Seit 15 Monaten ist die Beihilfe zum Sterben in Österreich gestattet. Hospiz-Chefin Christina Grebe zieht nun eine erste Bilanz.
Ich find’s für die Betroffenen erniedrigend, dass sie selbst jemanden suchen müssen, der ihnen das Medikament verschreibt und verkauft. Das ist ein richtiger Spießrutenlauf“ – die Gmundner Ärztin Christina Grebe und Vorsitzende des Landesverbands Hospiz Oberösterreich hat im Zuge ihrer Tätigkeit beim Hospiz selbst schon einen Menschen bis zum Ende begleitet: „Der organisatorische Aufwand für die Betreuung eines Patienten ist enorm.“ Denn Arzt oder Apotheker entscheiden selbst, ob sie mitmachen. Auch die Umsetzung sei alles andere als einfach. Bis das Mittel wirkt, dauert es zwischen zwanzig Minuten und vier Stunden. Grebe: „Das muss man als Begleiter erst einmal psychisch aushalten.“
Assistierter Suizid
Die Verzweiflung jener Menschen, die ihren letzten Lebensweg aufgrund unheilbarer Krankheiten abkürzen wollen, lässt sich kaum erahnen. Seit 1. Jänner 2022 gilt in Österreich das Sterbeverfügungsgesetz, das besagt: Jede dauerhaft schwerkranke oder unheilbar kranke Person, die volljährig und entscheidungsfähig ist, kann sich für einen assistierten Suizid entscheiden. Dabei gibt es jedoch einige Hürden, wie zum Beispiel die vorgeschriebene Aufklärung durch zwei Ärzte. Dann ist noch einmal eine Nachdenkpause obligatorisch: Eine Frist von zwölf Wochen ist einzuhalten, wenn’s aufgrund der Erkrankung schon sehr pressiert, reichen zwei Wochen aus.
23 Fälle bisher
„Österreichweit hat es bisher laut unserer Plattform der Palliativmediziner 23 Fälle gegeben. Wie viel es in Oberösterreich sind, lässt sich nicht sicher erheben“, sagt Grebe. Vom Gesundheitsministerium werde keine ordentliche Statistik geführt. Dort seien nur zehn Verstorbene eingemeldet worden. Laut den Behörden ließen sich 110 Österreicher Sterbeverfügungen ausstellen, 90 holten sich das tödliche Medikament.
Hoher sozialer Druck
Als schwierig empfindet Grebe, dass in Zeiten eines starken Pflegemangels und fehlender Heimplätze der soziale Druck, den Angehörigen nicht zur Last fallen zu wollen, extrem steige: „Das finde ich furchtbar.“
Schon wieder Daten-Wirrwarr
Keiner weiß genau, wie viele Österreicher bisher tatsächlich mithilfe des assistierten Suizids den Abschied aus einem Leben voll Krankheit, Schmerzen und Qual gesucht und gefunden haben.
Also wieder einmal der österreichische Weg - keine Klarheit bei den Daten, die aber die Entscheidungsgrundlage für die Politik bieten sollen. Der Linzer Bürgermeister Klaus Luger hat neulich das selbe Systemversagen bei den Corona-Zahlen angeprangert. Auch bei Covid stimmten die offiziellen Angaben von Stadt, Land und Bund nie. Lernen wir endlich daraus!
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