Arbeitsmarkt-Comeback

Generation im Unruhestand: „Die Alten richten es“

Österreich
08.01.2023 06:00

Tausende Pensionisten verdienen sich neben dem Ruhestand noch ein paar Euro hinzu, oftmals freiwillig. Vater Staat kassiert aber auch bei den sehr tüchtigen Senior-Arbeitskräften fleißig ab, doch es regt sich Widerstand.

Egal, ob öffentliche Hand oder Privatwirtschaft, die Suche nach fähigem und willigem Personal wird hierzulande immer schwieriger. Vor allem fitte Jungpensionisten geraten deshalb verstärkt in den Fokus der Personalabteilungen, und das Interesse ist oftmals auf beiden Seiten groß. In Zeiten von Teuerung & Co. ist ja immerhin ein etwaiges Comeback auf dem Arbeitsmarkt auch oft eine Win-win-Situation. So eben auch für vier Protagonisten aus der Generation Unruhestand: Gertraud Baumann, Sepp Köhl (65), Harald Hofbauer (67) und Erich Novotni (66) zeigen vor, wie Arbeit auch im Alter erfüllend sein kann.

„Bewegung schadet nicht, das tut mir gut“
Köhl verdient sich beispielsweise sein Zubrot zur Pension bei der Bäckerei Sailer in Mauerkirchen (OÖ). Er war 34 Jahre lang Schichtarbeiter und steht auch jetzt um 4 Uhr in der Früh auf, fährt zu Spitälern, Altersheimen sowie Supermärkten und liefert Brot, Semmeln und Weckerl aus: „Bewegung schadet nicht. Das tut mir gut, und die Leute freuen sich über das frische Gebäck. Schlimm ist nur, dass das Geld für zwei Monate Arbeit an die Finanz geht“, meint Köhl. Hofbauer, Ziviltechniker in Wien, und Hausmeister Novotni aus Niederösterreich sehen die Sache nicht viel anders, geben aber auch zu, dass man trotz Gehaltseinbußen nur ungern aufhören würde. „Es sollen aber bitte nur die fitten Senioren arbeiten gehen müssen. Es hat schon einen Sinn, warum es den Ruhestand gibt“, so Hofbauer. Fit genug fühlt sich übrigens auch Gertraud Baumann, die rüstige Pflegerin im Senioren-Wohnhaus Nonntal in Salzburg: „Vor fünf Jahren bin ich in Pension gegangen. Dann hat sich der Magistrat bei mir gemeldet, weil sie zu wenig Leute hatten. Da bin ich sofort eingesprungen. Jetzt arbeite ich fünf Tage im Monat. Das war sicher meine beste Entscheidung.“

Fakten

88.000 Pensionisten verdienen sich auch im wohlverdienten Ruhestand noch ein „Taschengeld“ dazu und sind in zahlreichen Betrieben des Landes wertvolle Stützen. Der Staat kassiert trotzdem ab.

Seniorenbund: „Fähigkeiten nicht ausreichend wertgeschätzt“
Weil aber - bei aller Liebe zur Bewegung und der frischen Luft - natürlich auch das Geld im Börserl zählt, setzen sich nun die Seniorenvertreter im Land für eine stärkere Attraktivierung des „Nebenerwerbs“ aus. ÖVP-Politikerin Ingrid Korosec zeigt sich kämpferisch: „Die Älteren stehen zwar als Experten bereit, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten werden aber nicht ausreichend genutzt und wertgeschätzt. Von 1000 Euro Zuverdienst bleiben nach Steuern nur rund 400 Euro übrig. Die Pension hingegen wird nur um ein paar Euro im Monat aufgewertet. Für die Betroffenen ist das ein schlechter Tausch“, bekrittelt Seniorenchefin Korosec.

Vor allem die Abschaffung der hanebüchenen Pensionsbeiträge für arbeitende Senioren soll im ersten Schritt umgesetzt werden. Dafür gibt es bereits große Zustimmung von allen Seiten. Ein weiterer Schritt, um den großen Pensionsschock im Land nachhaltig zu unterbinden.

Ingrid Korosec erklärt im „Krone“-Interview, warum die Abschaffung der Pensionsbeiträge für Senioren eine Win-win-Situation ist.

„Krone“:Wer will in der Pension überhaupt arbeiten?
Ingrid Korosec: 2021 waren 88.000 Pensionisten erwerbstätig. Ob als Zuverdienst zur niedrigen Pension oder aus Freude, Wissen weiterzugeben, Gesellschaft und Wirtschaft profitieren gleichermaßen. Einem akuten Fachkräftemangel steht ein Expertenpool arbeitswilliger Pensionisten gegenüber. Wir müssen Anreize schaffen, damit sich arbeiten in der Pension auch weiterhin lohnt.

Warum wäre die Abschaffung der Pensionsbeiträge ein so großer Anreiz?
Bis zu 22,8 Prozent Pensionsbeiträge für Arbeit in der Pension schrecken viele ab. Verständlich, denn sie schmälern den Zuverdienst deutlich. Die Abschaffung bringt Pensionisten rund ein Viertel mehr vom Zuverdienst, der Wirtschaft Fachkräfte und dem Staat Steuereinnahmen. Also eine Win-win-Situation. Für meine Forderung habe ich von Finanzminister Magnus Brunner abwärts breite Unterstützung in Politik und Wirtschaft.

Ist das fair?
Ja, es ist fair für alle. Hier werden nicht Pensionisten bevorzugt, sondern eine Benachteiligung aufgehoben. Pensionierte Fachkräfte werden vor allem für Stellen gebraucht, für die es keine erfahrenen Arbeitskräfte gibt. Der Vorwurf, Jungen die Arbeitsplätze wegzunehmen, geht also an der Realität vorbei. Im Gegenteil, Ältere können ihr Wissen an die Jugend weitergeben: Der ehemalige Abteilungsleiter in Teilzeit unterstützt seine Nachfolge, oder die pensionierte Pflegerin hilft Kolleginnen für mehrere Tage im Monat aus.

Kann das wirklich so einfach funktionieren?
Das große Zauberwort lautet sicher Flexibilität - sowohl am Arbeitsmarkt als auch in der Pension.

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