Putins Kriegsrausch, Inflation und unsichere Energieversorgung: Bundespräsident findet bei Festspiel-Eröffnung nicht nur angenehme Worte - und erntet dafür Riesenapplaus.
Es war durchaus eine denkwürdige Rede, mit der Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Mittwochvormittag die Bregenzer Festspiele eröffnete. Zwar „sind wir froh, hier sein zu dürfen und Kunst zu genießen“, doch dürfe man sich jetzt nichts vormachen. Die Grundelemente unseres Lebens würden derzeit angegriffen: „Friede, Versorgungssicherheit, unsere Sicherheit insgesamt.“ Van der Bellen wies auf die Energieknappheit hin, auf die Teuerung, auf Menschen, die darob bereits jetzt verzweifelt seien. Und er wies unmissverständlich auf die Quelle all dieser neuen Unsicherheiten hin: Vladimir Putin nannte er einen „Diktator, der es nicht ertragen kann, dass Menschen in Europa in Freiheit leben wollen.“ Deshalb lasse dieser Bomben auf Städte und Dörfer werfen.
„Sind nicht Putins Vasallen“
Van der Bellen machte die Festspielgemeinde nicht nur darauf aufmerksam, dass während dieser Eröffnungszeremonie gerade Menschen in ukrainischen Bunkern ausharren müssten, sondern wandte sich auch den österreichischen Realitäten zu. Das Land könnte in ein „massives Energieproblem“ laufen, Putin würde den Gashahn auch ganz abdrehen, wann immer es ihm gefalle. Es sei unerträglich, so der Bundespräsident, sich zum unterwürfigen Verbündeten eines Diktators zu machen. „Wir sind nicht Putins Vasallen“. Regierungen in ganz Europa hätten in der Vergangenheit Fehler gemacht, auch er selbst hätte sich getäuscht und Putin anders eingeschätzt, gab er zu.
Van der Bellen, der das Publikum vor Beginn seiner Rede vorgewarnt hatte, sprach eine deutliche Sprache. Die Energie-Knappheit sowie die Inflation seien von Putin bewusst herbeigeführte Kriegsakte, die gesteigerte Armutsgefahr eine direkte Folge davon. „Nichts ist mehr wie früher, der Friede ist nicht mehr selbstverständlich“. Erst, wenn wir diese Tatsachen wirklich zur Kenntnis nehmen würden, könnten wir diese neue Zeiten auch in gute wandeln.
Ausbau der erneuerbaren Energie
Das allerdings könne nur vereint funktionieren. „Wir dürfen uns nicht gegeneinander aufhetzen lassen.“ Sowohl die Coronapandemie als auch Inflation und Energieknappheit würden sich dazu besonders gut eignen. „Wir sind alle gefordert“, mahnte er Solidarität ein. Vor allem jene, die durch die neuen Unsicherheiten nicht ganz so stark leiden müssten, seien gefordert, nun einen Betrag zu leisten. Natürlich finde er es nicht gut, wenn Wärmekraftwerke mit fossilen Energieträgern weitergeführt würden. Im Moment sei es aber angesichts der Krise eben das Beste - in Verbindung mit dem raschen Ausbau der Erneuerbaren Energie.
Zweierlei Zwischenapplaus
Zweierlei Zwischenapplaus gab es dann, als sich Van der Bellen zu seiner Rolle als Bundespräsident äußerte. Immer wieder würde er aufgefordert werden, sich stärker einzumischen. Viele würden sogar Neuwahlen fordern - erster Zwischenapplaus einer Einzelperson. Er wolle sich allerdings für größtmögliche Stabilität einsetzen und eine monatelange Manövrierunfähigkeit Österreich unbedingt vermeiden - dafür gab es dann enthusiastischen Zwischenapplaus. Auch der Schlussapplaus fiel für Festspieleröffnungen ungewohnt lange aus.
Metzler und Mayer bezogen sich auch auf den Krieg
Die anderen Redner machten den Krieg in der Ukraine ebenfalls zum Thema, allerdings weit zurückhaltender. So sprach Festspiel-Präsident Hans-Peter Metzler davon, dass unser Leben aus dem gewohnt bequemen Zusammenhang gerissen worden sei. „Nicht weit von unseren Grenzen tobt ein grausamer Vernichtungskrieg - Menschen verlieren ihr Leben, ihre Freiheit, ihre Existenz.“ Weiters betonte Metzler die Aufgabe des Staates, Kunst und Kultur zu fördern - er sprach sich gegen privates Mäzenatentum aus. Zudem zog sich das Thema Demokratie wie ein roter Faden durch seine Rede. An die Kraft eines vereinten Europas erinnerte wie auch Van der Bellen schon Staatssekretärin Andrea Mayer. Zwar würde die Welt nie wieder so sein wie sie war. Doch müsse das nicht nur Angst machen. Antwort auf die Krisen sah sie in der Europäischen Union.
Kindisches gab´s zwischendurch
Angesichts der schweren Themen, die die Eröffnung bestimmten, wirkte die kindisch anmutende, bemüht humorige Zwischenmoderation von Nikolaus Habjan mit einer Handpuppe heuer recht deplatziert. Und wie an dieser Stelle gewohnt, sei den Bregenzer Festspielen wieder das Engagement einer Festrednerin, eines Festredners ans Herz gelegt. Nicht jedes Jahr wird ein Alexander van der Bellen die Sache rhetorisch retten.
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