Linzer Digitaluni

Wurde die Gründungsrektorin unrechtmäßig gewählt?

Oberösterreich
08.03.2023 11:42

Schon vor ihrem Start entwickelt sich die in Linz geplante Digitaluni zur Farce: Erst am Wochenende war die Gründungspräsidentin gewählt worden - jetzt liegt dagegen eine Aufsichtsbeschwerde vor: Die Bestellung soll unrechtmäßig erfolgt sein. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) zeigt sich „wirklich mehr als sauer“ über die Probleme im Gründungskonvent und den dadurch drohenden neuerlichen Zeitverlust.

Die Überraschung war groß, als am Wochenende verkündet wurde, dass die Grazer Informatikprofessorin Stefanie Lindstaedt zur Gründungspräsidentin des Institute of Digital Sciences in Linz ernannt wurde - wir berichteten.

Wenige Tage später könnte die Jury-Entscheidung schon wieder obsolet sein: Wie der „Standard“ berichtet, hat das vom Land Oberösterreich entsandte Mitglied des Gründungskonvents, Fabasoft-Chef Helmut Fallmann, eine Aufsichtsbeschwerde „über die Rechtmäßigkeit der Bestellung des Gründungspräsidenten oder der Gründungspräsidentin“ eingebracht. Er listet auf 14 Seiten auf, warum der Minister die Wahl von Gründungspräsidentin Lindstaedt für nichtig erklären soll, heißt es in dem Artikel.

Aufsichtsbehördliches Verfahren
Laut einem Schreiben des Wissenschaftsministeriums sei ein aufsichtsbehördliches Verfahren eingeleitet worden. Der Gründungskonvent hat bis 20. März Zeit für eine Stellungnahme. Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) regt in dem Schreiben an, „den eingeleiteten Bestellvorgang für den Gründungspräsidenten oder die Gründungspräsidentin (insbesondere arbeitsrechtliche Schritte) bis zur möglichst raschen abschließenden Klärung der mit der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen zu verschieben“.

Rechtliche Schritte angedroht
Am Mittwoch reagierte das Büro des Gründungskonvents scharf auf Fallmanns Vorwürfe: Man weise die „nicht nachvollziehbare Vorwürfe“ in aller Deutlichkeit zurück: „Wir betonen, dass das Verfahren unter Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorgaben und Rahmenbedingungen durchgeführt wurde, die Hearings und die Wahl sogar unter Anwesenheit einer vom BMBWF als Gleichbehandlungsbeauftragte entsandten Juristin“, betont Konventsvorsitzende Claudia von der Linden.

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Wir betonen, dass das Verfahren unter Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorgaben und Rahmenbedingungen durchgeführt wurde, die Hearings und die Wahl sogar unter Anwesenheit einer vom BMBWF als Gleichbehandlungsbeauftragte entsandten Juristin.

Claudia von der Linden, Vorsitzende des Gründungskonvents

Man behalte sich rechtliche Schritte gegen Fallmann vor. „Wir bedauern sehr, dass die für uns überraschende und unverständliche Intervention von Herrn Fallmann (...) die Entwicklung des IDSA neuerlich grundlos um mehrere Wochen verzögert.“

Landeschef Stelzer ist „mehr als sauer“
„Bei mir ist jetzt das Ende des Verständnisses erreicht“, reagiert LH Thomas Stelzer (ÖVP) auf die neuen Entwicklungen und zeigt sich „wirklich mehr als sauer“. Stelzer: „Ich bin mir nicht sicher, ob alle Beteiligten sich da der großen Verantwortung bewusst sind. Es geht um den Wissenschaftsstandort, es geht um die Republik, natürlich geht es auch um den Standort Oberösterreich und es geht um viel Steuergeld.“ Aber sauer auf wen konkret? „Auf den Gründungskonvent. Der ist dazu berufen, die Gründung zu managen, die Rektorin auszuwählen. Die sind die Zuständigen und daher kann ich nur sagen: Die bisherige Vorgangsweise erweckt nicht den Eindruck, dass das höchst professionell abläuft, leider.“ Die Zuständigen hätten gewusst, dass das eine große Aufgabe ist und hätten es als Gremium offensichtlich nicht zustande gebracht, da einheitlich vorzugehen.

Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) (Bild: © Harald Dostal / 2022)
Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP)

Viel Geschwindigkeit ist nötig
„Krone“-Frage an Stelzer: „Teilen Sie diese Bedenken und Kritikpunkte des Herrn Fallmann, der ja als Vertreter des Landes Oberösterreich in den Gründungskonvent entsendet wurde?“ Stelzer: „Welche rechtlichen Bedenken da jetzt stimmen oder nicht, das kann ich von außen nicht beurteilen. Ich fordere nur, dass das Ministerium das als Aufsichtsbehörde nun schnellstmöglich das klärt. Und was ich mir auch erwarte, ist jetzt - vom Gründungskonvent und der neuen Rektorin - dass wir jetzt einen Plan bekommen, wie stellt man sich das jetzt unter den womöglich veränderten Rahmenbedingungen zeitlich vor?“ Wenn man von Digitalisierung spreche, rede man von einem Feld, das von viel Geschwindigkeit begleitet werde, gibt Stelzer noch zu bedenken: „Ich will von denen nun einen realistischen Zeitplan haben, weil sie bekommen von der Politik den roten Teppich ausgerollt. Am Ende muss das Werk gelingen.“

Beschwerte sich Fallmann im Landes-Auftrag?
Theoretisch, so ein „Krone“-Einwand, könnte man ja davon ausgehen, dass der Herr Fallmann als Vertreter des Landes Oberösterreich nun im Auftrag des Landes (also von LH Stelzer) die Bestellung von Professorin Stefanie Lindstaedt als Gründungsrektorin bekämpfe, damit es doch noch JKU-Rektor Meinhard Lukas werden könne. Was sagt Stelzer dazu? „Also die Mitglieder im Gründungskonvent sind völlig unabhängig und weisungsfrei, das gilt auch für die beiden, die das Land Oberösterreich nominiert hat. Die handeln dort ausschließlich ihrer eigenen Profession und ihrem eigenen Gewissen verpflichtet. Da könnte es gar keinen Auftrag geben und es gibt auch keinen Auftrag.“

JKU-Rektor respektiert Entscheidung
Der ursprünglich als Gründungspräsident favorisierte JKU-Rektor Meinhard Lukas betonte gegenüber der APA am Mittwoch, dass er die Entscheidung des Gründungskonvents respektiere. Bereits am Sonntag gratulierte er Lindstaedt und wünschte „ihr und dem Projekt das Allerbeste“. Vizerektor Stefan Koch werde Lukas weiterhin „in Angelegenheiten des IDSA angesichts meiner Involvierung in das Bewerbungsverfahren vertreten“. Dies teilten Lukas und Koch am Dienstag der JKU-Belegschaft sowie Gründungspräsidentin Lindstaedt mit und boten letzterer die gute Zusammenarbeit der JKU an. Lukas‘ Funktionsperiode als Rektor dauert noch bis Ende September. Er hatte bereits zuvor angekündigt, dass er - sollte er nicht gewählt werden - auf seinen Lehrstuhl in der rechtswissenschaftlichen Fakultät zurückzukehren werde.

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