Leere Netze

Bodenseefischer: ein Beruf ohne Perspektive

Vorarlberg
22.05.2022 18:00

Die Netze der Bodensee-Berufsfischer bleiben immer öfters leer. Im Vorjahr war der Fangertrag nicht einmal halb so hoch wie im Schnitt der zehn Jahre zuvor. „Schuldige“ gibt es gleich mehrere.

Seit Jahren werden immer weniger Bodenseefische gefangen, einstige „Brotfische“ wie Felchen oder Egli sind längst zu Luxusgütern verkommen. Am Samstag hat der Internationale Bodensee-Fischereiverband (IBF) in Friedrichshafen seine Jahreshauptversammlung abgehalten, der Status quo fiel ausgesprochen ernüchternd aus: Demnach sind im Vorjahr nicht einmal halb so viele Fische gefangen worden wie im Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Besonders dramatisch war der Rückgang bei den Blaufelchen, welche noch vor 30 Jahren in riesigen Schwärmen durch den See zogen. Eine Erholung des Felchenbestandes ist nicht in Sicht: In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres war ein weiterer Rückgang bei den Fangerträgen zu verzeichnen. „Es fährt zurzeit kaum ein Fischer zum Felchen-Fang auf den See, da es sich nicht lohnt“, hieß es seitens des Fischerverbands.

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Bis zum Jahr 2030 werden mindestens 20 weitere Fischer das Pensionsalter erreichen. Nachwuchs gibt es kaum. Denn wer möchte schon seinen Kindern guten Gewissens raten, einen Beruf ohne Perspektive zu erlernen?

Elke Dilger, Sprecherin der Bodensee-Berufsfischer

Zu wenig Phosphat, zu viele Invasoren
Und jene wenigen Felchen, die ins Netz gehen, sind oft zu mager, um sie zu verwerten. Den Fischen fehlt es schlicht an Nahrung, um zu wachsen und sich zu vermehren. Das liegt zum einen am niedrigen Phosphatgehalt des Bodensees, zum anderen aber auch an invasiven Arten wir dem Stichling und der Quagga-Muschel: Ersterer frisst anderen Fischen das knappe Zooplankton weg, letztere entzieht dem ohnehin schon fast klinisch sauberen Wasser zusätzliche Nährstoffe.

Und dann wäre da noch der größte Kontrahent der Berufsfischer, nämlich der Kormoran: Einst überaus selten, leben dank intensiver Schutzmaßnahmen mittlerweile rund 900 Brutpaare am Bodensee, im Wechsel der Jahreszeiten schwankt der Bestand zwischen 4000 und 1500 Exemplaren. Diese, so behauptet zumindest der IBF, würden mehr Fische fangen als alle Fischer zusammen. Die Forderung nach einer Bestandsregulierung mittels gezielter Abschüsse steht seit 20 Jahren im Raum, erhört wurde er bislang allerdings nicht - und das aus durchaus guten Gründen, schließlich hat der Mensch das ökologische Gleichgewicht aus der Balance gebracht und nicht der Kormoran.

Die Berufsfischer fühlen sich jedenfalls im Stich gelassen. „Wenn es so weitergeht, wird sich der Trend, dass immer mehr Fischer ihren Beruf aufgeben, fortsetzen“, zeichnet IBF-Sprecherin Elke Dilger ein sehr düsteres Zukunftsbild. Derzeit haben 63 Fischer am Bodensee ein Hochseepatent - in den 80iger-Jahren waren es noch 180.

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