Bio-Höfe:

Sinkende Zahlen statt Wachstum in Vorarlberg

Vorarlberg
26.03.2023 14:25

Im Jahr 2022 haben mehr Biobetriebe zugesperrt als auf. Ganze 1450 Betriebe sind aus der Bio-Bewirtschaftung ausgestiegen und nur 850 ein. Und das trotz Österreichs Bekenntnis zum Ausbau der biologischen Landwirtschaft. Die Politik will Zuwächse - doch was ist sie bereit, dafür zu tun?

Sowohl die Europäische Union als auch Österreich haben sich zum Ausbau der biologischen Landwirtschaft bekannt. Die EU will 25 Prozent Biobetriebe, Österreich laut Minister Totschnig gar 35 Prozent. Hehre Wünsche, muss man angesichts der aktuellen Lage sagen, denn Anfang 2023 gab es in Österreich um 700 Biobetriebe weniger als im Jahr zuvor. Der gewünschten Steigerung steht also eine tatsächliche Rückläufigkeit gegenüber. In konkreten Zahlen: 1450 Betriebe sind aus der Bio-Bewirtschaftung ausgestiegen, aber nur 850 neue Biobetriebe wurden registriert.

Die Interessengemeinschaft der Bio-Kontrollstellen Österreichs hat jüngst die entsprechenden Zahlen veröffentlicht. Vorarlberg schneidet mit „-5“ ebenfalls negativ ab. Schmerzlich sei das, sagt Manuel Kirisits-Steinparzer von „Bio Vorarlberg“ dazu. „Die EU, Österreich und auch Vorarlberg: Alle haben Steigerungsbestrebungen - dieser Wert ist aber deutlich unter allem Wünschenswerten.“ Doch warum hören mehr Biobetriebe auf, als neue ins Business einsteigen? Was sind die Ursachen?

Warum gibt es nicht mehr neue Bio-Höfe?
Kirisits macht mehrere Faktoren aus: Erstens gibt es von Jahr zu Jahr generell weniger Landwirtschaftsbetriebe. Manche Bauern gehen in Pension, andere wollen bestimmte Auflagen nicht mehr erfüllen, wieder andere stellen auf konventionelle Landwirtschaft um. Die Frage, die Kirisits aber am dringlichsten scheint, ist nicht jene nach den Schließungen, sondern warum es so wenige neue Biobetriebe gibt. „In Vorarlberg liegt der Bio-Betrieb-Anteil bei 16 Prozent. Das ist deutlich zu niedrig, um die EU- und Österreichziele zu erreichen. Zum Vergleich: In Salzburg liegt der Anteil bei 50 Prozent“, erklärt er. Dort herrsche allerdings auch eine besonders günstige Marktsituation, die auf Vorarlberg nicht übertragbar sei.

Es gäbe durchaus Möglichkeiten, Bewegung in die Sache zu bringen, ist Kirisits überzeugt: „In der Coronazeit war zu beobachten, dass die Menschen vermehrt zu Bioprodukten gegriffen haben.“ Daheim wollen sie also offensichtlich Qualität am Teller. Auswärts nicht? „Die Politik muss hier einfach mehr einfordern. Die Küchen der öffentlichen Hand, in den Spitälern, den Kindergärten, den Sozialdiensten, Essen auf Rädern - da gibt es einen wirksamen Hebel.“ Warum aber wird der Hebel nicht eingesetzt?

„Die Küchen brauchen mehr Geld, wenn sie in Bioqualität kochen sollen. Bio ist teurer - und so wird eben oft die billigere Ware aus den unterschiedlichsten Regionen der Welt gekauft“, erklärt Kirisits. Er macht seinen Standpunkt klar: „Es braucht mehr als Sonntagsreden, es braucht mehr Mut, mehr Willen, mehr Geld und mehr Konsequenz.“

Beim Einkaufen: regional sticht bio?
Landesrat Christian Gantner (ÖVP) verweist in diesem Zusammenhang auf Landesinitiativen wie „Vorarlberg am Teller“, bei der Großküchen ausgezeichnet werden, die einen bestimmten Prozentsatz an regionalen Lebensmitteln verwenden. „Bio“ spielt dabei allerdings sogar bei der höchsten Auszeichnung, der „Platinenen“, nur eine untergeordnete Rolle: Gerade einmal zehn Prozent der eingesetzten regionalen Waren müssen „bio“ sein. Zudem hat kein einziger der 19 ausgezeichneten Betriebe den Platin-Standard erreicht.

Für Gantner zählt nicht nur der politische Wille. Er mahnt von den Konsumenten Verantwortung ein. Zudem sei beim Kaufverhalten „regional“ oft das stärkere Argument als „bio“. Noch ein anderes Markt-Argument führt Gantner ins Treffen: „Schon die Preise konventionell produzierter Lebensmittel sind in Vorarlberg teilweise recht hoch.“ Soll meinen: Auch mit dem Bio-Siegel lässt sich nicht viel mehr erlösen.

Insgesamt zeigt sich Gantner aber nicht unzufrieden mit der Situation. Immerhin habe sich der Bioanteil im Ländle von neun Prozent im Jahr 2000 auf 16 im Jahr 2022 erhöht. Zudem verweist er auf den Umstand, dass Vorarlberg die Hälfte der Kontrollkosten für die Umstellung eines Hofs auf „bio“ zahlt wie auch die Differenzbeträge, die sich temporär aus der Umstellung für die Betriebe ergeben.

Richtig bitter wird es für den Biobereich aber, wenn es um staatliche Förderungen geht. Diese wurden nämlich heuer nicht nur nicht der Inflation angepasst, sondern ab 1. Jänner diesen Jahres gleich noch gekürzt. Zudem sind die Anforderungen gestiegen, um die Förderungen überhaupt kassieren zu können.

„Ein fatales Signal, das gleichermaßen ernüchtert wie verwundert“, findet Kirisits, der zudem bemängelt, dass in der Politik zwar gern über die Steigerung des Bioanteils geredet wird, eine echte Begeisterung dafür scheint aber zu fehlen.

Alles in allem also nicht wenige Hürden, die die Biosparte zu meistern hat. Sie selbst wirkt dabei recht resilient: Das vergangene Jahr war geprägt von Krisenhaftigkeit - Inflation und Verunsicherung inklusive. „Zum ersten Mal haben wir in diesem Jahr einen Einbruch am Bio-Markt erlebt, allerdings weit geringer als unter diesen Umständen befürchtet. Die umgesetzte Bio-Menge ist leicht gesunken, der Umsatz aber trotzdem gestiegen“, erklärt Kirisits, der aus dieser Kundentreue eine absolute Krisenfestigkeit von „bio“ ableitet.

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