Haftstrafen für Täter

„Beispielloses Verfahren“: 63-Jähriger gefoltert

Gericht
13.06.2023 14:56

„Ich möchte vorausschicken, dass das ein beispielloses Verfahren sein wird, wofür Menschen völlig grundlos fähig sein können“, warnt die Staatsanwältin im Wiener Landesgericht die Schöffen. Vor ihnen nehmen ein 43-Jähriger und seine 40-jährige Freundin Platz. Ihnen wird schreckliches vorgeworfen: Sie sollen einen engen Freund der Mutter des Angeklagten regelrecht gefoltert haben. 

Einen Mensch, der eigentlich auf die Hilfe von anderen angewiesen wäre. Laut eines Gutachtens weist das Opfer nämlich eine Intelligenzminderung auf. Er sei „einfach strukturiert, habe ein naives Denken“, charakterisiert ihn die Staatsanwältin. Seine Erwachsenenvertreterin beschreibt, seine Natur als „sehr verängstigt und zurückhaltend“. Die Mutter des 43-jährigen Wieners sei sein einziger Sozialkontakt gewesen. 

Opfer musste stundenlang am Boden knien
Und ausgerechnet ihr Sohn und seine Lebensgefährtin attackierten ihn und ließen ihn schwer verletzt zurück. Im Jänner 2020 hätte es laut Anklage eine Aussprache zwischen dem 63-jährigen Opfer und den zwei Angeklagten in der Wohnung der Mutter geben sollen - sie seien mit dem Kontakt zwischen ihm und der 59-Jährigen nicht einverstanden gewesen. Anstatt sich zu versöhnen, schlugen und traten die zwei Wiener den Mann zu Boden, ließen ihn dann stundenlang knien. 

Sepsis durch innerliche Verletzungen erlitten
Was dann folgte, ließ jeden im Gerichtssaal das Gesicht verziehen: Der Angeklagte zwang den schon verletzten Mann seine Hose auszuziehen und missbrauchte ihn mit einem Bambusstab. „Das Opfer war in einem ganz, ganz argen Zustand“, versucht die Staatsanwältin zu verdeutlichen. Erst am Abend erlaubten sie ihm, die Wohnung zu verlassen. Auf der Straße brach er aufgrund seiner schweren - auch innerlichen - Verletzungen zusammen. Nur dank der raschen medizinischen Behandlung konnte ein multiples Organversagen wegen einer Sepsis verhindert werden.

„Tatsache ist, dass dem Mann fürchterliches passiert ist“, räumt Verteidiger Wolfgang Haas ein. Doch dafür wollen weder seine Mandantin, noch der 43-jährige Wiener verantwortlich sein. „Wir haben uns eigentlich immer sehr gut verstanden und miteinander Spaß gehabt“, erzählt dieser von dem Verhältnis zu dem Opfer. Schwer zu glauben, bei den schrecklichen Geschehnissen, die der 63-Jährige in seiner kontradiktorischen Vernehmung schildert. 

Zitat Icon

Tatsache ist, dass dem Mann fürchterliches passiert ist.

Verteidiger Wolfgang Haas

Als Schuldige sehen beide Angeklagten die Mutter. Die ihn auch beeinflusst haben soll, diese Aussage zu machen und die beiden zu belasten. Denn auch die 59-Jährige wäre mit dem Opfer nicht gut umgegangen. Er selber und auch seine Erwachsenenvertreterin berichteten von Schlägen und Blutergüssen ...

Haftstrafen für Folter am 63-Jährigen
Im Wiener Landesgericht schiebt aber jeder die Schuld von sich, bestreitet jegliche Misshandlungen des 63-Jährigen. Doch die Verletzungen sind objektiviert: ein gebrochenes Jochbein, eine Serienrippenfraktur, einen durchstoßenen Mastdarm und mehr. Das überzeugt auch den Schöffensenat. Wegen unter anderem Vergewaltigung und absichtlich schwerer Körperverletzung muss der erstangeklagte Wiener sieben Jahre in Haft. Seine Lebensgefährtin fasst wegen unter anderem absichtlich schwerer Körperverletzung und Nötigung drei Jahre im Gefängnis aus. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

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