Heer zieht Doktor ein

In Großarl treibt der Ärztemangel seine Blüten

Salzburg
17.02.2023 08:00

Dass die Einberufung eines Landarztes im Salzburger Großarltal zu einer verpflichtenden Milizübung aufregt, ist kein Zufall. Schließlich wäre die Versorgungssituation prekär, wenn der Mediziner die einzige Kassen-Praxis im Tal vorübergehend zusperren muss. Denn eine Vertretung ist nur schwer zu bekommen. Und: Die Gemeinden des Tals mussten in der Vergangenheit  schon kämpfen, damit die ärztliche Versorgung gesichert bleibt.

Von 22. Juni bis 1. Juli wird es im Großarltal keinen Kassenarzt geben. Das Bundesheer will den Allgemeinmediziner Ernst Toferer zur Milizübung einziehen. Die „Krone“ berichtete. Der Arzt äußerte seinen Unmut darüber in einem Brief an seine Patienten. Das Bundesheer behauptet indes, bislang keinen persönlichen Antrag auf Befreiung erhalten zu haben.

Es ist nicht das erste Mal, dass das 4700-Seelen-Tal um seinen Arzt zittern muss. Schon 2019 zwang das Bundesheer den Mediziner, seine Ordination zuzusperren. Ärztekammerpräsident Karl Forstner übte damals Kritik: „Praktische Ärzte, besonders im ländlichen Raum, sind schwer abkömmlich. Man sollte nachdenken, ob genau diese Leute einberufen werden müssen.“ 2021 befreite das Heer Toferer von der Teilnahme an einer Übung. Denn: Neben der Allgemeinmedizin für die Großarler und Hüttschlager verantwortet er auch die Betreuung des Altersheims mit 46 Betten. Nicht zuletzt ist der gelernte Anästhesist und Notarzt auch bei Notfällen der erste Ansprechpartner im Tal. Der Rettungswagen aus St. Johann hat einen langen Weg.

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Im Notfall helfe ich natürlich und behandle auch gerne die Patienten von Dr. Toferer in seiner Abwesenheit. Ich bin allerdings Wahlarzt und habe nur Verträge mit zwei kleinen Krankenkassen.

Dr. Matvei Bredikhin ist der zweite Hausarzt im Tal

Gut verstehen kann Toferers Problem Manuel Hackl. Der Allgemeinmediziner aus Unken ist in der Ärztekammer für die niedergelassenen Ärzte zuständig. „Am Land ist es häufig schwierig, eine Vertretung zu finden“, weiß Hackl aus erster Hand. Das liege laut ihm an der regen Visitentätigkeit, der hohen Belastung und dem generellen Ärztemangel. Auch Hackl musste wegen Milizübungen schon seine Ordination schließen. Denn: Ein Vertreter ist nicht nur schwer zu bekommen, sondern mit dem Kostenersatz des Bundesheeres schlicht auch nicht zu bezahlen. „Man hat das Gefühl, seine Patienten im Stich zu lassen, wenn man die Ordination zusperrt“, erzählt Hackl.

Großarltal bangt schon lange um Versorgung
Dass das Thema gerade in Großarl und Hüttschlag aktuell emotional diskutiert wird, ist kein Zufall. Vor einigen Jahren gab es noch drei Kassenärzte fürs Großarltal, heute ist es einer. Im Jahr 2014 pilgerte sogar eine Delegation zur Ärztekammer nach Wien, um Nachfolger für die damaligen Ärzte zu finden. Dieses Vorhaben war nicht von Erfolg gekrönt. Entsprechend groß war die Erleichterung, als Toferer eine der Ordinationen übernahm.

Lichtblick für das Tal: Am 1. Juli will eine einheimische Ärztin eine neue Ordination in Hüttschlag eröffnen.

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