Trotz Schuldenbremse

Investoren nehmen nun auch Österreich ins Visier

Österreich
16.11.2011 20:01
Der Plan klang gut: Das Parlament beschließt eine Schuldenbremse, dann ist Österreich vor misstrauischen Investoren in Sicherheit. Denn die hatten zuletzt immer höhere Risiko-Aufschläge für unsere Staatsanleihen verlangt. Doch schon nach zwei Tagen zeigt sich, dass unser Mega-Sparkurs die Märkte überhaupt nicht beeindruckt. Denn der Schuh drückt in Wirklichkeit ganz woanders.

Alarmstimmung in der Regierung: Die Zinsen für österreichische Staatsanleihen steigen derzeit unaufhaltsam. Immer mehr Investoren hegen offenbar Zweifel daran, ob wir unsere Schulden eines Tages zurückzahlen können. Deswegen verlangen sie höhere Risiko-Aufschläge. Allein am Dienstag kletterte die Rendite von Papieren mit zehn Jahren Laufzeit enorm, und zwar von 3,417 auf 3,704 Prozent. Noch vor gut einem Jahr lagen sie bei nur 2,5 Prozent. Finanzministerin Maria Fekter muss für neue Schulden also immer mehr bezahlen, und das in Zeiten ohnehin knapper Kassen.

Die steigenden Zinsen für rot-weiß-rote Anleihen erscheinen umso ärger, wenn man sieht, dass Deutschland für seine vergleichbaren Schuldscheine immer weniger zahlen muss. Derzeit sind es sogar nur 1,743 Prozent - ein Unterschied von satten zwei Prozentpunkten. Dabei ist die Bonität der beiden Staaten vergleichbar. Und auch die deutsche Schuldenbremse unterscheidet sich von der Austro-Variante kaum. 

Wieso ignorieren die Märkte unsere Sparbemühungen?
"Wie kann das sein?", fragen sich normale Bürger, die unter dem Sparpaket der jüngst angekündigten Schuldenbremse am meisten leiden werden. "Zuerst wird behauptet, dass wir die neuen Opfer auf uns nehmen müssen, um in Zukunft handlungsfähig zu bleiben - und dann ignorieren die Märkte unsere Sparbemühungen und verlangen von uns immer höhere Risikoaufschläge."

Einer, der sich über das Versagen der Schuldenbremse nicht wundert, ist Thomas Url, Experte für Makroökonomie und europäische Wirtschaftspolitik am Wifo. Er ist davon überzeugt, dass die Märkte sich weniger vor unserem aktuellen Haushalt fürchten, sondern Risiken sehen, die von außen auf unser Budget schlagen könnten - und somit außerhalb des Machtbereichs einer Schuldenbremse liegen. Konkret geht es um unsere Banken.

Angst vor Krise in Osteuropa kostet uns bares Geld
"Unsere Institute haben überdurchschnittlich viel Geld nach Osteuropa verliehen. Viele Investoren glauben aber nun, dass es dort verstärkt zu Zahlungsausfällen kommt", so Url im Gespräch mit krone.at. Die Folge: Unsere Banken geraten in Schieflage, manchen könnte sogar die Pleite drohen. Das wiederum hätte wegen des einsetzenden Vertrauensverlustes in das System verheerende gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. 

"Die Investoren glauben, dass der Staat in einer solchen Situation die Banken unterstützt. Und das würde dann natürlich viel Steuergeld kosten", so Url. Eine Banken-Krise wäre also der gefürchtete Schlag von außen, der ein riesiges Loch in unsere Kassen reißen könnte. Und vor dem schützt auch die Schuldenbremse nicht. Denn die regelt nur die Budgetdisziplin im Alltagsgeschäft.

Ohnehin hält Url das Instrument Schuldenbremse nicht für ein Allheilmittel. "Die Maastricht-Kriterien enthalten bereits sehr viel schärfere Regeln als die Schuldenbremse. Es würde also reichen, sich einfach an ihnen zu orientieren", so der Experte. Viele der Probleme, die wir jetzt haben, wären bei einem strikten Befolgen der bereits damals aufgestellten Regeln gar nicht erst entstanden.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
kein Artikelbild
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele
Vorteilswelt