Trauerzeremonie

Letztes Geleit für Nordkoreas Diktator Kim Jong Il

Ausland
28.12.2011 10:15
Hunderttausende Menschen haben am Mittwoch dem verstorbenen nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Il das letzte Geleit gegeben. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von Menschenmassen, die im Schnee standen, während das Fahrzeug mit dem Sarg Kims durch die Hauptstadt Pjöngjang an ihnen vorbeifuhr. Das Land geht nach Kims Tod in eine ungewisse Zukunft. Mit dem Machtwechsel ist offen, wie Nordkorea sich künftig im Atomkonflikt verhält.

Die Beisetzungsfeierlichkeiten hatten im Kumsusan-Mausoleum begonnen, wo Kim Jong Il nach seinem Tod in einem Glassarg aufgebahrt worden war. Von dem Mausoleum setzte sich der Trauerkorso langsam Richtung Innenstadt in Bewegung. Zahllose Soldaten standen entlang der Strecke. Viele Menschen weinten am Straßenrand.

An der Spitze fuhr ein Wagen mit einem Riesenporträt des lächelnden Kim. Sein Sohn und Nachfolger Kim Jong Un marschierte an der Spitze der Trauerzeremonie neben dem Leichenwagen her, gefolgt von seinem Onkel Jang Song Thaek. Auf der linken Seite eskortierten mehrere militärische Würdenträger den Wagen. Die Fahrzeugkolonne fuhr rund drei Stunden lang durch die Straßen von Pjöngjang. Zum Ende der Prozession spielte ein Militärorchester die nordkoreanische Nationalhymne und die Ehrengarde marschierte auf.

Trauerfeier als Machtdemonstration
Es war eine Trauerfeier nach dem Muster der Zeremonie von 1994, als Kim Jong Ils Vater, der Staatsgründer Kim Il Sung, beigesetzt wurde. Damals nutzte die Führung des Landes die Möglichkeit, Loyalität für den neuen Führer zu demonstrieren. Zusammen mit der Bestattungszeremonie sollte auch die Position von Kim Jong Un weiter aufgewertet werden. Die amtliche Nachrichtenagentur KCNA bezeichnete den Endzwanziger am Mittwochmorgen als "obersten Führer der Partei, des Staates und der Armee".

Kim Jong Un ist auf die Einflussreichen im Staatsapparat, der Arbeiterpartei und der knapp 1,2 Millionen Mann starken Armee angewiesen, will er seine Macht wirklich festigen. Hoch gehandelt wird dabei sein Onkel Jang Song Thaek, der Mann von Kim Jong Ils Schwester Kim Kyong Hui. Er galt bisher als zweitmächtigster Mann im Land.

Landesweite Schweigeminuten beenden Trauerzeit
Die staatlich ausgerufene Trauerzeit für Kim Jong Il soll am Donnerstag mit einer landesweiten Gedenkfeier und drei landesweiten Schweigeminuten zu Ende gehen. Nach offizieller Darstellung war Kim Jong Il am 17. Dezember im Alter von 69 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Kim, der das hoch gerüstete, aber verarmte Land 17 Jahre lang mit eiserner Faust regiert hatte, hatte auch einen bizarren Personenkult von seinem noch immer gottgleich verehrten Vater übernommen.

Nordkoreanische Regimegegner schickten indessen am Mittwoch während einer Versammlung im südkoreanischen Paju an großen Ballons befestigte Flugblätter nach Nordkorea. Darin riefen sie zum Kampf gegen die "kommunistische Dynastie der Kims" auf. Als Anreiz für die Lektüre der Flugblätter versahen sie diese mit Ein-Dollar-Scheinen.

Verunsicherung durch Machtwechsel
Der Machtwechsel inPjöngjang gibt international Anlass zur Sorge. Unklar ist, wie sich Nordkorea künftig im Atomkonflikt verhalten wird. Nach Einschätzung von Experten kann Nordkorea früher als bisher erwartet eine Atomrakete einsatzfähig machen. Es werde wahrscheinlich nur noch ein bis zwei Jahre dauern, bis der kommunistische Staat einen nuklearen Raketensprengkopf einsatzbereit habe, schreibt der ehemalige Top-Experte eines überparteilichen Forschungsdienstes des US-Kongresses, Larry Niksch, in einem jüngst veröffentlichten Papier. Bisher galt eine Zeitspanne von fünf Jahren als realistisch.

Niksch beschäftigt sich in seinem Papier mit der Frage, wie schnell die Führung in Pjöngjang einen Atomsprengkopf auf eine einsatzfähige Größe verkleinern und auf der Mittelstreckenrakete Nodong montieren kann, wenn ausreichend hochangereichertes Uran (HEU) für den Sprengsatz zur Verfügung steht. Der Experte hat Nordkorea 43 Jahre lang für das US-Parlament beobachtet.

Bereits genug Uran für nuklearen Raketensprengkopf?
Nach Einschätzung von Siegfried Hecker, dem früheren Chef des staatlichen Forschungslabors Los Alamos, könnte Nordkorea bereits genug Uran angereichert haben. Das Land müsse aber noch einen weiteren, dritten Atomtest machen, um sicher zu gehen, dass ein verkleinerter Sprengkopf funktioniert, sagte er Reuters.

"Wenn der Test erfolgreich verläuft, dann könnten sie das Potenzial binnen weniger Jahre erreichen", schrieb er in einer E-Mail zum zeitlichen Horizont für eine nordkoreanische Atomrakete. "Wir wissen einfach nicht, was sie sonst noch haben und wie viel HEU sie produzieren können oder bereits hergestellt haben." Hecker hat die Nuklearanlage in Yongbyon zuletzt im November 2010 besucht. Es war sein vierter Aufenthalt dort.

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