haben diese Geschichte erfunden.“

„Allen menschenrechtlichen Standards“ widersprochen
Der Wiener Rechtsanwalt urgierte, in diesem Fall sei in mehrerlei Hinsicht „allen menschenrechtlichen Standards“ widersprochen worden. Der 41-Jährige hatte den von ihm behaupteten Polizeiübergriff eine halbe Stunde danach auf einer anderen Polizeiinspektion zur Anzeige gebracht. Darauf hin sei seine Festnahme angeordnet worden - und zwar just vom tatverdächtigen Beamten, in dessen Dienststelle der 41-Jährige dann überstellt wurde. Damit sei zweifellos gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen worden, hielt Graupner fest: „Die MRK gebietet prozessuale Rechte von Opfern.“

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