Live in der Stadthalle

The Killers: Hits konstant auf Höchsttemperatur

Wien
13.07.2022 07:30

Zur Live-Rückkehr der Killers nach zehn Jahren Österreich-Abwesenheit fanden sich Dienstagabend rund 10.000 Fans in der Wiener Stadthalle ein. Brandon Flowers und Co. lieferten ein Hit-Feuerwerk der Sonderklasse ab und brachten die Massen zum Grölen. Nur an den notwendigen ruhigen Momenten fehlte es. Frontmann Flowers gab uns kurz vor dem Gig auch eine kurze Interview-Audienz.

Manchmal, da finden die kosmischen Kräfte zusammen und es entstehen perfekte Alben, die von vorne bis hinten großartig klingen und auch nach vielen Jahren keine eklatanten Schwachstellen aufweisen. Dazu zählen unter anderem „Appetite For Destruction“ von Guns N‘ Roses, die „IV“ von Led Zeppelin oder das Black-Metal-Meisterwerk „A Blaze In The Northern Sky“ der Norweger Darkthrone. In diese Riege fällt zweifellos auch das Killers-Debüt „Hot Fuss“, mit dem das Las-Vegas-Kollektiv 2004 quasi aus dem Nichts von einer gemütlichen Indie-Rock-Band zu Alternative-Weltstars wurde und noch heute davon zehren. Die österreichischen Fans mussten gar zehn lange Jahre auf eine Wiederkehr ihrer Lieblinge warten.

Eselsbrücken
Die Erinnerungen vom Frequency 2012 sind doch schon ziemlich verblasst, nicht aber bei Flowers selbst, wie er kurz vor dem Auftritt im „Krone“-Talk beweist. „Ich wurde damals von Erik Weiss fotografiert und wir haben in der Band oft ,Vienna‘ von Ultravox gehört“, lacht er, „wir Amerikaner haben es nicht so mit der Geografie in Europa und tun uns schon schwer, unsere eigenen Bundesstaaten aufzuzählen. Aber man hat so kleine Eselsbrücken. Für Österreich ist es eben Ultravox.“ „The Sound Of Music“, Falco und Mozart sind dem einstigen Klavierschüler natürlich auch ein Begriff, am Abend vor dem Auftritt vor rund 10.000 Fans in der Stadthalle spazierte er gemütlich am Heeresgeschichtlichen Museum und dem Arsenal vorbei.

Die bisherige Tour quer über den europäischen Kontinent war ein reiner Triumphzug. Das liegt nicht nur, aber doch vorwiegend an den Superhits des ungeschlagenen Debütwerks. Mit „Jenny Was A Friend Of Mine“ und „Smile Like You Mean It“ verwenden die Killers zwei der Klassiker auch recht früh in Wien, vor dem ersten Konfettiregen hat man noch nicht einmal genau gesehen, wer da überhaupt auf der Bühne ist. Bassist Mark Stoermer etwa nicht, der wird vom waldschratigen Jake Blanton ersetzt. Dafür ist Gitarrist und Showman Dave Keuning wieder mit an Bord. Beide haben sich in den letzten Jahren zu einer On-/Off-Beziehung mit Flowers hinreißen lassen, die Wogen scheinen noch nicht ganz geglättet. Auch wenn der Sänger das im Gespräch anders sieht. „Mit der ersten großen Tour durch Großbritannien wurden wieder zu einer richtigen Band. Nach ein paar Konzerten waren wir voll da.“

