Hohe Tauern

Forschung in den Bergen: Leben an Existenzgrenzen

Bergkrone
19.07.2022 21:06

Nicht nur Gletscher haben mit dem Klimawandel zu kämpfen. Im Nationalpark Hohe Tauern schaffen Wissenschaftler heute die Basis, um künftige Veränderungen zu dokumentieren.

Mikrobiologen, Pilzexperten, Zoologen, Botaniker und viele mehr sind sind im Nationalpark Hohe Tauern unterwegs. 158 Quadratkilometer - neun Prozent der Gesamtgröße des größten Schutzgebietes Europas - wurden kartiert. „Wir haben eine Inventur gemacht“, so Professor Christian Körner, der als Hochgebirgsforscher festgestellt hat, dass das Pflanzenwachstum die Fotosynthese steuert und nicht die Fotosynthese das Wachstum treibt, wie es seit Jahrzehnten unterrichtet wird.

Und diese Inventur war notwendig, um genau zu wissen, welche Tier- und Pflanzenarten es hier gibt. Zusätzlich wurden im Kärntner Seebachtal, den Sulzbachtälern in Salzburg sowie im Osttiroler Innergschlöss Testflächen für ein Langzeit-Beobachtungsprogramm eingerichtet. „Diese sind etwa acht Mal drei Meter groß, aber in diesen Arealen kennen wir jeden einzelnen Zentimeter. Wir wissen welche Pflanzen, Bakterien, Pilze und Tiere hier auf und unter der Erde leben, wie produktiv diese sind und wie der Boden chemisch und physikalisch aufgebaut ist. Wir haben auch Kameras aufgestellt, um zu erfahren, ob die Flächen von Adlern besucht wurden oder Gämsen und Steinböcke das Gras geäst haben“, sagt der wissenschaftliche Mastermind hinter diesem Projekt, den die „Bergkrone“ ins Innergeschlöss hinauf zu einer Projektfläche im Gletschervorfeld des heuer bereits schneefreien Schlatenkees begleiten durfte.

Zitat Icon

Der Nationalpark Hohe Tauern ist das älteste und größte Schutzgebiet Österreichs und ist bekannt für seine Vielfalt.

Florian Jurgeit, Nationalpark Hohe Tauern

Als geeignete Testflächen haben die Experten übrigens kleine Schneetälchen gewählt, das sind spezielle Biotope im Hochgebirge, deren Kern lange vom Schnee bedeckt ist und wo es auf kleinstem Raum sehr viele unterschiedliche artspezifische Existenzgrenzen auftreten.

„Aktuell sind wir im sechsten Sommer und wissen bereits, dass das Leben in diesen Lebensräumen abhängig von schneereichen oder schneearmen Wintern sowie heißen oder kühleren Sommern sehr stark variiert. Wir werden sicher noch vier weitere Jahre benötigen, um sagen zu können, im Mittel gilt dieser Zustand“, so Körner, der mit seinen Kollegen damit die Basis für künftige wissenschaftliche Untersuchungen legt: „In 30 oder 100 Jahren kann man dann wieder auf diese Flächen gehen und das Gleiche, was wir jetzt machen, wiederholen, um dann festzustellen, wie sich die Klimaerwärmung auf das Hochgebirge ausgewirkt hat.“

Der Aufwand ist sehr groß. Körner: „Ein Wetterfrosch erhält jährlich seine Daten aus automatischen Wetterstationen und spricht nach 30 Jahren vom Klima. Wir müssen jedoch oft stundenlang in unwegsamen Gelände zu unseren Testflächen aufsteigen. Ich weiß nicht, wie lange das machbar ist. Noch treibe ich meine Kollegen hoch“, schmunzelt der 73-Jährige.

Fakten

1856 Quadratkilometer groß ist der Nationalpark Hohe Tauern, in dem sich sogar mehr als 300 Dreitausender sowie 332 Gletscher mit einer Gesamtfläche von 126 km² finden.

Tage der Artenvielfalt

Ende Juli veranstaltet der Nationalpark Hohe Tauern heuer im Kärntner Maltatal die Tage der Artenvielfalt statt. Körner: „Mit diesen, bei denen unterschiedlichste Experten im gesamten Untersuchungsgebiet unterwegs sind, zeigt man, welche außergewöhnliche Artenvielfalt das größte Schutzgebiet Europas zu bieten hat.“

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele