Es ist eine der kleineren Städte der Ukraine - sie liegt ganz im Westen in Transkarpatien: Uschhorod. Ein Zufluchtsort für Vertriebene aus dem ganzen Land. Bis jetzt ist sie von Anschlägen verschont geblieben. krone.tv über ein bisschen Frieden mitten im Krieg.
Menschenschlangen bei Essensausgaben, Plakate des Militärs, gehisste Nationalflaggen. Und Soldaten, die Feierabend machen. Auf den Raketenalarm reagiert hier keiner mehr. Frauen, Kinder und Familien in der Überzahl - das sind die einzigen Anzeichen für einen Krieg. Seit der russischen Invasion hat sich die Anzahl der Bewohner fast verdoppelt. Die Wohnungspreise steigen genauso wie die Not der Menschen, die hierher flüchten.
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
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Vor einer Kleidersammelstelle treffen wir Wyschnyzja mit ihrem Hund „Khara“. Sie wartet auf ihre Tochter - sie spielt mit anderen Kindern in einem aufgebauten Zelt. Wyschnyzja ist mit ihr aus Charkiw geflohen. „Wir sind seit vielleicht drei Wochen hier. Gleich am ersten oder zweiten Tag der Okkupation sind wir geflohen … Wir hatten keinen Strom, wir hatten keine Heizung und wir hatten kein Wasser. Sobald der Strom weg ist, funktioniert einfach nichts mehr.“
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
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Geheime Abfahrtszeiten am Bahnhof Der Bahnhof von Uschhorod. Hier kommen Vertriebene aus dem ganzen Land an. Von hier aus reisen sie in alle Richtungen Europas. Wann aber Züge hier abfahren, das verschweigen die Behörden aus Sicherheitsgründen - selbst den Reisenden. Zu groß ist die Angst, Ziel eines Angriffs zu werden. Polizei und Soldaten patrouillieren im Hintergrund und geben Anweisungen, was gefilmt werden darf und was nicht.
Im Inneren des Bahnhofs ist die Initiative „Starkes Uschhorod“ Anlaufstelle für alle. Hier gibt es Transporte, Informationen und Verpflegung. Mariya und Julia sind zwei von vielen Freiwilligen. Mariya über das Engagement: „Ich möchte sagen, dass die ersten Fluchtwellen sehr intensiv waren. Wir waren auch an der Grenze. Eine große Anzahl an Menschen, die wir dort gesehen haben, wollten ins Ausland gehen. Auch Julia neben mir ist hierher geflohen, hat aber das Land doch nicht verlassen, weil sie helfen wollte.“ Mariya blickt zu Julia, die leicht in Tränen ausbricht. Sie umarmen einander.
Viele weigern sich zu flüchten Julia ist aus Dnipro geflohen. „Ich bin gleich am zweiten Tag nach Ausbruchs des Krieges nach Uschhorod geflohen. Hier habe ich mich gleich wohlgefühlt - es hat gutgetan, als ich den Menschen hier vor Ort helfen konnte. Jetzt bin ich voll und ganz hier. Natürlich hätte ich die Möglichkeit, ins Ausland zu fahren. Aber ich möchte für die Menschen da sein und bleiben.“
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
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Livemusik neben Essensschlangen Direkt am Usch - dem namensgebenden Fluss, an dem die Stadt liegt -, wird das surreale Klima sichtbar. Auf der einen Seite des Flusses Livemusik und Lokale, auf der anderen stehen Menschen für Essen an. „Delfin“ ist ein ehemaliges Restaurant, das zur Essensausgabe für Bedürftige und Vertriebene umfunktioniert wurde. 5000 Mahlzeiten werden hier täglich ausgegeben. Petro engagiert sich hier. Früher hat er Wohnungen im heutigen Kriegsgebiet renoviert. Nun ist er mit seiner Tochter in Sicherheit: „Ich bin nicht alleine. Ich bin mit meiner Tochter hier und muss sie alleine erziehen. Deswegen kann ich nicht beim Militär mitkämpfen und darf hier als Volontär arbeiten.“ Wie erklärt er seiner Tochter ihre Situation? „Kinder haben keine Ahnung von Politik, von all den anderen Sachen, die passieren. Sie nehmen den Krieg so wahr, wie er ist. Es ist halt, wie es ist.“
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
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Kinder servieren Vertriebenen Essen Viktor Kachur ist Stadtabgeoordneter und kümmert sich um die Koordination der angekommenen Flüchtlinge. „Ein Großteil der Freiwilligen waren zunächst die Bewohner von Uschhorod. Logistik, Organisation und der Ablauf des Tages wird den Hilfesuchenden mittlerweile von den Einheimischen zugeordnet. Hier arbeiten nicht nur wir an der Versorgung, sondern es entsteht eine Symbiose unter anderem mit der Caritas, die uns unterstützt. Aber die Hauptorganisation macht schon die Stadt und deren Menschen.“ Man sieht, wie Kinder den Vertriebenen Essen servieren. Kachur dazu: „Kinder haben viel Energie und sie brauchen etwas zu tun. Sie müssen einer Aktivität nachgehen. Beim Bedienen ist das hilfreich und es macht ihnen ja einen Spaß. Außerdem ist es ja so, dass Kinder immer etwas älter sein möchten - und die Älteren wollen immer jünger sein.“
Aus Turnhallen in Schulen wurden große Schlafzimmer Die Stadt ist gut versorgt mit Hilfsangeboten. Der Corona-bedingte Heimunterricht wird weitergeführt, um in den Schulen Schlafplätze zu schaffen. Kinder vertreiben sich die Zeit, im Hintergrund läuft der Fernseher mit Nachrichten über den Krieg. Oxana ist Schuldirektorin, jetzt auch freiwillige Helferin: „Seit dem 24. Februar bin ich mit meinen Kolleginnen als Volontärin im Einsatz. Was Unterbringung oder Wohn- und Schlafmöglichkeiten betrifft, so haben wir hier 180 Betten zur Verfügung. Fast alle sind jetzt schon voll. Wir haben Duschen und Waschmaschinen, wo Menschen ihre Sachen waschen können.“
So gut wie keine Männer auf der Straße 40 Kilometer südöstlich von Uschhorod liegt Mukachevo. Nur 200 Kilometer weiter befindet das westlichste Angriffsziel neben Lemberg, ein Militärstützpunkt in Iwano-Frankiwsk. Auch hier spielen sich Szenen des Krieges mitten im Alltag ab. So gut wie keine Männer auf den Straßen. In einem Innenhof abseits der Hauptstraße ist ein weiteres Flüchtlingszentrum entstanden. In Kooperation mit der Caritas gibt es warme Mahlzeiten, Kleiderspenden und viele Schlafplätze. Der Andrang ist groß - geduldig stehen die Menschen mit ihren Dokumenten Schlange, um das Hilfsangebot nutzen zu können. Die Kleidung wird nach Größe sortiert. Hier können sich Vertriebene neue Outfits zusammenstellen.
(Bild: Alexander Bischofberger-Mahr)
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Die Hilfe für die Menschen und ihre Geduld ist allgegenwärtig. Die Hoffnung auf Frieden genauso.
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