Eigenwilliger Humor
Am Auftritt gibt es wenig zu bemängeln. Die 10.000 Fans machen vom ersten Ton an den doppelten Lärm und entlocken Flowers in seiner anfänglichen Euphorie so manch interessantes Statement. „Vienna, wir sind noch am Leben! Heute gibt es keine Isolation, denn das ist ein Superspreader-Event. Wir verbreiten Frieden, Liebe und Rock’n’Roll.“ Humor und Stimmung passen schon mal, an der Musik gibt’s auch nichts zu bemängeln. Die Killers haben eben keine Filler, ein knapp zweistündiges Set füllt das mit drei Backgroundsängerinnen und zwei zusätzlichen Musikern verstärkte Quartett mühelos mit Krachern. Besonders gelungen sind aber nicht totgespielte Durchschnittsheuler wie „Human“, sondern die Preziosen aus der zweiten Reihe. Etwa ein mit viel 80s-Dancepop verstärktes „Shot At The Night“, das gelungene Joy-Division-Cover „Shadowplay“ oder das mit Sänger und Gitarrist Alex Moore gemeinsam gespielte „How Beautiful Life Can Be“ aus dem spannenden Katalog der Vorband The Lathums.

Flowers gibt im schick-grauen Sakko ganz den Bühnenchef und ist mit seinen einstudierten Bewegungen oft nahe am Talkshowmaster, doch immer dann, wenn die Präsenz des 41-Jährigen etwas zu sehr ausufert, gibt es einen instrumentalen Ausschlag der Kollegen und die Dinge sind wieder in die richtige Relation gesetzt. Dass es neben den knalligen Hits viel zu oft an ruhigen Momenten fehlt, ist der einzig markante Nachteil des Abends. Mit „Runaway Horses“ des genialen letzten Albums „Pressure Machine“ gibt es nur einen Country-esken Song mit der nötigen Sanftheit. Gerade das sehr persönliche Werk über Flowers‘ Kindheit und Jugend in Utah hätte weit mehr Raum verdient. „Vielleicht spielen wir einmal eine Tour in Scheunen, Theater und edlen Konzerthäusern“, so der Sänger, „aber in das Set voller Hits kann man nicht zu viele der Songs reinmischen.“

Finales Crescendo
Welch begnadete Hitschreiber die Westküstenamerikaner sind, beweisen sie in Wien mit Bravour. Dem krachigen „Somebody Told Me“ folgt ein intensiv-rhythmisches „Fire In Bone“. „Runaways“ und „Read My Mind“ entwickeln sich durch einen fast nahtlosen Übergang zu einem amerikanischen Großstück in bester Springsteen-Manier und bei „For Reasons Unknown“ darf ein (natürlich zuvor ausgewählter) junger Fan gekonnt die Drumsticks schwingen. Wenn Flowers mal nicht posiert oder singt, wischt er mitten in der Show mit dem Handtuch auf dem Bühnenboden herum. Einen gewissen Skurrilitätsfaktor kann der Sänger ohnehin nicht abstreiten. Für das finale Crescendo, das sich erwartungsgemäß in „All These Things That I’ve Done“ und dem Jahrhundertsong „Mr. Brightside“ mündet, werden auf und vor der Bühne noch einmal die allerletzten Kräfte gebündelt.

Die heilige Pop-Messe geht mit einem Knall zu Ende und hinterlässt die Verbliebenen müde, aber glücklich. Manche haben nach der doppelten Corona-Verschiebung gar nicht mehr an das Konzert geglaubt, andere wohl schlichtweg darauf vergessen oder waren anderweitig terminisiert. Dass die Killers ihren Europa-Ausflug als „Imploding The Mirage“-Tour benennen, dann aber ein Drittel des Sets doch mit den Kultsongs des Debütalbums füllen, sagt so einiges aus. Eine kreisrunde Vorstellung, die irgendwo zwischen wohliger Indie-Nostalgie und relevanter Gegenwart mäandert, gelingt den Amerikanern aber trotz allem mühelos. Nicht viele Bands schaffen es, das Publikum über eine ganze Konzertlänge ohne markante Schwächen konstant auf Hochtemperatur zu halten. Und neue Musik gibt’s in Kürze. „Ich kann sicher sagen, dass es 2023 ein neues Album gibt“, so Flowers im „Krone“-Gespräch, „eher früher als später“. Amen!

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